Belehrt das Gericht bei einem Ordnungsmittel wegen Ungebühr fehlerhaft nicht über die Beschwerde nach § 181 GVG, sondern der Sache nach über eine sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO, so beginnt die Frist nicht schon mit Verkündung des Beschlusses in mündlicher Verhandlung.

Der Beschwerdeführer kann dann unter dem Prinzip der Meistbegünstigung die Beschwerde ab Zustellung des Beschlusses innerhalb von zwei Wochen einlegen.
Ob unabhängig davon ohnehin § 9 Abs. 5 ArbGG auch für § 181 GVG gilt, kann hier unentschieden bleiben.
Gemäß § 181 Abs. 1 GVG kann gegen eine Entscheidung gemäß § 178 GVG binnen der Frist von einer Woche nach ihrer Bekanntmachung Beschwerde eingelegt werden. § 181 GVG gilt entsprechend für die Arbeitsgerichte nach § 9 Abs. 2 ArbGG. Beschwerdegericht ist dabei das Landesarbeitsgericht nach § 78 ArbGG1.
Die Beschwerdefrist von einer Woche beginnt ab Verkündung der Entscheidung2.
Demnach hätte der Beschwerdeführer im hier entschiedenen Fall seine Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt.
Das Arbeitsgericht hat dem Beschwerdeführer jedoch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung erteilt. Es hat nicht über den Rechtsbehelf gemäß § 181 GVG belehrt, sondern über die sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO. Das Arbeitsgericht hat deutlich auf das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde hingewiesen und auf die einzuhaltende Frist von zwei Wochen. Es hat also nicht lediglich zu dem Rechtsbehelf nach § 181 GVG eine unzutreffende Frist genannt, sondern es hat über ein völlig anderes und nicht einschlägiges Rechtsmittel belehrt.
Die Argumentation des Arbeitsgerichts, die Belehrung enthalte nur eine fehlerhaft zu lange Frist, dafür aber keinen Hinweis auf einen abweichenden Fristbeginn erst ab Zustellung und nicht schon ab Verkündung, ist nicht haltbar.
Die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO, über die das Arbeitsgericht belehrt hat, setzt gemäß § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Zustellung der Entscheidung voraus. Denn dort heißt es, dass die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Dies steht im Einklang mit § 329 Abs. 3 ZPO, wonach eine Entscheidung, die eine Frist in Lauf setzt, zuzustellen ist. Mit anderen Worten: Belehrt das Gericht über eine sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO, so bedeutet dies gleichzeitig, dass die Frist erst mit Zustellung der Entscheidung beginnt. Nicht möglich ist es daher, bei einer – wie hier –Belehrung über die sofortige Beschwerde nach § 567 dennoch für den Fristbeginn anzuknüpfen an die Verkündung der Entscheidung, für die § 181 GVG den Fristbeginn bestimmt. Dies ist eine unzulässige Vermengung der Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO und der Beschwerde nach § 181 GVG.
Insoweit ist für den Beginn der Rechtsmittelfrist der sofortigen Beschwerde unerheblich, dass der Beschluss bereits mit Rechtsmittelbelehrung verkündet wurde. Zwar werden Beschlüsse mit ihrer Verkündung existent und den Parteien gegenüber in der Regel auch ohne Zustellung wirksam. Allerdings ist zusätzlich die Amtszustellung unter den Voraussetzungen des § 329 Abs. 3 ZPO notwendig; vor allem also um die Rechtsbehelfsfristen des § 569 Abs. 1 ZPO in Lauf zu setzen3. Die Amtszustellung (§ 166 Abs. 2 ZPO) ist daher trotz Verkündung des Beschlusses nötig, um die Rechtsbehelfsfristen in § 569 Abs. 1 ZPO beginnen zu lassen4.
Belehrt ein Gericht nach § 567 ZPO, so bedeutet dies gleichzeitig, dass die Notfrist grundsätzlich erst mit Zustellung der Entscheidung beginnt.
Der Sache nach hat das Gericht daher eine falsche Belehrung erteilt. Es hat belehrt über die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO, nicht jedoch über die Beschwerde nach § 181 GVG. Dann gilt das Prinzip der Meistbegünstigung5.
