Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der NPD-Funktionär, ein langjähriges Mitglied und Landesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), gegen den Ausschluss aus einem Sportverein wendet und eine Verletzung in seinen Grundrechten rügt.

Der Ausgangssachverhalt
Der NPD-Funktionär war Mitglied in einem Sportverein, der mehrfach erfolglos versucht hatte, ihn auszuschließen. Er ist langjähriges Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und deren Landesvorsitzender in Hamburg. In den Sportverein aus dem Landkreis Pinneberg wurde er 2014 als Mitglied aufgenommen. In den Jahren 2015 und 2016 versuchte der Verein, ihn auszuschließen. Im Jahr 2018 änderte der Verein seine Satzung und bestimmte in § 2 Zweck und Aufgaben des Vereins neu. Die Regelung lautet insoweit:
„1. Grundlage der Vereinsarbeit ist das Bekenntnis aller Mitglieder des Vereins zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Der Verein lehnt Bestrebungen und Bindungen parteipolitischer, konfessioneller und wirtschaftlicher Art, sowie alle Formen militärischer Ausbildung ab. Der Verein tritt allen extremistischen Bestrebungen entschieden entgegen. Der Verein bietet nur solchen Personen die Mitgliedschaft an, die sich zu diesen Grundsätzen bekennen. Mitglieder von extremistischen Organisationen gleich welcher politischen Ausrichtung, sowie Mitglieder rassistisch und fremdenfeindlich organisierter Organisationen oder religiöser Gruppierungen, wie z.B. der NPD und ihre Landesverbände, können nicht Mitglied des Vereins werden.“
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 d) der Satzung kann gegen Mitglieder, die gegen die Satzung verstoßen oder sich vereinsschädigend verhalten, nach vorheriger Anhörung der Ausschluss aus dem Verein durch den Vorstand verhängt werden. Ein unehrenhaftes Verhalten innerhalb oder außerhalb des Vereins liegt danach insbesondere vor, wenn ein Mitglied an extremistischen oder anderweitig diskriminierenden Veranstaltungen teilnimmt oder eine solche Gesinnung zum Beispiel durch das Tragen oder Zeigen von entsprechenden Kennzeichen und Symbolen zeigt oder Mitglied einer in § 2 der Satzung genannten oder vergleichbaren Organisation ist. In § 7 Abs. 2 der Satzung ist zudem geregelt, dass ein Beschluss über den Ausschluss mit Einschreiben unter Angabe von Gründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zuzustellen ist; Betroffene können dann innerhalb eines Monats nach Zustellung das Ehrengericht anrufen, dessen Entscheidung endgültig ist.
Der NPD-Funktionär wurde im Jahr 2019 zum beabsichtigten Ausschluss aus dem Verein angehört. Danach beschloss der Vorstand einstimmig, ihn aus dem Verein auszuschließen, und teilte ihm dies schriftlich mit. Das hiergegen vom NPD-Funktionär angerufene Ehrengericht entschied nach erneuter Anhörung, dass die Ausschließung ordnungsgemäß erfolgt sei.
Die Entscheidungen der Zivilgerichte
Der NPD-Funktionär wandte sich dann an die Fachgerichte, hatte dort aber keinen Erfolg.
Das erstinstanzlich mit dem Vereinsausschluss befasste Landgericht Itzehoe wies seine Klage ab1; das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht wies seine Berufung zurück2.
Der Vereinsausschluss sei rechtmäßig, so das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht. Die für den Ausschluss des NPD-Funktionärs maßgebliche Satzungsbestimmung sei nicht mit Blick auf eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes oder des Verbots von Benachteiligungen wegen politischer Anschauungen nichtig. Es liege keine spezifische Konstellation vor, bei der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten ergeben könnten. Weder entscheide die Mitgliedschaft in einem kleineren Amateursportverein in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben noch habe ein solcher Verein eine Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit. Selbst wenn sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG mittelbar weiterreichende und strengere Bindungen als aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sollten, führe dies nicht zu einem absoluten Unterscheidungsverbot zwischen Privaten; vielmehr bedürfte es jedenfalls eines Ausgleichs mit entgegenstehenden Rechten. Danach sei der durch die Satzung ermöglichte Ausschluss unter anderem von Mitgliedern der NPD nicht zu beanstanden. Die Entscheidung über den Ausschluss von Mitgliedern sei ebenso wie die Bestimmung der Vereinszwecke von der in Art. 9 Abs. 1 GG verbürgten Vereinsautonomie geschützt. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn nach der Satzung des auf die freiheitlich-demokratischen Werte ausgerichteten Vereins Mitglieder von rassistischen und extremistischen Organisationen ausgeschlossen werden könnten, welche die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung anstrebten. Dies sei nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in dem gegen diese Partei gerichteten Parteiverbotsverfahren bei der NPD der Fall. Zudem belasse die Satzung Handlungsspielraum für den Einzelfall und sehe eine vorherige Anhörung betroffener Vereinsmitglieder vor.
