Eine vermögensverwaltend tätige Einheits-GmbH & Co. KG verliert ihre gewerbliche Prägung nicht dadurch, dass im Gesellschaftsvertrag Sonderregelungen zur Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte an der Komplementär-GmbH durch die Kommanditisten enthalten sind.

In einem jetzt vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall war die Einheitsgesellschft eine GmbH & Co. KG, deren Geschäftszweck die Verwaltung von Immobilien und sonstigen Vermögenswerten ist. Ihre drei Kommanditisten, die zugleich Anteilseigner der Komplementär-GmbH waren, brachten sämtliche GmbH-Anteile in die Einheitsgesellschft ein, so dass eine sog. Einheits-GmbH & Co. KG entstand. Im zeitgleich neu gefassten Gesellschaftsvertrag wurde geregelt, dass zwar die GmbH zur Geschäftsführung und Vertretung der Einheitsgesellschft berufen war. Soweit es jedoch um die Wahrnehmung der Rechte aus den Gesellschaftsanteilen an der GmbH selbst geht, sollten abweichend hiervon die Kommanditisten die Geschäftsführung und Vertretung übernehmen.
Das Finanzamt ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, dass die KG aufgrund der im geänderten Gesellschaftsvertrag enthaltenen Regelungen zur Geschäftsführung ihre gewerbliche Prägung verloren habe, was zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung stiller Reserven führe. Der hiergegen erhobenen Klagen gab nun das Finanzgericht Münster vollumfänglich statt:
Zwar übe die KG keine originär gewerbliche Tätigkeit aus, weil sie sich ausschließlich der Vermögensverwaltung widme. Allerdings gelte ihre Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb, weil es sich bei der einzigen persönlich haftenden Gesellschafterin um eine Kapitalgesellschaft handele und nur diese zur Geschäftsführung befugt sei. An dieser grundsätzlich bestehenden Geschäftsführungsbefugnis der Komplementärin ändere die Regelung im Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung durch die Kommanditisten nichts. Diese solle lediglich den bei einer Einheits-GmbH & Co. KG typischerweise auftretenden Konfliktfall, wer zur Wahrnehmung der Rechte an der Komplementärin befugt sein soll, lösen. Ohne eine derartige Sonderregelung könne die KG unter Umständen handlungsunfähig werden.
Die Einheitsgesellschft erzielt keine originär gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG. Ihr Gesellschaftszweck erschöpft sich in der Vermögensverwaltung.
Die Einheitsgesellschaft ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Danach gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind.
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist ersichtlich und zu Recht zwischen den Beteiligten außer Streit. Persönlich haftende Gesellschafterin der Einheitsgesellschft ist ausweislich der Vertragswerke in Übereinstimmung mit den Handelsregistereintragungen die GmbH, mithin eine Kapitalgesellschaft. Nur diese ist auch zur Geschäftsführung befugt. Dies ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag. Danach ist zur Vertretung und zur Geschäftsführung der Einheitsgesellschft die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt und verpflichtet, d. h. die GmbH.
Bei der Frage der Geschäftsführung kann nicht auf das Außenverhältnis abgestellt werden. Insoweit ist immer die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin zur Vertretung berechtigt und verpflichtet. Die Geschäftsführungsbefugnis i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG richtet den Blick vielmehr auf das Innenverhältnis. So können abweichend vom Regelstatut Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden [1]. Diese Regelung des Gesellschaftsvertrages führt zur Annahme einer organschaftlichen Befugnis zur Geschäftsführung, was nicht zu beanstanden ist [2].
Es bedarf aber nicht derartiger Konstruktionen, da entgegen der Auffassung des Finanzamtes die neue Regelung des Gesellschaftsvertrages an der grundsätzlichen Geschäftsführungsbefugnis der E‑GmbH innerhalb der Einheitsgesellschft nichts ändert. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Überschrift und Inhalt trifft diese Regelung des Gesellschaftsvertrages nur Sonderregelungen für den Fall, der insbesondere wegen der § 47 Abs. 4 und § 46 Nr. 5 des GmbH-Gesetzes gerade bei der Einheitsgesellschaft problematisch ist, nämlich der Wahrnehmung der Rechte an der Komplementärin, wie sein Abs. 1 auch klar zum Ausdruck bringt.
Erfasst sind von dieser Klausel allein die Beschlüsse, die die Geschäftsführung in der GmbH betreffen. Diese Bestimmung des Gesellschaftsvertrages hat nach Auffassung des Finanzgerichts Münster allein die Funktion, die Willensbildung in der GmbH auch in dem für eine Einheits-GmbH & Co. KG typischen Konfliktfall zu organisieren und einen ordentlichen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Diese Willensbildung führt nicht zur Geschäftsführung der Kommanditisten in der KG – diese bleibt weiterhin bei der GmbH –, vielmehr setzt die GmbH den nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages gebildeten Willen in der KG geschäftsführend um. Werden solche Regelungen nicht getroffen, könnte die GmbH & Co. KG handlungsunfähig werden oder die gerichtliche Durchsetzung von Beschlüssen notwendig werden, die zu nicht mehr kalkulierbaren Situationen für die Gesellschaft führen können [3]. Die Ersatzzuständigkeit der Kommanditisten verhindert also für eine Einheits-GmbH & Co. KG im Ergebnis nicht hinnehmbare Komplikationen.
Hier bestehen Parallelen zu einem ebenfalls denkbaren gesonderten, aber personenidentischen Gesellschafterausschuss der Kommanditisten. Die neu getroffene Bestimmung des Gesellschaftsvertrages kann auch als in das KG-Vertragswerk hineingezogene Satzungsbestimmung der Komplementärin verstanden werden. Diese Regelung ist nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf die Einheits-GmbH & Co. KG übertragbar. Für diese bleibt es bei der allgemeinen Regelung des Gesellschaftsvertrages. Die vom Finanzamt aufgeworfenen Probleme stellen sich nach Überzeugung und Auslegung des Finanzgerichts Münster nicht. Das Finanzgericht kann sich für diese Sach- und Rechtslage nicht der Auffassung des Finanzamtes anschließen, dass als angemessen und rechtlich einwandfrei lediglich eine gesellschaftsvertragliche Vollmachtserteilung an die Kommanditisten angesehen werden könnte. Die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages führt zu keiner anderen Beurteilung.
Daraus folgt, dass eine Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 EStG nicht vorliegt und in der Folgezeit weiterhin gewerbliche Einkünfte anfallen. Diese sind gesondert und einheitlich festzustellen.
Finanzgericht Münster, Urteile vom 28. August 2014 – 3 K 743/13 F [4] [5]
- vgl. Reiß in Kirchhof, EStG, 2014, § 15 Rz 141 mit weiteren Nachweisen[↩]
- BFH, Urteil vom 23.02.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.07.2007 – II ZR 109/06, DB 2007, 1916 mit Anmerkungen von Gehrlein, BB 2007, 1515; Kort, EWiR 2007, 689; Werner, GmbHR 2007, 1035; s. auch Carlé, GmbHR 2001, 100; Werner, DStR 2006, 706; Karsten Schmidt, Festschrift Westermann, 2008, S. 1425[↩]
- vgl. auch FG Münster, Urteile vom 28.08.2014 – 3 K 744/13 F und 3 K 745/13 F[↩]
- nicht rechtskräftig – Revision eingelegt beim BFH – IV R 42/14[↩]