Aufwendungen für Fahrten des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte dürfen den Gewinn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0, 03 % des inländischen Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 oder Absatz 2 EStG ergebenden Betrag (sog. Entfernungspauschale) nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG (Fahrtenbuchmethode), so treten an die Stelle des mit 0,03 % des inländischen Listenpreises je Entfernungskilometer ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen.

Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist der Ort, an dem ein selbständig Tätiger seine Leistung gegenüber den Kunden erbringt. Der Begriff der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist somit weiter als der in § 12 AO, der eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über die von ihm genutzte Einrichtung voraussetzt. Danach sind z.B. Unterrichtsräume in öffentlichen Schulen und Kindergärten, in denen ein selbständiger Lehrer seine Leistungen gegenüber Kunden erbringt, Betriebsstätten i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG [1]. An dieser ‑von § 12 AO abweichenden- Definition der Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist ungeachtet der neueren Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs zu dem in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (i.d.F. bis 2013) verwendeten Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte festzuhalten, denn das vom VI. Bundesfinanzhof für Zwecke der Besteuerung von Arbeitnehmern entwickelte Differenzierungskriterium [2], ob deren Arbeitgeber bei dem Kunden, in dessen Räumen der Arbeitnehmer tätig sei, eine eigene Betriebsstätte unterhalte oder nicht, kann auf die Gewinneinkünfte nicht übertragen werden [3].
Die von dem Selbständigen ‑wie bereits in den Vorjahren- an fast allen Arbeitstagen aufgesuchten Räume des Kunden waren mithin Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG, ohne dass es z.B. darauf ankäme, ob dem Selbständigen dort ein eigener Raum zugewiesen war und er diesen aus eigenem Recht nutzte.
Aus der mit der Begrenzung des Fahrtkostenabzugs in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG angestrebten Gleichbehandlung des Betriebsausgabenabzugs von Selbständigen mit dem entsprechenden Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern folgt, dass die für Arbeitnehmer geltenden Ausnahmen von den Abzugsbeschränkungen der Fahrtkosten bei gleich liegenden Sachverhalten grundsätzlich auf selbständig Tätige zu übertragen sind. Der Bundesfinanzhof hat daher in seinem Urteil in BFHE 248, 1, BStBl II 2015, 323 die Fahrten einer selbständigen Musiklehrerin nicht der Abzugsbegrenzung unterworfen, weil sie an mehreren Schulen unterrichtete und dies der Situation eines Arbeitnehmers mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten entsprach, bei dem keiner dieser Stätten eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommt. Eine derartige Ausnahmesituation ist beim Kläger, der stets in denselben Räumen tätig wurde, jedoch nicht gegeben.
Auch durch ein häusliches Arbeitszimmer entfiele dadurch nicht die Begrenzung der Fahrtkosten zwischen B und A, weil der Selbständige in der Dachgeschosswohnung keine Betriebsstätte unterhielt und daher insoweit nicht anstelle von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten zurücklegte. Denn der Arbeitsplatz eines Gewerbetreibenden oder sonstigen Selbständigen ist keine Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG, wenn er einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses bildet. Dies trifft nicht nur dann zu, wenn der Arbeitsplatz von der übrigen Wohnung nicht baulich getrennt und keine in sich geschlossene Einheit ist [4], sondern auch dann, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume ‑wie hier- in einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen genutzten Zweifamilienhaus befinden und zwischen ihnen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche liegt [5].
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Mai 2015 – III R 59/13
- BFH, Urteil vom 23.10.2014 – III R 19/13, BFHE 248, 1, BStBl II 2015, 323[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822[↩]
- BFH, Urteil vom 22.10.2014 – X R 13/13, BFHE 247, 555, BStBl II 2015, 273[↩]
- BFH, Urteil vom 15.07.1986 – VIII R 134/83, BFHE 147, 169, BStBl II 1986, 744[↩]
- BFH, Urteil vom 15.01.2013 – VIII R 7/10, BFHE 240, 121, BStBl II 2013, 374; BFH, Beschluss vom 26.06.2007 – V B 197/05, BFH/NV 2007, 1897[↩]