Beschwerdeberechtigung eines bestellten Ergänzungspflegers

Bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft und der Bestellung eines Ergänzungspflegers handelt es sich um verschiedene Verfahrensgegenstände, für die die Beschwerdeberechtigung gesondert zu beurteilen ist.

Beschwerdeberechtigung eines bestellten Ergänzungspflegers

Das im Verfahren über die familiengerichtliche Genehmigung einer Erbausschlagung zum Ergänzungspfleger bestellte Jugendamt ist gegen die Anordnung der Ergänzungspflegschaft nicht beschwerdeberechtigt.

Im Hinblick auf die Anordnung der Ergänzungspflegschaft fehlt es dem Jugendamt, das die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt hat, bereits an der Beschwerdeberechtigung, so dass die Beschwerde insoweit unzulässig ist. Das Jugendamt hat mit der Beschwerde nicht seine Auswahl und Bestellung zum Ergänzungspfleger beanstandet, sondern sich gegen die – vorgreifliche – Anordnung der Ergänzungspflegschaft gewendet.

Bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft und der Bestellung des Ergänzungspflegers handelt es sich um selbstständige Verfahrensgegenstände1. Soweit der Bundesgerichtshof in Betreuungssachen die Anordnung der Betreuung und die Bestellung eines Betreuers als Einheitsentscheidung bezeichnet hat2, beruht dies auf den Besonder- heiten des Betreuungsrechts. Dadurch ist außerdem die rechtliche Selbstständigkeit der Grundentscheidung und der Entscheidung über die Bestellung nicht in Frage gestellt worden3. Bei selbstständigen Verfahrensgegenständen muss sich die Beschwerdebefugnis auf den jeweiligen konkreten Gegenstand beziehen4.

Im Hinblick auf die Anordnung der Ergänzungspflegschaft steht sie dem Jugendamt im vorliegenden Fall nicht zu.

Auf eine Sonderregelung für Behörden nach § 59 Abs. 3 FamFG lässt sich die Beschwerdeberechtigung des Jugendamts nicht stützen.

Gemäß § 162 Abs. 3 Satz 2 FamFG steht dem Jugendamt die Beschwerde zu, wenn es vom Gericht im Verfahren nach § 162 Abs. 1 Satz 1 FamFG anzuhören war. Eine Anhörungspflicht besteht aber nur in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen. Zwar ist mit dem Begriff des auf die Person des Kindes bezogenen Verfahrens keine Beschränkung auf Verfahren über die Personensorge verbunden. Um ein die Person des Kindes betreffendes Verfahren handelt es sich auch, wenn dieses – etwa bei Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB – sowohl Angelegenheiten der Personen- als auch der Vermögenssorge betrifft. Das Verfahren betrifft hingegen dann nicht mehr die Person des Kindes, wenn es ausschließlich vermögensrechtliche Angelegenheiten zum Gegenstand hat5. Das ist bei einem Verfahren über die Genehmigung der Ausschlagung der Fall6.

Das Jugendamt kann sich auch nicht aus eigenem Recht nach § 59 Abs. 1 FamFG gegen die Anordnung der Ergänzungspflegschaft wenden.

Durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft wird das Jugendamt ebenso wie durch deren Ablehnung7 nicht in eigenen Rechten betroffen8. Für das Jugendamt ergeben sich aus der Anordnung der Ergänzungspfleg- schaft für sich genommen noch keine Rechtswirkungen. Das Jugendamt wird in seiner eigenen Rechtsstellung erst durch seine Bestellung zum Ergänzungspfleger betroffen. Da diese aber von der Anordnung als Grundentscheidung gegenständlich zu trennen ist, ist es dem Jugendamt verwehrt, über die Anfechtung der Bestellung zugleich auch die Grundentscheidung in Frage zu stellen. Vielmehr ist nicht anders zu entscheiden, als wenn das Familiengericht über die Anordnung der Ergänzungspflegschaft (vergleichbar der Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB) und die Bestellung in getrennten Beschlüssen entschieden hätte. Dass dem Jugendamt vom Gesetz eine Beschwerdebefugnis schließlich auch nicht aufgrund seiner Behördeneigenschaft zugedacht ist, ergibt sich daraus, dass ihm eine Beschwerdebefugnis insoweit – wie oben ausgeführt – nur in Verfahren eingeräumt wird, die sich auf die Person des Kindes beziehen.

Das Jugendamt hat seine Rechtsmittel nur damit begründet, dass die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft nicht vorlägen. Ob sich daraus eine Beschränkung der Rechtsmittel auf die Anordnung der Ergänzungspflegschaft ergibt, kann dahinstehen. Denn das Jugendamt hat bereits nicht dargetan, dass seine Auswahl und Bestellung zum Ergänzungspfleger, die es aus eigenem Recht allein anfechten kann, rechtsfehlerhaft sei. Für eine Fehlerhaftigkeit der vom Amtsgericht getroffenen Auswahlentscheidung bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. November 2011 – XII ZB 293/11

  1. BayObLG FamRZ 1989, 1342, 1343; OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 1064 mwN; vgl. auch OLG Celle NJOZ 2011, 1513, 1514 zur Vormundschaft nach Entziehung der elterlichen Sorge[]
  2. BGH, Beschlüsse vom 15.09.2010 XII ZB 166/10, FamRZ 2010, 1897 Rn. 8 ff. und vom 05.01.2011 XII ZB 240/10, FamRZ 2011, 367 Rn. 9[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 15.09.2010 XII ZB 166/10, FamRZ 2010, 1897 Rn. 10 mwN und vom 05.01.2011 XII ZB 240/10, FamRZ 2011, 367 Rn. 9 aE; vgl. auch BGH, Beschluss vom 09.02.2011 – XII ZB 364/10, FamRZ 2011, 632 Rn. 9[]
  4. vgl. BGH, Beschluss BGHZ 132, 157 = FamRZ 1996, 607 f.[]
  5. zum entsprechenden Begriff in § 158 FamFG s. BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1788, 1791 mwN; MünchKomm-ZPO/Schumann 3. Aufl. § 162 FamFG Rn. 3; Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 162 Rn. 3; Prütting/Helms/Stößer FamFG 2. Aufl. § 162 Rn. 8; zu §§ 50, 50 c, 52, 59 FGG vgl. Keidel/Engelhardt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 50 Rn.19[]
  6. KG Berlin FamRZ 2010, 1171, 1172[]
  7. vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 2095[]
  8. aA KG Berlin FamRZ 2010, 1171[]