Aufwendungen einer erstmaligen Berufsausbildung können als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. § 12 Nr. 5 EStG lässt ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt.

Allein die Möglichkeit, dass diese Berufstätigkeit später auch im Ausland ausgeübt werden könnte, begründet noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 1 1. Halbsatz EStG zwischen den Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften.
Anlass für diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs war die Klage eines angehenden Piloten, der die Kosten seiner Pilotenausbildung als Werbungskosten anerkannt wissen wollte:
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG1 liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden2. Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern3.
Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen4.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs5 kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.
Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Bundesfinanzhof schon früher entschieden hatte5, steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, „wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind“.
Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 20046. Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, „wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind“. Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug7. Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.
Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom BFH schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist8, sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.
Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als „in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist“. § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt9. § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits wie dargelegt- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.
Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise, PKW- oder Telefonkosten10. Der Bundesfinanzhof5 hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre11. Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit10.
In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.
Das Finanzamt und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht12 erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.
Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG12 sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs13, welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine nach abgebrochenem Studium- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre so die Begründung- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.
Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt14.
Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale15 die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.
Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers16 wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits17.
Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007- von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht9. Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art.20 Abs. 3 GG hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.
Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der Bundesfinanzhof nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18.Juni 200918 vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG19 entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.
Ein Veranlassungszusammenhang zwischen vorweggenommenen Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und nachfolgender Berufstätigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn die Ausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist20. Dementsprechend ist auch das Finanzgericht hier zu Recht davon ausgegangen, dass die Aufwendungen des Klägers durch dessen künftige Berufstätigkeit veranlasst und insoweit auch die Voraussetzungen des Werbungskostenbegriffs (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) erfüllt sind. Denn zwischen den Aufwendungen, die dem Kläger für seine Pilotenausbildung entstanden waren, und seiner nachfolgenden beruflichen Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer besteht offenkundig ein solcher Veranlassungszusammenhang.
Der beantragten Verlustfeststellung steht § 3c Abs. 1 1. Halbsatz EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht entgegen. Denn danach dürfen zwar Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Allerdings ergibt sich aus dem Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs, dass nur solche Aufwendungen vom Abzug ausgeschlossen sind, die nach ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, d.h. ohne diese nicht angefallen wären21. Entsprechend dem Regelungszweck des § 3c EStG, eine doppelte Begünstigung von Steuerpflichtigen durch die steuerliche Freistellung von Bezügen einerseits und den Abzug von Werbungskosten andererseits zu vermeiden, setzt die Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG voraus, dass Bezüge und Aufwendungen konkret einander zuzuordnen sind. Dies erfordert zwar keinen finalen Zusammenhang zwischen Ausgaben und Einnahmen, verlangt aber doch, dass sie zueinander in einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung stehen22.
Auf dieser Grundlage hat die Rechtsprechung etwa zwischen den Aufwendungen für einen Umzug in das Ausland und der dort beabsichtigten Einkünfteerzielung ebenso einen solchen unmittelbaren Zusammenhang angenommen23 wie zwischen Aufwendungen für die Berufsausübung als Bürgermeister und den dafür erhaltenen steuerfreien Dienstaufwandsentschädigungen24. Andererseits hat der BFH etwa einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 1 EStG selbst für den Fall verneint, dass Aufwendungen für einen Lehrgangsbesuch im Hinblick auf einen geplanten Auslandseinsatz entstanden waren und für den Auslandseinsatz eine nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfreie Auslandszulage gezahlt werden sollte25.
Danach liegt im Streitfall kein solcher unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen des Klägers für seine Ausbildung als Berufspilot und der danach zeitweise im Ausland ausgeübten Berufstätigkeit vor. Denn insoweit mangelt es im Sinne der Rechtsprechung des BFH an einem unlösbaren Zusammenhang zwischen Aufwendungen und steuerfreien Einnahmen. Wenn Aufwendungen für eine künftige Berufsausübung getätigt werden, begründet allein die Möglichkeit, dass diese Berufstätigkeit später teilweise auch im Ausland ausgeübt werden könnte, noch keinen solchen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Ausgaben für die Berufsausbildung und später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften. In solchen Fällen fehlt es noch an einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung zwischen Aufwendungen und künftigen Einnahmen. Denn die Aufwendungen stehen nach ihrer Entstehung und Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen insbesondere nicht in einem solchen unlösbaren Zusammenhang, dass sie ohne diese nicht angefallen wären. Zutreffend hat insoweit deshalb schon das Finanzgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger die Aufwendungen nicht im Hinblick auf die konkrete Anstellung in der Türkei, sondern zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation getätigt habe.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Juli 2011 – VI R 5/10
- BFH, Urteil vom 04.03.1986 – VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373[↩]
- BVerfG, Urteil vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672[↩]
- BFH, Urteile vom 04.12.2002 – VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17.12.2002 – VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 18.04.1996 – VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19.04.1996 – VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407[↩][↩][↩]
- BGBl I 2004, 1753[↩]
- vgl. zuletzt BFH, Entscheidung vom 18.06.2009 – VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.[↩]
- dazu BFH, Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816[↩]
- BVerfG, Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.01.[↩][↩]
- BFH, Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672[↩][↩]
- so zuletzt BFH, Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.[↩]
- BT-Drucks 15/3339, S. 10 f.[↩][↩]
- BFH, Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27.05.2003 – VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884[↩]
- BT-Drucks 15/3339, S. 11[↩]
- BVerfG, Urteil in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 StändG 2007- vom 19.07.2006, BGBl – I 2006, 1652[↩]
- BVerfG, Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.04.[↩]
- BVerfG, Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.03.c, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 18.06.2009, in BFHE 225, 393, BStBl II 2010; und VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.[↩]
- BT-Drucks 15/3339, S. 10[↩]
- siehe dazu BFH, Entscheidungen vom 20.07.2006 – VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; in BFH/NV 2009, 1797[↩]
- BFH, Urteile vom 26.03.2002 – VI R 26/00, BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823; vom 11.02.1993 – VI R 66/91, BFHE 170, 392, BStBl II 1993, 450; jeweils m.w.N.[↩]
- in BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 20.09.2006 – I R 59/05, BFHE 215, 130, BStBl II 2007, 756; vom 06.10.1993 – I R 32/93, BFHE 172, 385, BStBl II 1994, 113[↩]
- BFH, Urteil vom 09.06.1989 – VI R 33/86, BFHE 157, 526, BStBl II 1990, 119[↩]
- BFH, Urteil vom 28.10.1994 – VI R 70/94, BFH/NV 1995, 505[↩]