Ein Umgangsrecht mit dem Kind steht der Lebenspartnerin, die nicht die Mutter des in der Lebenspartnerschaft geborenen Kindes ist, nicht unter den Voraussetzungen von § 1684 BGB als Eltern, sondern nach § 1685 BGB zu.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte im vorliegenden Verfahren über das Umgangsrecht einer Lebenspartnerin mit dem Kind der anderen Lebenspartnerin zu entscheiden. Die Antragstellerin begehrte Umgang mit dem Kind. Das zuständige Amtsgericht hat den Antrag zutreffend abgelehnt mit der Begründung, ein Umgangsrecht der Antragstellerin diene nicht dem Kindeswohl im Sinne von § 1685 Abs. 2 BGB.
Grundsätzlich gehöre der Umgang mit einer Bezugsperson zwar zum Kindeswohl. Ein Ausschluss dürfe auch nur dann stattfinden, wenn konkrete Gefährdungsmomente festzustellen seien, weswegen vorliegend der Antragstellerin der Umgang nur dann versagt werden könne, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls zwingend geboten sei. Dies sei vorliegend jedoch der Fall. Das Gericht habe aus eigener Wahrnehmung in zwei Anhörungsterminen sowie aufgrund des Berichts des bestellten Verfahrensbeistandes, Frau S., die Überzeugung gewonnen, dass die Antragstellerin der Meinung sei, eigentlich die Mutter des Kindes zu sein, und dass das Kind an sich ihr gehöre. Diese Äußerungen ließen die Vermutung zu, dass die Antragstellerin die Abstammung des Kindes und seine leibliche Herkunft nicht respektiere, sondern vielmehr ablehne. Eine solche Ablehnung schade dem Kind in hohem Maße. Ein Umgangsrecht sei auch deswegen nicht förderlich, weil zwischen den beteiligten Lebenspartnerinnen eine extrem angespannte Situation herrsche, die sich in verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen äußere. Hiervon habe das Gericht sich in den beiden Terminen einen äußerst lebhaften Eindruck verschafft. Der Verfahrensbeistand habe darüber hinaus ausgeführt, die Antragstellerin habe bei einem begleiteten Umgangstermin versucht, Y. mit materiellen Angeboten und dem Erinnern an Spielsachen und Tieren zu ködern. Sie habe Y. versichert, dass er „bald wieder nach Hause“ komme. Insgesamt sei bei einem derart extrem konfliktbehafteten Verhältnis der beiden Beteiligten ein Umgang des Kindes mit beiden Beteiligten gleichsam ein Gang durch ein Minenfeld, weil Y. die jeweils ablehnende Haltung des einen Beteiligten gegenüber dem anderen Beteiligten kenne. Die Antragstellerin stelle den Aufenthaltsort des Kindes in Frage. Sie mache insgesamt einen Besitzanspruch an Y. geltend. Dies schade dem Wohl des Kindes sehr. So lange nicht eindeutig zu erkennen sei, dass sowohl der Aufenthalt als auch Sorgerecht des alleinsorgeberechtigten Elternteils respektiert werden, könne kein Umgang stattfinden. Dem Kindeswohl dienlich sei ein Umgang erst, wenn dem Kind klar sei, dass es sich emotional an den alleinsorgeberechtigten Elternteil gewöhnen darf und kann.
Dagegen führte die Antragstellerin aus, die Regelung des Umgangs habe nicht gemäß § 1685 BGB, sondern gemäß § 1684 BGB zu erfolgen. Denn die Antragstellerin sei für das Kind Y. Elternteil im Sinne dieser Vorschrift. Y. sei in eine Lebenspartnerschaft hinein geboren worden. Y. sei daher Kind der Lebenspartnerinnen, also auch der Antragstellerin. In § 1684 BGB könne es nicht darauf ankommen, ob die Eltern des Kindes gleichen oder verschiedenen Geschlechts seien. Wären die beteiligten Lebenspartnerinnen bei der Geburt nicht verpartnert, sondern verheiratet gewesen, wäre die Antragstellerin automatisch rechtlich Elternteil von Y. geworden. Dies müsse auch im Fall der Lebenspartnerschaft gelten. Der biologische Vater spiele im Leben Y.s keine Rolle. Y. habe stattdessen eine Mami und eine Mama. Als solche seien die Beteiligten eine Familie gewesen. Diese gelebte Familie stehe gem. Art. 6 GG unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Amtsgericht und Verfahrensbeistand hätten insoweit die Realität gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften verkannt. Es komme nicht darauf an, dass Y. möglichst seine leibliche Eltern kennenlerne und sich mit ihnen identifiziere, wenn der Vater im Leben von Y. keine Rolle spiele. Vielmehr habe Y. ein Recht auf Kenntnis nicht nur seiner biologischen, sondern auch seiner sozialen Herkunft.
