Ist im Arbeitsvertrag vereinbart, dass geleistete Überstunden durch Freistellung unter Vergütungsfortzahlung ausgeglichen werden, kann der Arbeitgeber während der Gewährung des Freizeitausgleichs nicht nach § 615 BGB in Annahmeverzug geraten. Das gilt auch im Arbeitsverhältnis eines Leiharbeitnehmers im Sinne von § 1 AÜG, selbst wenn der Arbeitgeber ohne die Gewährung des Freizeitausgleichs keine Gelegenheit gehabt hätte, den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung zu verleihen.

In diesem Fall besteht arbeitsvertraglich besteht kein unbedingter Anspruch des Arbeitnehmers auf vollständige zeitnahe Auszahlung der von ihm abgeleisteten Überstunden. Vielmehr haben die Parteien vereinbart, dass vom Arbeitnehmer geleistete Überstunden auch durch die Gewährung von bezahlter Freistellung zu anderen Zeiten zum Ausgleich gebracht werden können.
Diese arbeitsvertragliche Regelung gilt im Arbeitsverhältnis der Parteien unabhängig davon, dass die auf dieser Basis tatsächlich getroffene Regelung zur Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos wegen Unklarheiten und auch wegen Verstoß gegen § 11 Absatz 4 Satz 2 AÜG nicht wirksam vereinbart wurde1. Die sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergebende Grundregel zum Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden durch bezahlte Freistellung zu anderen Zeitpunkten bleibt auch ohne eine ergänzende Regelung zu Einzelheiten des Stundenkontos anwendbar. Rechtlich gesehen ist es eine Stundungsvereinbarung bezüglich der Auszahlung der durch die Ableistung von Überstunden entstandenen Vergütungsansprüche verbunden mit einer Abrede, den Arbeitnehmer für den Zeitraum der nachgewährten Vergütung zusätzlich von der Pflicht zur Arbeitsleistung zu entbinden. Sowohl die Bezahlung als auch die Freistellung kann beiderseits eingefordert werden. Die sich daraus ergebende Freistellungspflicht hat der Arbeitgeber unter zusätzlicher Beachtung der Regeln zum Ausgleichszeitraum aus § 3 ArbZG zu erfüllen.
Diese arbeitsvertragliche Regelung verstößt auch nicht gegen § 11 Absatz 4 Satz 2 AÜG. Nach dieser Vorschrift kann das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers (§ 615 Satz 1 BGB) nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden. Das Arbeitszeitkonto im Leiharbeitsverhältnis darf nicht dazu eingesetzt werden, § 11 Absatz 4 Satz 2 AÜG zu umgehen und das vom Verleiher zu tragende Beschäftigungsrisiko auf den Leiharbeitnehmer abzuwälzen2. Eine Stundungs- und Freistellungsabrede bezüglich der Auszahlung der durch die Ableistung von Überstunden verdienten Entgelts berührt die Ansprüche des Arbeitnehmers aus § 615 BGB jedoch nicht. Soweit der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Ausgleich bereits geleisteter Mehrarbeit unter Fortzahlung der Vergütung von der Pflicht zur Arbeitsleistung freistellt, kann er nicht in Annahmeverzug im Sinne von § 615 BGB geraten. Das gilt auch dann, wenn die Freistellung in eine auftragsarme Zeit fällt und der Arbeitgeber Probleme gehabt hätte, den Arbeitnehmer, wenn der Freistellungsanspruch nicht gegeben wäre, freizustellen. Die Erfüllung der Freistellungspflicht, die sich aus der arbeitsvertraglichen Stundungs- und Freistellungsabrede ergibt, verhindert das Entstehen von Annahmeverzug.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 14. Juni 2016 – 2 Sa 213/15