Änderungskündigung – und die Klagefrist

Die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung sind sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam im Sinne von §§ 1, 4 Satz 2 KSchG, wenn das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt ist.

Änderungskündigung – und die Klagefrist

Die Präklusionsvorschrift des § 6 Satz 1 KSchG1 steht der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung aufgrund einer Unbestimmtheit des Änderungsangebots nicht entgegen. Die Unbestimmtheit des Änderungsangebots ist kein von der mangelnden sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung zu trennender eigener Unwirksamkeitsgrund. Einer gesondert darauf bezogenen Rüge bedarf es daher nicht. Auch die mangelnde Bestimmtheit des Änderungsangebots führt vielmehr dazu, dass die mit der Änderungskündigung erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt ist2. Das Änderungsangebot ist nur dann sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, wenn der Arbeitgeber sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss3. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer mangels hinreichender Bestimmtheit des Änderungsangebots schon nicht erkennen kann, welche Arbeitsleistung er fortan schulden soll4.

Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen5.

Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb der recht kurzen Frist des § 2 Satz 2 KSchG auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers6.

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Allerdings genügt ein Änderungsangebot dem Bestimmtheitsgebot auch dann, wenn sich ihm nach Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zweifelsfrei entnehmen lässt, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen7. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt8, ist nach der Ermittlung des vom Erklärenden Gewollten aber zu prüfen, ob dieser Wille in der Urkunde noch einen hinreichenden Ausdruck gefunden hat9. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist10.

xxDas Landesarbeitsgericht hat diese Grundsätze rechtsfehlerfrei auf den Streitfall angewandt. Es hat angenommen, das Änderungsangebot lasse schon den durch das Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO) ggf. auszufüllenden Rahmen der künftig vom Arbeitnehmer als „Servicemitarbeiter“ geschuldeten Tätigkeit nicht erkennen. Nach dem eigenen Vortrag der Arbeitgeberin gebe es bei ihr zwei verschiedene Arten von „Servicemitarbeitern“, nämlich die „normalen“ Servicemitarbeiter und solche, die als zum Technikbeauftragten qualifizierte Servicemitarbeiter eingesetzt werden. Welche Art von Tätigkeit als „Servicemitarbeiter“ dem Arbeitnehmer angeboten worden sei und woraus sich ergeben sollte, welche der beiden Tätigkeiten gemeint gewesen sei, habe die Arbeitgeberin nicht ausgeführt.

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xxEs bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei dem Änderungsangebot der Arbeitgeberin um eine nichttypische Willenserklärung handelte, deren Auslegung durch das Berufungsgericht in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar wäre, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist11, oder, sofern die Arbeitgeberin eine Vielzahl im Wesentlichen gleichlautender Änderungskündigungen ausgesprochen haben sollte12, ob eine typische Willenserklärung vorliegt, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Bundesarbeitsgericht in vollem Umfang nachzuprüfen wäre13.

Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält selbst einer vollen Überprüfung stand. Dem Änderungsangebot waren keinerlei Anhaltspunkte dazu zu entnehmen, innerhalb welchen Rahmens sich das Direktionsrecht der Arbeitgeberin gegenüber dem Arbeitnehmer bei einer Beschäftigung als „Servicemitarbeiter“ zu halten hätte.

Zwar kann es ausreichend sein, die zukünftig geschuldete Tätigkeit nur rahmenmäßig zu umschreiben. Es muss sich aber aus der Bezeichnung oder den sonstigen, in dem schriftlich unterbreiteten Änderungsangebot ausreichend Anklang findenden Umständen zumindest das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergeben oder zu erkennen sein, worin die geschuldete Tätigkeit bestehen soll14. Dies war im hier entschiedenen Streitfall aus der Bezeichnung „Servicemitarbeiter“ nicht zu entnehmen. So war im vorliegenden Fall festgestellt, dass es bei der Arbeitgeberin zwei verschiedene Tätigkeitsbilder von „Servicemitarbeitern“ gab. Welche dieser Tätigkeiten vom Arbeitnehmer geschuldet sein sollte, habe sich aus dem Änderungsangebot nicht ergeben.

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Ob unter vergleichbaren Umständen ein Arbeitsvertrag mit der Tätigkeitsbezeichnung „Servicemitarbeiter“ zwischen den Parteien wirksam geschlossen worden wäre, kann dahinstehen. Abgesehen davon, dass insoweit für die Beurteilung der Bestimmbarkeit des Vertragsangebots mangels Schriftformerfordernisses auch ein regelmäßig vor Vertragsschluss mündlich erörterter Tätigkeitsinhalt zu berücksichtigen sein dürfte, wäre die Wirksamkeit der Begründung eines Arbeitsrechtsverhältnisses nicht am Maßstab der sozialen Rechtfertigung zu überprüfen.

