§ 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach alle Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit, die am Tag vor der Zulassung eines kommunalen Trägers Aufgaben der Bundesagentur als Träger der Grundsicherung wahrnehmen und insgesamt mindestens 24 Monate solche Aufgaben in dem Gebiet des kommunalen Trägers wahrgenommen haben, kraft Gesetz in den Dienst des kommunalen Trägers übergehen, ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG verfassungswidrig.

Das Bundesarbeitsgericht hat daher ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren ausgesetzt und im Wege der Richtervorlage das Bundesverfassungsgericht angerufen.
Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Berufswahl auch die freie Arbeitsplatzwahl. Dazu zählt bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners. Dies gilt in gleicher Weise für Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft wie im öffentlichen Dienst. Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ist daher unbeschadet der Organisationsgewalt des Staates berührt, wenn der Gesetzgeber bestehende Arbeitsverhältnisse in der Weise normativ umgestaltet, dass er die Person des Arbeitgebers auswechselt. Neben Art. 12 Abs. 1 GG scheidet Art. 2 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit aus1.
Damit ist die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit betroffen. Nachdem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates gemäß § 6a Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II den Landkreis als weiteren kommunalen Träger zugelassen hatte, erfolgte nach der Gesetzessystematik der Übertritt der bisher bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Klägerin in den Dienst des kommunalen Trägers (§ 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II), dh. der Arbeitgeber der Klägerin wurde letztlich durch den Bundesgesetzgeber, handelnd mittels einer Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, ausgewechselt. Es lag eine nach Art. 80 GG zulässige Rechtssetzung durch die Exekutive vor2. Damit handelt es sich nicht wie im Falle des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB um einen Arbeitgeberwechsel durch Rechtsgeschäft. Vielmehr erfolgte ein unmittelbarer Eingriff des Gesetzgebers, der zu einem Ausscheiden der Klägerin aus den Diensten der Bundesagentur für Arbeit, einer rechtsfähigen bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 367 Abs. 1 SGB III), und zur Zuweisung eines neuen Arbeitgebers, des kommunalen Trägers, einer kommunalen Gebietskörperschaft, geführt hat.
Dieser Eingriff erschöpft sich nicht darin, dass der Klägerin ein neuer, von ihr nicht frei gewählter Arbeitgeber aufgedrängt wird. Wenn nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II der kommunale Träger in die Arbeitgeberstellung einrückt, bedeutet dies zugleich, dass die Bundesagentur für Arbeit von ihrer bisherigen Arbeitgeberstellung unmittelbar kraft Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und damit letztlich kraft einer legislativen Entscheidung vom Arbeitsvertrag mit der Klägerin entbunden wird, durch den sie bisher mit der für sie tätigen Klägerin verbunden war. Diesem Eingriff konnte sich die Klägerin weder durch einen Widerspruch, wie ihn § 613a Abs. 6 BGB beim Betriebsübergang vorsieht, entziehen noch wurde ihr ein Rückkehrrecht eingeräumt, wie dies beispielsweise durch § 18 des Hamburger Gesetzes zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen“ vom 11.06.19973 der Fall war.
Ein Widerspruchsrecht oder ein Rückkehrrecht ist der Klägerin auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 6c SGB II einzuräumen. Der insoweit eindeutige Wortlaut dieser Norm sieht solche Rechte des betroffenen Arbeitnehmers nicht vor. Eine dem Wortlaut des § 6c SGB II widersprechende Auslegung widerspräche auch dem Willen des Gesetzgebers. So hat dieser die Möglichkeit einer Rückkehr eines übergeleiteten Arbeitnehmers vom kommunalen Träger zur Bundesagentur für Arbeit im Falle der Wiedereinstellung auf Vorschlag des kommunalen Trägers (§ 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II) und für den Fall der Beendigung der Trägerschaft des kommunalen Trägers (§ 6c Abs. 2 SGB II) ausdrücklich geregelt. Ein Rückkehrrecht des übergegangenen Arbeitnehmers sieht § 6c SGB II jedoch nicht vor. In diesem Zusammenhang ist der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgegangen, dass ein Arbeitgeberwechsel der Zustimmung des Arbeitnehmers nur bedarf, wenn seine Rückkehr zur Bundesagentur aufgrund Vorschlages des kommunalen Trägers gemäß § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II erfolgt. § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II sieht nämlich eine Wiedereinstellung des Arbeitnehmers durch die Bundesagentur nur für den Fall vor, dass der Arbeitnehmer „dazu bereit ist“. Auch in der Gesetzesbegründung heißt es: „Bei Arbeitnehmern ist die Bundesagentur zu einer Wiedereinstellung zu den bisherigen Bedingungen verpflichtet. Arbeitsrechtlich ist das nicht ohne Zustimmung des jeweiligen Arbeitnehmers möglich“4.
