Verpflichtet sich der Mieter in einem Mietaufhebungsvertrag zu Ausgleichszahlungen, falls der Vermieter bei einer Weitervermietung des Mietobjekts nur eine geringere als die vom Mieter geschuldete Miete erzielen kann, wird dieser Anspruch bei einer späteren Zwangsverwaltung des Grundstücks nicht von der Beschlagnahme erfasst.

Tritt der Vermieter diese Forderung vor der Anordnung der Zwangsverwaltung über das Mietgrundstück an einen anderen ab, stellt dies keine Vorausverfügung über eine Mietforderung im Sinne von § 1124 Abs. 2 BGB dar.
Nach §§ 146, 20 Abs. 2 ZVG bestimmt sich der Umfang der Beschlagnahme im Rahmen einer Zwangsverwaltung nach den Vorschriften des materiellen Rechts über den Haftungsumfang bei Grundpfandrechten (§§ 1120 ff. BGB). Da die Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 1 ZVG auch Miet- und Pachtforderungen im Sinne von § 1123 BGB erfasst, richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners im Rahmen einer Zwangsverwaltung nach den Vorschriften der §§ 1124, 1125 BGB, wenn – wie hier – ein Grundpfandgläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Eine Vorausverfügung setzt daher die Existenz einer Miet- bzw. Pachtzinsforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird [1].
Diese Voraussetzung ist bei dem hier abgetretenen Anspruch auf Ersatz der Mietdifferenz indes nicht erfüllt. Denn dieser Anspruch stellt weder eine Mietforderung im Sinne von § 1123 Abs. 1 BGB dar noch können die Vorschriften über die Beschlagnahme auf diesen Anspruch entsprechend angewendet werden.
Als Mietforderung im Sinne von § 1123 Abs. 1 BGB wäre der Zahlungsanspruch der Vollstreckungsschuldnerin nur dann zu qualifizieren, wenn die Mietvertragsparteien bei Abschluss der Vereinbarung die Absicht gehabt hätten, unter Fortbestand des ursprünglichen Mietvertrages lediglich die Mietzahlungen neu zu regeln. Die Parteien haben jedoch, wovon offensichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, mit der Vereinbarung den ursprünglichen Mietvertrag einverständlich aufgehoben. Zwar wird in der Vereinbarung nicht ausdrücklich von einer Aufhebung oder Beendigung des Mietvertrages gesprochen. An mehreren Stellen des Vertragstextes ist jedoch erkennbar, dass die Parteien das Mietverhältnis insgesamt abwickeln wollten. Aus der Präambel des Vertragstextes ergibt sich, dass zwischen den Parteien zu diesem Zeitpunkt neben dem Mietausfallschaden noch weitere Ersatzansprüche der Vollstreckungsschuldnerin gegenüber dem Mieter hinsichtlich Schönheitsreparaturen und zweier Wasserschäden im Streit standen, die durch die Zahlungsverpflichtung des Mieters ebenfalls ausgeglichen werden sollten. In Ziffer 3 der Vereinbarung wurde von den Parteien eine Regelung zur abschließenden Abrechnung der Betriebskosten und der Kaution getroffen. Zudem wurde am Ende des Vertragstextes festgehalten, dass im Übrigen zwischen den Parteien aus dem Mietverhältnis keine weiteren gegenseitigen Forderungen mehr bestehen. Insbesondere aus der Abrede über die Abrechnung der Betriebskosten und der Kaution sowie der vereinbarten Abgeltungsklausel wird erkennbar, dass die Parteien einen Mietaufhebungsvertrag schließen wollten.
Da die Vertragsparteien den Mietvertrag einverständlich aufgehoben haben, stellt der Anspruch der Vollstreckungsschuldnerin gegen ihren ehemaligen Mieter keine Mietforderung im Sinne von § 1123 Abs. 1 BGB dar [2]. Die Zahlungsverpflichtung des Mieters beruht vielmehr auf einer eigenständigen vertraglichen Grundlage, die vergleichbar einer Schadensersatzforderung insbesondere den Mietausfallschaden der Vollstreckungsschuldnerin aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages ausgleichen sollte. Eine solche Forderung wird von der Beschlagnahme nach §§ 148 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 2, 21 Abs. 2 ZVG, § 1123 BGB nicht erfasst.
