Das Gericht kann im Rahmen einer Räumungsklage nach Eigenbedarfskündigung eine Fortsetzung des (zeitlich begrenzte) Mietverhältnisses anordnen, wenn sich der Mieter darauf beruft, dass in Berlin Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen fehlt.

Mit dieser Begründung hat jetzt das Landgericht Berlin II einer Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts Mitte teilweise stattgegeben. Das Amtsgericht Mitte hatte eine von der Vermieterin erhobene Räumungsklage mit der Begründung abgewiesen, die von der Vermieterin ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sei formunwirksam1. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Vermieterin hat die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin II nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Eigenbedarfskündigung – anders als zuvor das Amtsgericht – zwar für wirksam erachtet, jedoch zugleich die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren angeordnet:
Die angeordnete Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren begründet die Zivilkammer 67 damit, dass es den beklagten Mietern in dem vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sei, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen.
Demzufolge können Mieter unter Berufung auf die sog. Sozialklausel (§§ 574 Abs. 1 und 2 BGB) nach Abwägung mit den Vermieterinteressen unter gewissen Voraussetzungen die Fortsetzung ihres Mietverhältnisses verlangen, auch wenn die zuvor ausgesprochene Kündigung wirksam ist.
In dem vom Landgericht Berlin II entschiedenen Verfahren hat das Gericht zur Begründung des auf die Sozialklausel gestützten Fortsetzungsanspruchs darauf abgestellt, dass sich die Mieter nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung über einen Zeitraum von fast zwei Jahren auf eine Vielzahl von Wohnungen im gesamten Berliner Stadtgebiet beworben haben, jedoch aufgrund der angespannten Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt sowie des nur noch geringen Angebotes freier Wohnungen mit ihren Bewerbungen keinen Erfolg hatten.
Zudem hat das Landgericht Berlin II bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass auch über das sog. Geschützte Marktsegment (GMS) in absehbarer Zeit kein freier Alternativwohnraum in Berlin für die Mieter zur Verfügung stand.
Schließlich hat das Landgericht Berlin II auch den Umstand, dass das gesamte Stadtgebiet von Berlin durch eine Mietenbegrenzungsverordnung (MietBegrV Bln) als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen ist, als weiteren Beleg für die Richtigkeit des Mietervortrages gewertet und außerdem berücksichtigt, dass der von der Vermieterin geltend gemachte Eigenbedarf nicht besonders dringlich war.
Das Landgericht Berlin II hat im Rahmen ihrer Entscheidung die bisherigen Vertragsbedingungen von Amts wegen geändert und neben der Anordnung der befristeten Fortdauer des Mietverhältnisses auch die von den Mietern bisher geschuldete Nettokaltmiete auf ein marktübliches Niveau angehoben.
Landgericht Berlin II, Urteil vom 25. Januar 2024 – 67 S 264/22
- AG Mitte, Urteil vom 08.09.2022 – 117 C 257/21[↩]
Bildnachweis:
- Hausfassade Berlin-Kreuzberg: erge