Die Homepage des Sachverständigen

Die Gestaltung der Homepage eines medizinischen Sachverständigen rechtfertigt Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit, die von ihm im gerichtlichen Verfahren unter Beteiligung von Klinikbetreibern zu fordern sind, wenn in dem Internet-Auftritt ausdrücklich und mehrfach seine Patientennähe hervorgehoben und eine kritische Distanz zu den Klinikbetreibern dokumentiert wird.

Die Homepage des Sachverständigen

So das Oberlandesgericht Koblenz in dem hier vorliegenden Fall eines Sachverständigen, der in einem Schadensersatzprozess einer Patientin gegen eine Mainzer Klinik, deren Geschäftsführer, die behandelnde Anästhesistin und eine Medizinstudentin ein mündliches Gutachten erstattete. Drei Beklagte lehnten ihn im Anschluss wegen der Besorgnis der Befangenheit u.a. mit der Begründung ab, der Sachverständige sei auf seiner Homepage in pauschalisierender Weise gegen die Behandlerseite eingestellt und damit als gerichtlich eingesetzter Gutachter nicht unvoreingenommen. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen, daraufhin erfolgten die sofortigen Beschwerden vor dem Oberlandesgericht Koblenz.

Nach Auffassug des Oberlandesgerichts Koblenz rechtfertige die Gestaltung der Homepage des Sachverständigen Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit, die von ihm im gerichtlichen Verfahren zu fordern sind. Er hebe in dem Internet-Auftritt ausdrücklich und mehrfach seine Patientennähe hervor. Es gehe ihm erkennbar und grundsätzlich darum, eine kritische Distanz zu den Klinikbetreibern zu dokumentieren, denen er pauschal organisatorische Mängel, Behandlungsfehler und Gewinnstreben unterstelle. Die Homepage sei geprägt von seiner veröffentlichten Meinung, infolge einer zu missbilligenden, am Gewinnstreben orientierten schlechten Organisation der Patientenversorgung in Krankenhäusern und Arztpraxen komme es zu Patientenschädigungen. Die Überschrift „Patientensicherheit vs. Sparen“ präsentiere er dabei als „Grundidee“. Auf nahezu allen Seiten der Internetpräsenz fänden sich Darstellungen dieser Problematik, ausschließlich mit der Maßgabe, der Fehler liege auf Behandlungsseite. Die Beklagten hätten daher berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit des Gutachters.

Dabei hat das Oberlandesgericht klarstellend betont, die Darstellungen des Sachverständigen im Rahmen seines Internetauftritts seien nicht grundsätzlich zu missbilligen, vielmehr sei das zum Ausdruck kommende Streben nach Patientensicherheit anerkennenswert. Hiervon grundsätzlich zu unterscheiden sei jedoch der Umstand, dass der Sachverständige infolge seiner bewussten und veröffentlichten Hinwendung ausschließlich zu Patienteninteressen und der Schaffung einer erkennbaren Distanz zu den Klinikbetreibern aus deren Sicht als Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr als unvoreingenommen anzusehen ist.

Ergänzend hat das Oberlandesgericht Koblenz ausgeführt, dass der Sachverständigen bei der Erstattung seines Gutachtens vor dem Landgericht die Grenzen seines Gutachtenauftrags überschritten und zu Themen Stellung genommen hat, zu denen er nicht beauftragt war.

Im Anschluss an den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz wird nun das Landgericht über die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu entscheiden haben.

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 24. Januar 2013 – 4 W 645/12