Gegen die Inanspruchnahme einer Bankgarantie durch den Sicherungsnehmer kann sich der Sicherungsgeber im Wege einer Einstweiligen Verfügung wehren. Der Einwand, die Garantie werde in rechtsmissbräuchlicher Weise nach § 242 BGB in Anspruch genommen, hat die Verfügungsklägerin liquide zu beweisen. Eine bloße Glaubhaftmachung nach § 920 Abs. 2 ZPO reicht nicht aus.

Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens, mit dem sich die Verfügungsklägerin gegen eine ihrer Ansicht nach zu Unrecht erfolgte Inanspruchnahme einer Garantie durch die Verfügungsbeklagte als Garantiebegünstigte wehren will, hat die Verfügungsklägerin liquide zu beweisen, dass der von der Verfügungsbeklagten geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung der Garantiesumme offensichtlich nicht besteht bzw. bestanden hatte. Denn bei Eintritt des formellen Garantiefalles ist die garantierende Bank anders als bei einer Bürgschaft zur Zahlung der Garantiesumme verpflichtet, ohne Einwendungen aus dem Valutaverhältnis erheben zu können. Lediglich wenn offensichtlich ist, dass die Garantie in rechtsmissbräuchlicher Weise in Anspruch genommen wird, kann die Bank die Zahlung verweigern. Die Verfügungsklägerin kann daher auch allein mit dieser Begründung nach § 242 BGB von der Verfügungsbeklagten verlangen, es zu unterlassen die Bank aus der Garantie in Anspruch zu nehmen1.
Die Voraussetzungen des § 242 BGB hat die Verfügungsklägerin liquide nachzuweisen. Eine bloße Glaubhaftmachung im Sinne von § 920 Abs. 2 ZPO reicht nicht aus2.
Liquide nachzuweisen bedeutet, dass die missbräuchliche Inanspruchnahme der Garantiebank auch für das Gericht auf der Hand liegt. Wenn hingegen erst eine keineswegs zwingende Vertragsauslegung des Valutaverhältnisses dazu führt, dass der materielle Garantiefall nicht vorliegt, ist der Rechtsmissbrauch noch nicht offensichtlich3. Auch Streitfragen tatsächlicher oder rechtlicher Art, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergeben, sind nicht liquide nachgewiesen und daher unbeachtlich. Sie sind erst im späteren Rückforderungsprozess zu klären4.
Ob das Bestehen eines Gegenanspruchs überhaupt zu berücksichtigen ist, ist umstritten. Denn die Berücksichtigung von Gegenansprüchen steht dem Wesen der Garantie entgegenstehen, die den raschen Zugriff des Begünstigten auf Liquidität sichern soll5. Es ist daher umstritten, ob andere Ansprüche, insbesondere im Wege der Aufrechnung, der Garantieinanspruchnahme entgegen gehalten werden können6. Der Bundesgerichtshof lässt dies hingegen zu, wenn die Garantie nur eine Sicherungsfunktion hatte und nicht den Zweck, dass dem Begünstigten liquide Mittel zur Verfügung stehen7. Danach wären vorliegend Gegenansprüche zu berücksichtigen, wenn sie liquide bewiesen sind8.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 20. Januar 2015 – 10 U 102/14
- vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2000 – XI ZR 344/99, BGHZ 145, 286 – 297, juris Rz. 21[↩]
- vgl. Freitag in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl.2009, § 62 Rn. 91[↩]
- vgl. Schmitz/Wassermann/Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, 3. Aufl.2007, § 92 Rn. 9[↩]
- vgl. BGH a. a. O. juris Rz. 23[↩]
- vgl. Horn in Staudinger, BGB, 2013, Vorbem. zu §§ 765 – 778 Rn. 348[↩]
- verneinend beispielsweise Welter in Münchner Kommentar-HGB, ZahlungsV J Rn. 70[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.04.1985 – II ZR 180/84, BGHZ 94, 167 – 173, juris Rz. 24[↩]
- vgl. BGH a. a. O.[↩]