Fälligkeit einer Werklohnforderung und die Einwendungsfrist

Ist eine Werklohnforderung des Auftragnehmers fällig geworden, weil der Auftraggeber innerhalb einer Frist von zwei Monaten keine Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung erhoben hat, kann die Vorlage weiterer, nicht prüfbarer Schlussrechnungen an der bereits eingetretenen Fälligkeit der Werklohnforderung nichts ändern. Es findet eine Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist.

Fälligkeit einer Werklohnforderung und die Einwendungsfrist

Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) kann die Werklohnforderung des Auftragnehmers grundsätzlich nur unter der Voraussetzung fällig werden, dass dem Auftraggeber eine prüfbare Schlussrechnung vorgelegt worden ist. Eine Werklohnklage ist deshalb als derzeit unbegründet abzuweisen, wenn eine dem Auftraggeber erteilte Schlussrechnung nicht prüfbar ist1. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch unter anderem dann, wenn der Auftraggeber innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Vorlage der Schlussrechnung keine Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit erhoben hat. Dann wird die Werklohnforderung nach Treu und Glauben auch dann fällig, wenn die vorgelegte Rechnung nicht prüfbar ist. In diesem Fall kann die Werklohnklage nicht als derzeit unbegründet abgewiesen werden. Vielmehr muss das Gericht eine Sachprüfung vornehmen und entscheiden, inwieweit die Forderung besteht und die Klage deshalb begründet oder unbegründet ist2. Die Prüfung umfasst auch diejenigen Einwendungen, die gegen die Prüfbarkeit erhoben worden sind und gleichzeitig die sachliche Berechtigung in Frage stellen. Mit diesen Einwendungen ist der Auftraggeber nach Ablauf der Frist von zwei Monaten nicht ausgeschlossen3.

Ist eine Werklohnforderung des Auftragnehmers nach diesen Grundsätzen fällig geworden, kann die Vorlage weiterer Schlussrechnungen daran nichts ändern. Die Fälligkeit der Werklohnforderung kann nicht dadurch beseitigt werden, dass neue nicht prüfbare Schlussrechnungen gelegt werden und der Auftraggeber entsprechende Einwendungen innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Erteilung der Schlussrechnung erhebt. Das hat der Bundesgerichtshof bereits seiner Entscheidung vom 22. April 20104 zugrunde gelegt. Es gibt keine Grundlage dafür, die einmal eingetretene Fälligkeit einer Werklohnforderung rückwirkend zu beseitigen. Das ist nicht möglich und würde im Übrigen einer Beschleunigung der Abrechnung entgegenstehen5.

Der Auftragnehmer erfährt hierdurch keine unbilligen Nachteile. Richtig ist allerdings, dass der Auftragnehmer, dessen Klage deshalb abgewiesen wird, weil sein Vortrag mangels prüfbarer Schlussrechnung unschlüssig ist, grundsätzlich nicht die Möglichkeit hat, eine weitere Klage unter Vorlage einer neuen Schlussrechnung zu erheben. Dem steht in aller Regel die Rechtskraft des die Klage abweisenden Urteils entgegen. Das ist jedoch kein unbilliger Nachteil, sondern ein Umstand, der jedem Kläger widerfährt, der seinen Anspruch im Prozess nicht schlüssig begründet. Der Bundesgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch darauf hat, dass seine Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird, wenn seine Rechnung nicht den vertraglichen Voraussetzungen entspricht6. Die Regelungen der VOB/B bezwecken insoweit nicht seinen Schutz. Er ist nicht dadurch unbillig benachteiligt, dass er nunmehr so gestellt wird, wie er nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch stünde, das die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung als Fälligkeitsvoraussetzung nicht fordert.

Dem Werkunternehmer wird hierdurch auch nicht nicht die Möglichkeit abgeschnitten, im Prozess eine nicht prüfbare Schlussrechnung durch eine prüfbare Schlussrechnung zu ersetzen. Die Schlussrechnung ist, soweit es um die Schlüssigkeit geht, Vortrag, der die Berechtigung der Werklohnforderung belegen soll. Der Auftragnehmer ist grundsätzlich nicht gehindert, seinen Vortrag zu verdeutlichen, zu erläutern oder sogar zu ändern. Eine neue Schlussrechnung ist deshalb grundsätzlich von den Gerichten zu berücksichtigen7. Soweit eine neue Schlussrechnung nicht nur den bisherigen Vortrag verdeutlicht oder erläutert, kann sie allerdings neuen Vortrag enthalten, dessen prozessuale Berücksichtigung nach den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung für das Erkenntnisverfahren unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen sein kann. Diese nachteilige Folge muss der Auftragnehmer hinnehmen. Insoweit steht er nicht schlechter als andere Kläger, die ihren Vortrag im Laufe eines Prozesses ändern. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die scheinbar gegenläufigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs8 die Möglichkeit der Vorlage einer neuen Schlussrechnung im Berufungsverfahren betreffen, die die Fälligkeit der Werklohnforderung erst noch begründen soll. Inwieweit diese Entscheidungen auch herangezogen werden können, wenn die Werklohnforderung bereits im erstinstanzlichen Verfahren fällig gewesen ist, bedarf der Überprüfung, spielt für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dieser Sache jedoch keine Rolle.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 41/10

  1. BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 368[]
  2. BGH, Urteile vom 23.09.2004 – VII ZR 173/03, BauR 2004, 1937, 1939 = NZBau 2005, 40 = ZfBR 2005, 56; und vom 08.12.2005 – VII ZR 50/04, BauR 2006, 517, 519 = NZBau 2006, 179 = ZfBR 2006, 239[]
  3. BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118, 126[]
  4. BGH, Urteil vom 22.04.2010 – VII ZR 48/07, BauR 2010, 1249 Rn. 22[]
  5. vgl. dazu BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118, 125 f.[]
  6. BGH, Beschluss vom 14.06.2007 – VII ZR 230/06, BauR 2007, 1577 = NZBau 2007, 637 = ZfBR 2007, 676[]
  7. vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 5. Teil Rn. 152, 154[]
  8. BGH, Urteile vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158, 186; und vom 06.10.2005 – VII ZR 229/03, BauR 2005, 1959 = NZBau 2005, 692 = ZfBR 2006, 34[]

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