Die Anknüpfung der Gewährung von Kurzarbeitergeld an das Vorhandensein eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung im Inland verstößt hinsichtlich eines im EU-Ausland ansässigen Unternehmens weder gegen das Grundgesetz noch gegen das Recht der Europäischen Union. Für Gewährung von Kurzarbeitergeld ist eine innerstaatliche fiktive Betriebsstätte als Niederlassung nicht ausreichend.

So hat das Bayerische Landessozialgericht in dem hier vorliegenden Eilverfahren entschieden und die Gewährung von Kurzarbeitergeld verweigert. Gleichzeitig ist damit die Entscheidung des Sozialgerichts München bestätigt worden.
Den Antrag hat eine Firma gestellt, die in Deutschland ca. 350 Flugbegleiter beschäftigt, die als Leiharbeitnehmer in Fluglinien eines internationalen Luftfahrtkonzerns zum Einsatz kommen. Nachdem die Finanzkontrolle Schwarzarbeit die fehlende Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beanstandet hatte, hat die Antragstellerin betont, in Deutschland keine Niederlassung zu unterhalten. Bereits im Frühjahr 2019 hatte die Antragstellerin im Rahmen einer Stilllegung und dauerhaften Einschränkung von inländischen Stationierungsstandorten mit der Gewerkschaft Ver.di einen Sozialplan beschlossen. Ende März dieses Jahres erstattete die Antragstellerin – nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“, das die erheblichen Auswirkungen der Corona-Pandemie abfedern soll – bei der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken Anzeige über Arbeitsausfall. Der beantragte Anerkennungsbescheid wurde abgelehnt, über den Widerspruch der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden. Zudem erstattete sie Ende April bei der Bundesagentur für Arbeit in München unter Verwendung derselben Betriebsnummer wie in Saarbrücken erneut eine Anzeige über Arbeitsausfall, über die noch nicht entschieden ist.
Das Leiharbeitsunternehmen hat einen Antrag auf Eilrechtsschutz vor dem Sozialgericht München beantragt, die Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung eines Anerkennungsbescheides zu verpflichten. Nachdem das Sozialgericht München den Antrag abgelehnt hatte, ist das Ziel mit der Beschwerde weiter verfolgt worden.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Bayerische Landessozialgericht ausführlich erklärt, dass die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld an im Inland befristet beschäftigtes Flugpersonal, welches von einem im EU-Ausland ansässigen Leiharbeits-Unternehmen zum Arbeitseinsatz an Flugverkehrsgesellschaften im Inland überlassen wird, nicht erfüllt seien, wenn hierfür im Inland keine gefestigten betrieblichen Strukturen vorhanden sind. Die Anknüpfung der Gewährung von Kurzarbeitergeld an das Vorhandensein eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung im Inland verstoße (auch) hinsichtlich eines im EU-Ausland ansässigen Unternehmens weder gegen das Grundgesetz noch gegen das Recht der Europäischen Union.
Darüber hinaus sei in Anbetracht des bereits im Jahr 2019 verabschiedeten Sozialplans fraglich, inwieweit die Arbeitsplätze nicht bereits unabhängig von den Auswirkungen der Corona-Pandemie bedroht seien. Kurzarbeitergeld diene nach der Zielsetzung des Gesetzgebers der Erhaltung von Arbeitsplätzen und sei nicht vorgesehen für Arbeitsplätze, deren Wegfall bereits geplant ist.
Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 4. Juni 2020 – L 9 AL 61/20 B ER