Sind einer Rechtsanwaltsfachangestellten in der Vergangenheit bei der Fertigung oder Versendung fristgebundener Schriftsätze Fehler unterlaufen, so muss der Rechtsanwalt durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass sich solche nicht wiederholen.

In hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts vom Amtsgericht zurückgewiesen worden. Dagegen hat sie rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Der die Beschwerdebegründung enthaltende und am Tag des Fristablaufs um 17.38 Uhr per Telefax beim Oberlandesgericht eingegangene Schriftsatz war nicht unterzeichnet.
Nach entsprechendem Hinweis auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Wiedereinsetzungsgesuch der Antragstellerin (§ 117 Abs. 5 FamFG, § 233 ZPO) zurückgewiesen und das Rechtsmittel als unzulässig verworfen1, weil die Frist zur Beschwerdebegründung nach § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG nicht eingehalten worden ist.
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, den Verfahrensbevollmächtigten treffe ein Organisationsverschulden, das die Antragstellerin sich zurechnen lassen müsse. Die Mitarbeiterin Sch., welche statt des unterschriebenen Schriftsatzes die für die Antragstellerin vorgesehene Abschrift gefaxt habe, sei vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht hinreichend überwacht und kontrolliert worden. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin sei diese keine stets zuverlässige Kraft und habe daher besonders intensiver Überwachung und Kontrolle bedurft. Der Mitarbeiterin sei bereits im Jahr 2013 in einem früheren Verfahren zum Versorgungsausgleich ein Fehler unterlaufen, worauf die Antragstellerin seinerzeit ein Wiedereinsetzungsgesuch gestützt habe. Die Mitarbeiterin habe damals einen Antrag auf Fristverlängerung an das falsche Gericht adressiert und den Fehler selbst auf eine entsprechende Anweisung nicht korrigiert. Diese Unachtsamkeit habe dem Rechtsanwalt Veranlassung geben müssen, die Mitarbeiterin besonders zu überwachen und immer wieder stichprobenweise zu kontrollieren, ob Weisungen befolgt werden. Gerade dies könne dem Vorbringen der Antragstellerin aber nicht entnommen werden. Damit sei eine unverschuldete Fristversäumung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden.
Das hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Zwar stellt die Versendung der Rechtsmittelbegründung per Telefax eine einfache Bürotätigkeit dar, mit der jedenfalls eine voll ausgebildete und er- fahrene Rechtsanwaltsfachangestellte beauftragt werden darf. Dies gilt indessen mit der Einschränkung, dass es sich um eine zuverlässige Kraft handeln muss und keine Umstände vorliegen dürfen, die eine besondere Kontrolle durch den Rechtsanwalt erfordern2.
Von diesen Maßstäben ist auch das Oberlandesgericht ausgegangen. Dass es aufgrund eines früheren Vorfalls die Zuverlässigkeit der Angestellten Sch. verneint und insofern im Rahmen der dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin obliegenden Kanzleiorganisation zusätzliche Kontrollen für erforderlich gehalten hat, entspricht den genannten Maßstäben. Die Darlegungen der Antragstellerin zur Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumung hat das Oberlandesgericht im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung als nicht ausreichend angesehen.
Dass bei dem früheren Vorfall in Wirklichkeit keine Frist versäumt worden und nur der Verfahrensbevollmächtigte davon irrtümlich ausgegangen war, ändert nichts daran, dass die Angestellte sich bei der Adressierung und Versendung des damaligen als fristgebunden angesehenen Schriftsatzes als unzuverlässig erwiesen hat. Dass regelmäßig die allgemeine Anweisung des Rechtsanwalts ausreicht, sämtliche ausgehenden Schriftsätze auf das Vorhandensein der Unterschrift und bei Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, gibt lediglich den für zuverlässige Büroangestellte geltenden Grundsatz wieder. Demgegenüber ist das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall in nicht zu beanstandender Weise von dem Sonderfall ausgegangen, dass sich eine Büroangestellte als unzuverlässig erwiesen hatte und demzufolge trotz ihrer Berufserfahrung zunächst besondere Kontrollen veranlasst waren. Da solche Kontrollen, die in Reaktion auf den damaligen Fehler erfolgt wären, nicht dargelegt sind, kann es auch dahinstehen, in welcher Form und für welche Dauer diese veranlasst waren. In zeitlicher Hinsicht ist ein hinreichender Bezug zum hier in Rede stehenden Fehler gegeben, zumal sich der vorangegangene Vorfall noch im Vorjahr ereignet hatte.
Bei dem der Angestellten früher unterlaufenen Fehler handelt es sich auch nicht um einen einmaligen Fehler in einem anders gelagerten Fall. Vielmehr betreffen beide Fehler die allgemeine Sorgfalt im Zusammenhang mit der Anfertigung und Absendung tatsächlich oder auch nur vermeintlich fristwahrender Schriftsätze. Dass sich der erste Fehler nicht auswirkte, ist unerheblich, da für den Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen der ihm obliegenden Kanzleiorganisation auch ohne eingetretenen Nachteil ein besonderer Bedarf für Kontrollen erkennbar geworden war. Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Ursächlichkeit des Organisationsverschuldens als nicht ausgeräumt angesehen hat3.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Januar 2016 – XII ZB 653/14
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2014 – II7 UF 197/14[↩]
- vgl. BGH Beschluss vom 11.03.2014 – VI ZB 45/13 NJW-RR 2014, 634 Rn. 9 mwN; BGH, Beschlüsse vom 22.07.2015 XII ZB 583/14 FamRZ 2015, 1878 Rn. 18; und vom 05.06.2013 XII ZB 47/10 NJW-RR 2013, 1393 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH Beschluss vom 05.09.2012 – VII ZB 25/12 NJW 2012, 3516 Rn. 12 mwN[↩]