Da in der Gesetzesbegründung ansonsten von der Zulässigkeit eines Arbeitnehmerwechsels zum kommunalen Träger ohne Zustimmung des Arbeitnehmers (zumindest stillschweigend) ausgegangen wird und ein Rückkehrrecht des Arbeitnehmers nicht erwähnt wird, kann nicht auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, er habe im Falle des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut dem Arbeitnehmer ein Recht zum Widerspruch gegen die Auswechslung seines Arbeitgebers oder ein Rückkehrrecht zur Bundesagentur gewähren wollen.
Eine verfassungsgemäße Auslegung einer Norm mit dem Ziel, einen Verstoß gegen ein Grundrecht zu vermeiden, stößt dort an ihre Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut und dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen bzw. das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde5. Ein Normverständnis, welches nämlich zu dem erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers in Widerspruch steht, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden6.
Die Regelung des § 6c Abs. 1 SGB II dient der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Grundsicherung bei Zulassung weiterer kommunaler Träger, die auf personelle Kontinuität und die Erfahrungen und Fachkompetenz der Beschäftigten der Bundesagentur angewiesen sind7. Damit ist der Streitfall nicht unmittelbar vergleichbar mit den Fällen, in denen ein Arbeitgeberwechsel kraft Gesetzes im Zusammenhang mit einer geplanten Privatisierung gestanden hatte8.
Für dieses Ziel des § 6c SGB II kann die Norm als geeignet und erforderlich angesehen werden. Zwar konnte der Bund sein Ziel, einen Personalübergang von der Bundesagentur für Arbeit auf weitere kommunale Träger herbeizuführen, auch bei Ausschluss einer Widerspruchsmöglichkeit nicht gegen den Willen der Arbeitnehmer realisieren, weil diesen bei einem unerwünschten Vertragspartnerwechsel ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Somit könnte allenfalls die Tatsache, dass die Übertrittsregelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II wegen der sozialrechtlichen Folgen einer Eigenkündigung und fehlender Rückkehrperspektive einen erheblichen Druck auf die Arbeitnehmer ausübt, trotz eines Arbeitgeberwechsels auf ihrem Arbeitsplatz zu verbleiben, die Eignung der Regelung begründen9.
Aus dem gleichen Grund kann die Überleitung der Arbeitsverhältnisse ohne Widerspruchs- und/oder Rückkehrrecht aus der Perspektive des Gesetzgebers bei der Verfolgung politischer und verwaltungstechnischer Ziele auch noch als erforderlich angesehen werden, weil die Ausschaltung der vom allgemeinen Recht gewährten Arbeitnehmerrechte den reibungslosen Vollzug der Ziele des Gesetzgebers erleichtert10.
Die durch § 6c Abs. 1 SGB II geschaffene Regelung ist jedoch für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer unzumutbar.