Soweit darauf hingewiesen wird, die hinreichende Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit eines Angebots stelle eine Voraussetzung für dessen Wirksamkeit und Annahmefähigkeit dar, trifft dies zwar zu15. Fehl geht indes die damit zugleich vertretene Auffassung, wegen der fehlenden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Änderungsangebots sei in Wirklichkeit keine Änderungskündigung, sondern eine Beendigungskündigung erklärt worden mit der Folge, dass der Arbeitnehmer durch seinen Änderungsschutzantrag die Frist des § 4 Satz 1 KSchG nicht habe wahren können, und daher die Beendigungskündigung gem. § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gelte.

Zum einen wäre, zumal der Arbeitnehmer im hier entschiedenen Fall innerhalb der Klagefrist explizit einen Beendigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG erhoben hat, auch sein umgestellter Antrag, zumindest hilfsweise, als ein solcher Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG auszulegen gewesen.

Zum anderen übersieht diese Ansicht, dass die Arbeitgeberin hier, ohne dass Zweifel an dem von ihr erklärten Willen bestehen konnten, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot, es zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen, und damit eine Änderungskündigung iSd. § 2 Satz 1 KSchG erklärt hatte, die mit diesem Inhalt mit Zugang beim Arbeitnehmer gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wurde. Eine andere Frage ist, ob sich die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen mangels Bestimmtheit des Änderungsangebots im gerichtlichen Verfahren als rechtsunwirksam erwies. Die in § 2 Satz 2 KSchG vorgesehene Annahme unter Vorbehalt ermöglicht die Annahme auch eines unwirksamen Angebots, damit die Frage der Wirksamkeit im Änderungsschutzverfahren nach § 4 Satz 2 KSchG geklärt werden kann. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, ändert daher – entgegen der Ansicht der Revision – auch nichts an der Unwirksamkeit des Änderungsangebots mangels Bestimmtheit16. Durch die Möglichkeit der Annahme unter Vorbehalt soll allein die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – unabhängig davon, ob sich das Änderungsangebot als wirksam erweist – nicht mehr infrage stehen17.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Mai 2019 – 2 AZR 26/19

  1. dazu BAG 21.03.2018 – 7 AZR 408/16, Rn. 30; 25.10.2012 – 2 AZR 845/11, Rn. 35; 18.01.2012 – 6 AZR 407/10, Rn. 12, BAGE 140, 261[]
  2. BAG 26.01.2017 – 2 AZR 68/16, Rn. 12[]
  3. BAG 20.06.2013 – 2 AZR 396/12, Rn. 16[]
  4. vgl. BAG 26.01.2017 – 2 AZR 68/16 – aaO[]
  5. BAG 17.02.2016 – 2 AZR 613/14, Rn. 18; 20.02.2014 – 2 AZR 346/12, Rn. 38, BAGE 147, 237[]
  6. BAG 17.02.2016 – 2 AZR 613/14, Rn. 18; 20.06.2013 – 2 AZR 396/12, Rn. 18[]
  7. BAG 25.04.2013 – 2 AZR 960/11, Rn. 31[]
  8. BAG 18.10.2018 – 2 AZR 374/18, Rn. 17; 16.12 2010 – 2 AZR 576/09, Rn. 22[]
  9. BAG 16.12 2010 – 2 AZR 576/09, Rn. 23[]
  10. BAG 29.09.2011 – 2 AZR 523/10, Rn. 31[]
  11. BAG 24.10.2018 – 10 AZR 19/18, Rn. 15; 13.05.2015 – 2 AZR 531/14, Rn. 36; zu einem Änderungsangebot als nichttypischer Willenserklärung vgl. BAG 18.01.2007 – 2 AZR 796/05, Rn. 53[]
  12. vgl. dazu BAG 29.09.2011 – 2 AZR 523/10, Rn. 32[]
  13. BAG 24.10.2018 – 10 AZR 19/18 – aaO[]
  14. vgl. zur Vollstreckbarkeit eines Weiterbeschäftigungstitels: BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 44, BAGE 152, 1; 15.04.2009 – 3 AZB 93/08, Rn.19, BAGE 130, 195[]
  15. vgl. BAG 17.05.2001 – 2 AZR 460/00, zu II 1 a der Gründe[]
  16. vgl. BAG 26.01.2017 – 2 AZR 68/16, Rn. 4, 12, 14; 10.09.2009 – 2 AZR 822/07, Rn. 9, 14, BAGE 132, 78[]
  17. vgl. BAG 22.10.2015 – 2 AZR 124/14, Rn. 30, BAGE 153, 94[]
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Kündigungsschutzklage - und die nicht unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung

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