Wogegen die Antragsgegnerin ausführte, dass der Vater, anders als im Fall einer anonymen Samenspende, durchaus bekannt sei. Er heiße D. Y. habe regelmäßig einmal im Monat am Wochenende Kontakt mit ihm. Die Elternteile im Sinne von § 1684 BGB seien für Y. somit mit der Antragsgegnerin und D. belegt. Die Antragstellerin sei weder Mutter noch Vater. Angesichts der dargestellten konkreten Gefährdungsmomente diene Umgang dem Kindeswohl nicht.
Nach Meinung des Oberlandesgerichts besteht gemäß § 1685 BGB ein Recht auf Umgang nur dann, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB besteht grundsätzlich ein Recht zum Umgang, das gemäß § 1684 Abs. 4 BGB nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, was nur anzunehmen ist, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre, § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB.
Das Amtsgericht hat erkannt, dass das Umgangsrecht der Antragstellerin aus § 1685 BGB folgt, und festgestellt, dass ein Umgang der Antragstellerin mit Y. derzeit nicht dem Kindeswohl dient. Es bedurfte somit keiner Entscheidung, ob Umgang der Antragstellerin mit Y. das Kindeswohl gefährden würde; die Stellungnahme des Verfahrensbeistandes legt dies indes ansatzweise nahe. Hierauf komme es jedoch auch nach Ansicht des Senats im Ergebnis nicht an. Denn das Amtsgericht hat den Umgangsanspruch der Antragstellerin zu Recht gemäß § 1685 BGB beurteilt und hierauf aufbauend zutreffend festgestellt, dass Umgang der Antragstellerin mit Y. dem Kindeswohl nicht dient1.
§ 1684 BGB gilt nach seinem Wortlaut zunächst für Eltern, das heißt für Mutter und Vater eines Kindes. Mutter eines Kindes ist gemäß § 1591 BGB die Frau, die es geboren hat. Vater eines Kindes ist gemäß § 1592 BGB immer ein Mann. Die Antragstellerin ist vorliegend weder Mutter noch Vater. Andere Personen als die Eltern fallen nicht unter § 1684 BGB2. § 1684 BGB ist auf die vorliegende Konstellation auch nicht analog anzuwenden.
Allerdings ist der Antragstellerin insoweit Recht zu geben, als im Fall der Lebenspartnerschaft, in die ein Kind hineingeboren wurde, eine der Ehe ähnliche Situation vorliegt. Lebenspartnerinnen und Kind leben als Familie zusammen. Diese Familie unterliegt dem Schutz des Artikel 6 Abs. 1 GG. Das Kind begründet in dieser Familie seine soziale Herkunft. Wären die Lebenspartnerinnen nicht gleichen Geschlechts, hätten sie die Möglichkeit, die Ehe zu schließen und bei der Geburt des Kindes gemäß §§ 1591, 1592 Nr. 1 BGB automatisch Eltern zu werden. Im Fall der Ehe kann die Konstellation eintreten, dass ein Ehegatte gem. § 1592 Nr. 1 BGB als Vater (Elternteil) vermutet wird, ohne biologischer Vater zu sein, und ein biologischer Vater in seinem Elternrecht von einem rechtlichen Vater verdrängt wird; für diese Konstellation hat das BVerfG entschieden, dass das Umgangsrecht aus § 1684 BGB dem rechtlichen Vater zusteht, und dem biologischen Vater lediglich ein Umgangsrecht aus § 1685 BGB zukommt. Diesen Vorrang des in einer rechtlich geschützten Bindung stehenden Partners vor einer biologischen Verbindung zu einem Kind will die Antragstellerin auf die Lebenspartnerschaft übertragen wissen.