Unter Berücksichtigung des mit der Regelung des § 6c SGB II verfolgten Zweckes (Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Grundsicherung bei der Zulassung weiterer kommunaler Träger) stellt allein der Arbeitgeberwechsel bei mit Aufgaben nach dem SGB II betrauten Arbeitnehmern der Bundesagentur für Arbeit von dieser auf den weiteren kommunalen Träger noch keine unangemessene Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers dar. § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II bewirkt zwar, dass die Klägerin unmittelbar kraft Gesetzes einen Arbeitgeber erhält, den sie nicht selbst gewählt hat. Die Rechtsordnung trägt insoweit der durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten freien Wahl des Vertragspartners jedoch hinreichend Rechnung, indem sie den von einem gesetzlichen Arbeitgeberwechsel betroffenen Arbeitnehmern das Recht einräumt, ihr Arbeitsverhältnis – gemäß § 626 BGB auch außerordentlich, zu kündigen. Die Arbeitnehmer sind damit unabhängig von einem Widerspruchsrecht, wie es § 613a BGB vorsieht, rechtlich davor geschützt, für einen Arbeitgeber arbeiten zu müssen, mit dem sie arbeitsvertraglich nicht verbunden sein wollen. Im Verhältnis zum gesetzlich bestimmten neuen Arbeitgeber sind die Rechtsfolgen eines Widerspruchs gegen den gesetzlichen Arbeitgeberwechsel und einer gegenüber dem neuen Arbeitgeber auszusprechenden fristlosen Kündigung identisch. Der neue Arbeitgeber scheidet als Vertragspartner des Arbeitnehmers aus11.
Allerdings hat eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers neben dem vorrangig zu berücksichtigenden Verlust von Erwerbseinkommen nicht zuletzt auch negative sozialrechtliche Folgen wie insbesondere die Verhängung einer Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld (§ 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB III idF vom 20.12 2011 bzw. § 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB III aF). Damit besteht ein erheblicher – vom Gesetzgeber auch gewollter – tatsächlicher Druck, den Arbeitsplatz bei dem neuen Arbeitgeber zu behalten12.
Neben diesem Nachteil treten durch die gesetzliche Regelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II weitere zu Lasten des betroffenen Arbeitnehmers ein.
So verliert dieser durch den gesetzlichen Übergang seines Arbeitsverhältnisses seinen bisherigen Arbeitgeber, nämlich die Bundesagentur für Arbeit. Die Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den weiteren kommunalen Träger bewirkt die Loslösung der Bundesagentur für Arbeit von eingegangenen arbeitsvertraglichen Bindungen, ohne dass bei einem entgegenstehenden Willen des Arbeitnehmers die Einhaltung kündigungsrechtlicher Vorschriften, die in gesetzgeberischer Umsetzung der aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht entstanden sind, sichergestellt werden muss. Dadurch wird dem Arbeitnehmer ein erhebliches Maß an Bestandsschutz entzogen13.
Die Ausübung eines vom Gesetzgeber bewusst nicht eingeräumten Widerspruchsrechts entsprechend § 613a Abs. 6 BGB würde es dem Arbeitnehmer ermöglichen, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Bundesagentur für Arbeit herbeizuführen. Nur wenn bei dieser eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit weggefallen wäre, käme unter Beachtung des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KSchG eine betriebsbedingte Kündigung durch die Bundesagentur für Arbeit in Betracht, wobei nach § 1 Abs. 3 KSchG auch die Grundsätze der Sozialauswahl zu berücksichtigen wären. Damit könnte der widersprechende Arbeitnehmer möglicherweise erreichen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit fortbesteht, obwohl die von ihm bisher (ganz oder teilweise) ausgeübten Tätigkeiten nach dem SGB II nunmehr von einem kommunalen Träger übernommen werden. Ob es dem widersprechenden Arbeitnehmer gelingt, seine Beschäftigung bei der Bundesagentur für Arbeit auf Dauer zu behalten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Das Risiko einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung oder sonstiger Nachteile kann größer oder kleiner sein. Demzufolge kann es objektiv mehr oder weniger vernünftig erscheinen, wenn sich der Arbeitnehmer durch Ausübung seines Widerspruchsrechts für die zumindest vorübergehende Beibehaltung der Bundesagentur für Arbeit als seiner Arbeitgeberin entscheidet. Die Abwägung dieser Risiken ist der privatautonomen Entscheidung des Arbeitnehmers vorbehalten14.