Der Beschwerdeführer konnte daher wählen, ob er den Rechtsbehelf nach § 181 GVG einlegt oder gemäß Belehrung das Rechtsmittel gemäß § 567 ZPO. Da die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO aber wegen § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Zustellung der Entscheidung voraussetzt, begann die Beschwerdefrist auch erst mit Zustellung des Beschlusses am 03.08.2017, weshalb die am 14.08.2017 eingelegte Beschwerde die Frist wahrte.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann daher nicht darauf abgestellt werden, die Verspätung sei nicht kausal, weil der Beschwerdeführer auf der Basis der Belehrung Beschwerde innerhalb von zwei Wochen ab Verkündung hätte erheben müssen. Dies ist nicht zutreffend. Wenn ein Gericht der Sache nach über eine sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO belehrt, obwohl eine Belehrung nach § 181 GVG hätte erfolgen müssen, dann gelten auch die übrigen Voraussetzungen bezüglich des ausdrücklich genannten Rechtsmittels. Wenn ein Gericht also über eine sofortige Beschwerde belehrt, dann darf es dem Beschwerdeführer später nicht entgegenhalten, er hätte erkennen können und müssen, dass die Frist bereits mit Verkündung begann. Dies ergibt sich gerade aus der Rechtsmittelbelehrung nicht. Denn die sofortige Beschwerde knüpft für den Fristbeginn grundsätzlich an die Zustellung an.
Eine andere Betrachtung wäre allenfalls denkbar gewesen, wenn das Gericht ausdrücklich bei der Rechtsbehelfsbelehrung ausgeführt hätte, die Zweiwochenfrist beginne bereits mit Verkündung der Entscheidung. An einer solchen ausdrücklichen Erklärung fehlt es jedoch.
Angesichts dessen kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob ohnehin wegen § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG nach unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres möglich war beziehungsweise die Frist wegen § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO fünf Monate nach Verkündung des Beschlusses betrug. Es könnte viel dafür sprechen, dass § 9 Abs. 5 ArbGG auf die Frist des § 181 GVG Anwendung findet. Zwar handelt es sich bei der Beschwerde gemäß § 181 GVG um eine solche mit eigener, von den einzelnen Verfahrensordnungen unabhängiger Frist6. Andererseits gelten gemäß § 9 Abs. 2 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch die Vorschriften des GVG über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, mithin auch § 181 GVG. Dies spricht dafür, auf § 181 GVG als befristeten Rechtsbehelf auch § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG anzuwenden. Letztlich kann dies aber unentschieden bleiben. Denn bei Nichtanwendung des § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG wäre jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beschwerdeführer wäre gemäß § 233 ZPO ohne sein Verschulden verhindert gewesen, die Frist gemäß § 181 GVG einzuhalten. Dies ergibt sich daraus, dass das Arbeitsgericht ihn fehlerhaft über ein völlig anderes Rechtsmittel belehrt hat. Bei einer Belehrung über eine sofortige Beschwerde kann der Beschwerdeberechtigte darauf vertrauen, dass die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung des Beschlusses beginnt (§ 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Eine andere Betrachtung könnte allenfalls dann in Frage kommen, wenn die fehlerhafte Belehrung jedenfalls wenigstens deutlich darauf hingewiesen hätte, dass die Frist mit Verkündung beginnt. Einen solchen deutlichen Hinweis enthält die Belehrung des Arbeitsgerichts nicht.
Nur der Vollständigkeit halber soll darauf hingewiesen werden, dass die Belehrung auch die Angabe des Gerichts verlangt, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist. Dies erfordert die vollständige postalische Anschrift7; wegen § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch jene des Beschwerdegerichts. Auch dies fehlt im verkündeten Beschluss (lediglich Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, ohne Adresse).
Landesarbeitsgericht Schleswig -Holstein, Beschluss vom 20. September 2017 – 4 Ta 117/17
- Baumbach /Lauterbach /Albers /Hartmann, Zivilprozessordnung, 75. Auflage, § 181 GVG, Rn 1[↩]
- a. A. Kissel /Mayer, GVG, § 181, Rn 4 ab Zustellung[↩]
- Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 329, Rn 13[↩]
- Reichold in Thomas /Putzo, ZPO, 38. Auflage, § 329, Rn 4[↩]
- Germelmann /Matthes /Prütting, ArbGG, 9. Auflage, § 9, Rn 59[↩]
- Neff in Prütting /Gehrlein, ZPO, 9. Auflage, § 181 GVG, Rn 2[↩]
- Schwab/Weth, ArbGG, 4. Auflage, § 9, Rn 22[↩]