Auch kann die Beschlagnahme auch nicht durch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf die Mietausgleichsforderung ausgeweitet werden. Die Zwangsverwaltung verfolgt den Zweck, die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers aus den Nutzungen des Grundstücks zu erreichen [3]. Deshalb erweitert § 148 ZVG den Umfang der Beschlagnahme gegenüber dem Zwangsversteigerungsverfahren neben Versicherungsforderungen und sonstigen subjektiv-dinglichen Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 1126 BGB insbesondere auf die Erzeugnisse des Grundstücks und die Erträge, die durch eine Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks erzielt werden [4]. Durch die gesetzliche Regelung wird deutlich, dass im Zwangsverwaltungsverfahren zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers nur die durch die Nutzung des Grundstücks zu erzielenden Erträge zur Verfügung stehen sollen. Auf andere Forderungen des Vollstreckungsschuldners, selbst wenn sie im Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, kann der Vollstreckungsgläubiger dagegen nicht zugreifen [5]. Eine Erweiterung der Beschlagnahme über den gesetzlichen Umfang hinaus kommt daher nur für Forderungen in Betracht, die an Stelle einer Miet- oder Pachtforderung einen Ausgleich für die Nutzung des Grundstücks durch Dritte darstellen [6]. Die Einbeziehung dieser Forderungen in den Haftungsverband rechtfertigt sich dadurch, dass es sich um Ersatzansprüche handelt, die an die Stelle des Anspruchs auf Mietzahlung treten, weil ein Dritter in einem Zeitraum nach der Beschlagnahme rechtsgrundlos das Grundstück nutzt. Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks zu sorgen, schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen [1].
Die von der Eigentümerin abgetretene Mietausfallforderung ist mit den genannten Nutzungsersatzansprüchen nicht vergleichbar. Denn die von dem ehemaligen Mieter geschuldeten Zahlungen sind kein Äquivalent für eine Nutzung des Grundstücks im Zeitraum nach der Beschlagnahme. Der Mieter hatte spätestens im August 2004 die Gewerberäume geräumt und an die Eigentümerin herausgegeben. Das ursprüngliche Mietverhältnis war somit fast zwei Jahre vor der Anordnung der Zwangsverwaltung vollständig beendet. Die von dem Mieter geschuldete Ausgleichszahlung ist daher kein Ertrag, der durch die Nutzung des Grundstücks erwirtschaftet wird, sondern ein Anspruch der Vollstreckungsschuldnerin, mit dem der Schaden ausgeglichen werden soll, der ihr durch die vorzeitige Beendigung des auf zehn Jahre befristeten früheren Mietvertrages entsteht. Der Umstand allein, dass dieser Anspruch im Zusammenhang mit einer – zudem vor der Beschlagnahme beendeten – Vermietung des Grundstücks steht, genügt nicht, um die Mietausfallforderung allein dem Zugriff des Gläubigers vorzubehalten, der die Zwangsverwaltung betreibt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Dezember 2010 – XII ZR 86/09
- vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2003 – XII ZB 16/00, NZM 2003, 871, 872[↩][↩]
- vgl. Staudinger/Wolfsteiner [2009] § 1123 BGB Rn. 3, 6 ff.[↩]
- Stöber ZVG 19. Aufl. § 146 Rn. 2.2; Böttcher ZVG 5. Aufl. § 146 Rn. 3[↩]
- Stöber aaO § 148 Rn. 1.2[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.06.2006 – IX ZR 119/04, NJW-RR 2007, 265 ff. zu §§ 987 Abs. 2, 990 Abs. 1 Satz 2 BGB[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 23.07.2003 – XII ZR 16/00, NZM 2003, 871 f. zu §§ 557 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB aF; und vom 29.06.2006 – IX ZR 119/04, NJW-RR 2007, 265 Rn. 11 zu § 584 b BGB[↩]