Die Sicherung des Rechts auf freie Wahl des Arbeitsplatzes als Ausprägung der Privatautonomie durch § 613a Abs. 6 BGB ist sowohl vom Gesetzgeber als auch von der Rechtsprechung15 im Wesentlichen auch mit den Grundrechten der Arbeitnehmer begründet worden. Das bedeutet zwar nicht, dass die Vorschrift des § 613a Abs. 6 BGB verfassungsrechtlich geboten ist. Der Gesetzgeber muss aber grundsätzlich das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes bei einem ohne seinen Willen erfolgenden Arbeitgeberwechsel schützen16. Das heißt allerdings nicht, dass die Überleitung von Beschäftigten eines öffentlichen Arbeitgebers auf einen anderen öffentlichen Arbeitgeber nur unter Einräumung eines Widerspruchsrechts zu Gunsten des Arbeitnehmers zulässig wäre. Insoweit darf der Gesetzgeber (auch) berücksichtigen, dass dem Arbeitnehmer bei Fortbestand der übrigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten nicht nur der Arbeitsplatz erhalten bleibt, sondern er auch weiterhin „im öffentlichen Dienst“ beschäftigt bleibt17.
Dennoch stellt sich die Überleitung des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit auf den nunmehr zuständigen kommunalen Träger gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II als unzumutbare Beeinträchtigung des Arbeitnehmers in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.
Ursache für den Eingriff in das Grundrecht des Arbeitgebers ist lediglich eine politisch motivierte, nicht durch Sachzwänge bedingte Entscheidung des Gesetzgebers. Zunächst hängt die Zulassung weiterer kommunaler Träger von einem Antrag derselben ab (§ 6a Abs. 2 SGB II). Liegen solche Anträge nicht vor, so verbleibt es bei der Aufgabenerledigung gemäß § 6 SGB II, dh. gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II durch die Bundesagentur und deren Beschäftigte, soweit nicht Leistungen iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II durch kommunale Träger erfolgen. Lediglich aufgrund einer „Experimentierklausel“18 waren seit dem Jahre 2005 an Stelle der Agenturen für Arbeit 69 kommunale Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zugelassen. Darüber hinaus können aufgrund des § 6a Abs. 2 SGB II ab 11.08.2010 weitere kommunale Träger zugelassen werden, wenn die Gesamtanzahl der neu zugelassenen kommunalen Träger ¼ der zum Antragszeitpunkt zugelassenen Aufgabenträger nicht übersteigt (§ 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II). Diese Regelungen zeigen, dass die Zulassung weiterer kommunaler Träger regelmäßig nicht aus zwingenden verwaltungstechnischen, sondern aus politisch motivierten Überlegungen, insbesondere der antragstellenden kommunalen Träger erfolgt. Dass dies auch der Gesetzgeber so sieht, zeigt § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II, der verlangt, dass der Zulassungsantrag „in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde“ bedarf. Dadurch soll sichergestellt werden, „dass der weitreichenden Entscheidung für die alleinige Wahrnehmung der Aufgaben … eine sorgfältige und ausführliche politische Meinungsbildung vorausgegangen und ein hoher Grad an Akzeptanz vorhanden ist“19.
Damit hängt die Überleitung von Arbeitsverhältnissen nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II im Ergebnis von Zufälligkeiten ab, dh. davon, ob die Zulassungsquote des § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bereits ausgeschöpft ist, ob ein kommunaler Träger, in dessen Gebiet der Arbeitnehmer Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit als Träger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II wahrgenommen hat, die politische Entscheidung für einen Zulassungsantrag trifft und ob dieser die Zulassungsvoraussetzungen des § 6a Abs. 2 Satz 1 SGB II erfüllt. Nicht jedoch erfolgt der Übergang des Arbeitsverhältnisses deshalb, weil durch die Zulassung weiterer kommunaler Träger die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben nach dem SGB II sichergestellt werden soll. Es ist nicht ersichtlich, dass eine sachgerechte Aufgabenerfüllung durch die Bundesagentur für Arbeit bislang nicht erfolgt ist oder ohne die Zulassung weiterer kommunaler Träger künftig nicht erfolgen kann. Daher ist die Zulassung dieser Träger und der damit für die Arbeitnehmer verbundene Arbeitgeberwechsel von der Bundesagentur für Arbeit zum kommunalen Träger letztlich nicht durch zwingende Gründe des Gemeinwohls bedingt.
