Der verspätete Versuch, den Streitwert nach oben zu treiben

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sieht keinen Anlass, von seinem Ermessen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG dahingehend Gebrauch zu machen, einem Antrag auf Heraufsetzung des Streitwerts zu entsprechen, der erst gestellt wurde, nachdem das Obsiegen desjenigen Beteiligten bereits feststeht, in dessen alleinige Sphäre die Benennung der für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände fällt.

Der verspätete Versuch, den Streitwert nach oben zu treiben

Soweit ein Beschluss unanfechtbar ist, betrifft dies auch die hierin erfolgte Streitwertfestsetzung (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Auch eine Änderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG) kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG dient ersichtlich dem Zweck, eine in Widerspruch zu den maßgeblichen Vorschriften erfolgte Streitwertfestsetzung mit Blick auf eine einheitliche Streitwertbestimmung zu korrigieren. Dementsprechend kann sich die Notwendigkeit einer Änderung aus einem Irrtum des Gerichts oder infolge eines neuen Umstands ergeben1, etwa, wenn sich bereits vor Erlass des ersten Festsetzungsbeschlusses die höchstrichterliche Rechtsprechung geändert hat2.

Ein Irrtum des Gerichts oder ein neuer Umstand in diesem Sinne liegen indes nicht vor, wenn den Beteiligten die für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände bekannt sind, derjenige Beteiligte jedoch, in dessen alleiniger Sphäre die Benennung dieser Umstände liegt, sie trotz einer entsprechenden Möglichkeit nicht rechtzeitig – d. h. vor Ergehen der entsprechenden Entscheidung – mitteilt. So liegt es hier. Da der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter bereits seit der entsprechenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht davon Kenntnis gehabt haben, dass die Streitwertfestsetzung von den mit der Nebentätigkeit des Klägers erzielten Jahreseinkünften abhängt und nur der Kläger diese zu benennen imstande war, muss er sich daran festhalten lassen, für das Zulassungsverfahren keine geänderten – hier: höheren – Angaben gemacht zu haben. Das Oberverwaltungsgericht sieht keinen Anlass, von seinem Ermessen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG3 dahingehend Gebrauch zu machen, einem Antrag auf Heraufsetzung des Streitwerts zu entsprechen, der erst gestellt wird, nachdem das Obsiegen desjenigen Beteiligten bereits feststeht, in dessen alleinige Sphäre die Benennung der für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände fällt. Dies fordert schon ein entsprechender Vertrauensschutz der im Verwaltungsstreitverfahren stets beteiligten öffentlichen Hand, welche im Falle des Unterliegens für die Verfahrenskosten haftet4. Vor dem Hintergrund, dass nur der Kläger einen Überblick über die aus seiner Nebentätigkeit erzielten Einkünfte hatte, er sich während des Zulassungsverfahrens insoweit nicht geäußert hat und auch im Übrigen Anhaltspunkte für eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht ersichtlich waren, war das Oberverwaltungsgericht auch nicht zu einer entsprechenden Nachfrage gehalten.

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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. Juni 2014 – 5 OA 82/14

  1. Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 63 GKG Rn. 39[]
  2. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 09.01.1979 – 6 U 139/76; Hartmann, a. a. O., Rn. 45f.[]
  3. vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.10.1990 – BVerwG 8 B 37.90 2; a. A. Hartmann, a. a. O., Rn. 38 m. w. Nw.[]
  4. a. A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2010 – I-2 W 10/10 7, das im zivilrechtlichen Streitverfahren einen entsprechenden Vertrauensschutz grundsätzlich ablehnt[]