Auch im konkreten Fall komme dem nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Interesse des NPD-Funktionärs, nicht aufgrund seiner politischen Überzeugung aus dem Verein ausgeschlossen zu werden, kein Vorrang gegenüber der nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinsfreiheit zu. Angesichts der Position des NPD-Funktionärs in der NPD und seiner Aktivitäten als Landesvorsitzender gehe es hier nicht um eine missliebige Parteimitgliedschaft eines Vereinsmitglieds. Die Anhörung habe zweifelsfrei ergeben, dass der NPD-Funktionär als Landesvorsitzender aktiv bleiben wolle, weshalb ihm die verfassungswidrige Zielsetzung der NPD zuzurechnen sei. Zudem sei die Beeinträchtigung des NPD-Funktionärs in seiner Freizeitgestaltung moderat, weil es ihm freistehe, sich weiterhin sportlich zu betätigen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht beurteilte die daraufhin erhobene Verfassungsbeschwerde als unzulässig und nahm sie nicht zur Entscheidung an. Der NPD-Funktionär habe die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten nicht wie in § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG gefordert3 dargelegt. Aus seinem Vorbringen ergebe sich nicht hinreichend substantiiert, dass die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen spezifisches Verfassungsrecht verletzen könnten4:
Die Rüge des NPD-Funktionärs, wonach die Zivilgerichte die Reichweite des Benachteiligungsverbots in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verkannt hätten, weil sie zuließen, dass er vom Verein aufgrund seiner „falschen“ politischen Anschauung diskriminiert werde, verfängt nicht. Es kann auch hier offen bleiben, wie weit das Verbot der Benachteiligung wegen politischer Anschauungen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genau reicht und wen es im Privatrecht inwiefern bindet5. Auch wenn sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG mittelbar weiterreichende und strengere Bindungen ergäben als aus Art. 3 Abs. 1 GG, gälte insoweit kein absolutes Unterscheidungsverbot, sondern bedürfte es immer noch eines Ausgleichs mit entgegenstehenden Rechten6. Dass dieser Ausgleich hier eine Entscheidung zugunsten des NPD-Funktionärs vorgeben würde, ist nach den von den Zivilgerichten zu Grunde gelegten konkreten Umständen nicht ersichtlich und ergibt sich auch aus dem Vorbringen des NPD-Funktionärs nicht.
Die Rechte der Mitglieder eines Vereins bewegen sich in dem Rahmen, den ein Verein setzt, denn das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG gewährt einem Verein grundsätzlich das Recht, über die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern selbst zu bestimmen7. Die Verfassung garantiert das Prinzip freier sozialer Gruppenbildung aus privater Initiative unabhängig vom Staat und schützt damit auch die Entscheidung über die Zwecksetzung dieses Zusammenschlusses8. Zielt ein privater Amateur-Breitensportverein wie hier mit seiner Satzung ausdrücklich auf eine Orientierung an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und tritt extremistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen entgegen, ist das mit Blick auf die in Art. 9 Abs. 2 GG wie auch in Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Wertung9 nicht zu beanstanden.
Es ist auch weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass die auch auf die aktive Betätigung des NPD-Funktionärs als Landesvorsitzender der NPD abstellende Abwägung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zwischen der Vereinsfreiheit und dem Interesse, nicht wegen einer politischen Überzeugung aus dem Verein ausgeschlossen zu werden, mit grundrechtlichen Wertungen unvereinbar wäre.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 2. Februar 2023 – 1 BvR 187/21
- LG Itzehoe, Urteil vom 05.11.2019 – 7 O 104/19[↩]
- OLG Schleswig, Urteil vom 16.12.2020 – 9 U 238/19[↩]
- näher dazu BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9> dazu auch BVerfGE 151, 67 <84 f. Rn. 49> stRspr[↩]
- vgl. hierzu BVerfGE 130, 1 <21> 149, 86 <108 f. Rn. 61> 159, 223 <270 Rn. 89> jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfGE 148, 267 <283 f. Rn. 40 f.> – Stadionverbot; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2019 – 1 BvR 879/12, Rn. 10[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.08.2019 – 1 BvR 879/12, Rn. 11[↩]
- vgl. BVerfGE 124, 25 <34>[↩]
- vgl. BVerfGE 149, 160 <192 Rn. 97 f.> m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfGE 149, 160 <194 Rn. 101; 197 ff. Rn. 108 f.; 212 Rn. 141> sowie BVerfGE 144, 20 <206 ff. Rn. 538 ff.> – NPD-Verbot[↩]
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- Fußballplatz: Philip Kofler