Eine solche Fallgestaltung beseitigt zwar die Befugnis des Gesetzgebers nicht gänzlich, in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG des betroffenen Arbeitnehmers einzugreifen, führt aber im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau dazu, von einem unzulässigen Grundrechtseingriff auszugehen. Zu Gunsten der betroffenen Arbeitnehmer sind nämlich weitere durch § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II verursachte Nachteile zu berücksichtigen.
Zunächst führt der Übertritt zu einem kommunalen Träger zu einem erheblichen Wechsel der Organisationsstrukturen, in denen die übergeleiteten Arbeitnehmer tätig werden müssen. Bei der Bundesagentur für Arbeit handelt es sich um eine bundesweit tätige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit etwa 108.000 Beschäftigten20. Dies beinhaltet breit gefächerte Einsatzmöglichkeiten für die Mitarbeiter sowohl in räumlicher als auch in funktionaler Hinsicht. Demgegenüber sind die Einsatzmöglichkeiten bei einem kommunalen Träger zwangsläufig räumlich deutlich eingeengter. Auch die Anzahl und Art der bei einer kommunalen Gebietskörperschaft für eine Beschäftigung zur Verfügung stehenden Stellen ist wesentlich geringer als bei der Bundesagentur für Arbeit. Dies hat zur Folge, dass die Möglichkeiten eines nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II übergegangenen Arbeitnehmers, sich auf anderweitige, gegebenenfalls höherwertige Stellen zu bewerben bzw. sich räumlich durch Anträge auf Versetzung zu verändern, erheblich eingeschränkt werden. Gleiches gilt für die Chance sich für eine völlig andersartige Tätigkeit zu bewerben. Dies ist bei der Bundesagentur für Arbeit angesichts der Vielzahl und Unterschiedlichkeit der von ihr wahrgenommenen Aufgaben wesentlich leichter als bei einem kommunalen Träger. Hinzu kommt, dass die Verwaltungsstrukturen und damit auch die Art der Personalführung und -organisation bei der Bundesagentur für Arbeit nicht mit der bei einem kommunalen Träger vergleichbar sind. Das gilt vor allem deshalb, weil bei Letzterem die Mitarbeiter betreffende Entscheidungen sowohl organisatorisch als auch in personeller Hinsicht grundsätzlich von Entscheidungsträgern gefällt werden, die aufgrund von öffentlichen Wahlen in ihre Positionen berufen worden sind (Bürgermeister, Landräte, Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte) und die damit nicht selten (auch) nach politischen Gesichtspunkten getroffen werden. Solches ist bei der Bundesagentur für Arbeit als einer unmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem ihr zustehenden Selbstverwaltungsrecht (§ 367 Abs. 1 SGB III)) nicht in gleichem Umfange der Fall. Bei einem Arbeitnehmer, der sich (u.a.) aus diesen Gründen für eine Tätigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit und nicht bei einer kommunalen Gebietskörperschaft entschieden hat, wird durch die Überleitung nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II in besonderer Weise die von ihm vorgenommene Berufswahlentscheidung berührt. Hinzu kommt, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen kommunalen Träger mit einem Wechsel der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge einhergeht. Während für die Bundesagentur für Arbeit ein eigenständiger Tarifvertrag gilt (Tarifvertrag für die Bundesagentur, TV-BA), sind für kommunale Träger die für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) maßgeblichen Tarifverträge einschlägig. Zwar sieht § 6c Abs. 5 Satz 1 SGB II vor, dass Arbeitnehmern, die in den Dienst eines anderen Trägers übergehen, grundsätzlich eine gleichwertige Tätigkeit übertragen werden soll und wenn dies ausnahmsweise nicht möglich ist, eine niedriger bewertete Tätigkeit übertragen werden darf. Führt Letzteres zu einer Verringerung des Arbeitsentgelts, so ist eine Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Arbeitsentgelt bei dem abgebenden Träger zum Zeitpunkt des Übertritts und dem jeweiligen Arbeitsentgelt bei dem aufnehmenden Träger zu zahlen (§ 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II). Dadurch wird zwar im Regelfalle dem übergegangenen Arbeitnehmer das wirtschaftliche Äquivalent seiner bisherigen tariflichen Eingruppierung zunächst gewährleistet, allerdings ist es in Ausnahmefällen auch zulässig, ihn tarifmäßig niedriger einzugruppieren. Die für diesen Fall vorgesehene Ausgleichszahlung wird jedoch durch Tariflohnerhöhungen aufgezehrt, sodass nach einem bestimmten Zeitraum der übergegangene Arbeitnehmer einen geringeren Verdienst erzielt, als er ihn bei der Bundesagentur für Arbeit aufgrund seiner ehemaligen Eingruppierung erhalten hätte.