Eine analoge Anwendung der Vorschrift ist gleichwohl nicht möglich, weil eine Regelungslücke nicht vorliegt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, Lebenspartnerinnen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Geburt eines Kindes automatisch gemeinsame Eltern zu werden. In § 9 Abs. 7 LPartG hat der Gesetzgeber stattdessen die Möglichkeit der Stiefkindadoption geschaffen, um die Elternschaft der Lebenspartnerinnen herbeizuführen. Er hat sich damit bewusst gegen eine automatische Elternschaft entschieden. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht3 ausgeführt: „Lebenspartner haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit rechtlichen oder leiblichen Vätern eines Kindes hinsichtlich der Eintragung in die Geburtsurkunde des Kindes. Insoweit unterscheiden sich die Vergleichsgruppen, da aufgrund einer tatsächlich-biologischen oder einer rechtlichen Vaterschaft zwischen den Vätern und den Kindern eine Rechtsbeziehung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten besteht, während dies bei Lebenspartnern nicht der Fall ist, sofern sie das Kind nicht adoptiert haben. Dass bei Lebenspartnern anders als bei Ehegatten nicht gesetzlich vermutet wird, der Partner der Mutter sei der andere Elternteil des Kindes, stellt keine Ungleichbehandlung dar. Denn diese Vermutung beruht auf der biologischen Herkunft des Kindes und ist bei Lebenspartnern nicht begründet.“
Die Möglichkeit der Stiefkindadoption, d.h. quasi der „gewillkürten Elternschaft“, stellt auch nach Ansicht des Senats die geeignete Antwort auf die Tatsache dar, dass Lebenspartnerinnen aus biologischen Gründen niemals beide biologische Elternteile eines Kindes sein können. Die Einschaltung eines „rechtlichen Schritts“ (Stiefkindadoption) zur Erlangung der Elternschaft ist daher sachgerecht. Ein Missverhältnis zu der Entscheidung des Gesetzgebers in § 1592 Nr. 1 BGB, wonach der Ehemann der Mutter als Vater vermutet wird, also ein Mann ohne gesonderten „rechtlichen Schritt“ Elternteil werden kann, auch wenn er möglicherweise nicht der biologische Vater ist, liegt nicht vor. Die unterschiedliche Behandlung ist deswegen gerechtfertigt, weil im Fall der Lebenspartnerschaft die Elternschaft des anderen Lebenspartners unmöglich ist, während im Fall der Vermutung des Ehemannes als Vater in aller Regel zu einem Zusammentreffen von biologischer und rechtlicher Elternschaft führt4.
Der Gesetzgeber hat auch bewusst darauf verzichtet, Lebenspartnerinnen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Geburt eines Kindes automatisch die gemeinsame elterliche Sorge zu erlangen. Bis zur Stiefkindadoption gemäß § 9 Abs. 7 LPartG hat der andere Lebenspartner gemäß § 9 Abs. 1 LPartG die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. Eine Lücke in dem Sinne, der Gesetzgeber könnte stattdessen für diese Konstellation die gemeinsame elterliche Sorge vorgesehen haben, liegt danach nicht vor.
Diese gesetzgeberischen Entscheidungen verbieten eine Gleichstellung der Lebenspartnerin einer biologischen Mutter mit einem Vater bzw. einem Elternteil. § 1684 BGB knüpft an die Elternschaft an, die grundsätzlich von der biologischen Elternschaft abhängt (s.o.) Für eine lediglich an die soziale Herkunft anknüpfende Situation ist § 1685 BGB passgenauer. Diese Vorschrift gilt ausdrücklich und gerade für soziale Bezugspersonen. Hinsichtlich der Beziehung zu einem biologisch nicht verwandten Kind ist die Situation der Lebenspartnerschaft weniger mit der Ehe, aus der ein gemeinsames Kind hervorgegangen ist, vergleichbar, als mit der Situation einer Ehe, in die ein Ehegatte ein Kind aus einer früheren Beziehung einbringt oder in die ein Kind aus einer außerehelichen Beziehung geboren wird, dessen Vaterschaft der andere Ehegatte erfolgreich anficht. In diesem Fall wird eine Elternschaft des anderen Ehegatten nicht begründet. Auch in dieser Konstellation hat der andere Ehegatte ebenfalls nur gemäß § 1687 b BGB die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. Der Gleichlauf dieser Vorschrift zu § 9 Abs. 1 LPartG ist offensichtlich. Es ist nicht plausibel, warum Lebenspartnerinnen im Vergleich hierzu eine stärkere Rechtsstellung erhalten sollten. Insbesondere auch der o.g. Gedanke, dass auch im Fall der Ehe eine rechtlich geschützte Bindung Vorrang vor einer biologischen Bindung erhalten kann, greift im Ergebnis nicht durch. Denn im Fall der Ehe spricht eine so hohe statistische Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Vermutung gem. § 1592 Abs. 1 BGB, dass ein regelmäßiger Schluss von der rechtlichen Verbindung auf die biologische Elternschaft naheliegt, während im Fall der Lebenspartnerschaft die Richtigkeit dieser Vermutung ausgeschlossen ist. Es liegt daher nahe, die Lebenspartnerschaft so zu behandeln wie die Fälle, in denen die Vermutung gem. § 1592 Nr. 1 BGB nicht zutrifft. Das sind die o.g. Fälle einer Ehe mit einem Kind, das nur einer der Ehegatten einbringt.
Insgesamt hat das Amtsgericht somit zu Recht gemäß § 1685 BGB festgestellt, dass Umgang der Antragstellerin mit Y. nicht dem Kindeswohl dient. Auf die Frage, ob der Vater in Y.s Leben präsent ist, kommt es daneben nicht an. Sofern der Vortrag zutrifft, wäre er jedoch geeignet, die Entscheidung noch eindeutiger zu Lasten der Antragstellerin zu beeinflussen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluß vom 16. November 2010 – 5 UF 217/10