Des Weiteren unterscheiden sich die bei der Bundesagentur für Arbeit geltenden Tarifsysteme auch in anderen Punkten von den für kommunale Arbeitgeber anwendbaren.
Weiter spricht für einen unzumutbaren Eingriff des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II in das Grundrecht der betroffenen Arbeitnehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG, dass die Arbeitnehmer nach ihrem Übertritt zu einem kommunalen Träger damit rechnen müssen, wiederum ohne ein Widerspruchsrecht von diesem wieder zur Bundesagentur übergeleitet zu werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Trägerschaft des kommunalen Trägers gemäß § 6a SGB II endet (§ 6c Abs. 2 SGB II). Damit werden die betroffenen Arbeitnehmer im Ergebnis bezüglich ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzwahl zu „Spielbällen“ aufgrund politischer Entscheidungen über die Trägerschaft von Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II.
Dieser unzulässige Eingriff in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG des Arbeitnehmers kann nicht dadurch vermieden werden, dass § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II gegen seinen Wortlaut dahin gehend ausgelegt wird, dass nur solche Arbeitnehmer von dem Übergang erfasst werden, welche ausschließlich Aufgaben der Bundesagentur als Träger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II wahrgenommen haben. Der oben geschilderte unzumutbare Eingriff in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG liegt unabhängig davon vor, in welchem Umfange der Arbeitnehmer Tätigkeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II vor der Zulassung eines weiteren kommunalen Trägers wahrgenommen hat. Hinzu kommt, dass es wohl unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG kaum begründbar wäre, dass Arbeitnehmer, die bislang zu einem Prozentsatz von weniger als 100 Tätigkeiten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II als Arbeitnehmer der Bundesagentur wahrgenommen haben, nicht gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II auf einen weiteren kommunalen Träger übergehen, während dies bei den anderen Arbeitnehmern, die ausschließlich solche Tätigkeiten wahrgenommen haben, der Fall ist.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26. September 2013 – 8 AZR 775/12 (A)
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 69, 70, BVerfGE 128, 157[↩]
- vgl. BVerfG 9.10.1968 – 2 BvE 2/66, zu B II 2 c der Gründe, BVerfGE 24, 184[↩]
- vgl. BAG 22.10.2009 – 8 AZR 286/08[↩]
- BT-Drs. 17/1555 S.20[↩]
- vgl. BVerfG 14.04.2010 – 1 BvL 8/08, Rn. 50, BVerfGE 126, 29[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 78, BVerfGE 128, 157[↩]
- BT-Drs. 17/1555 S.19[↩]
- vgl. dazu: BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 – BVerfGE 128, 157; BAG 22.10.2009 – 8 AZR 286/08[↩]
- vgl. BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 83, BVerfGE 128, 157[↩]
- vgl. zur Durchführung einer Privatisierung: BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 84, BVerfGE 128, 157[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 88, BVerfGE 128, 157[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 89, BVerfGE 128, 157[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 91, BVerfGE 128, 157[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 92, BVerfGE 128, 157[↩]
- vgl. BAG 19.02.2009 – 8 AZR 176/08, Rn. 27, BAGE 129, 343[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 93, 94, BVerfGE 128, 157[↩]
- BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 94, aaO[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/1555 S. 17[↩]
- BT-Drs. 17/1555 S. 18[↩]
- vgl. Geschäftsbericht der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2012[↩]