Schuldzinsen können auch dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vom einbringenden Gesellschafter ein ursprünglich privat veranlasstes Darlehen als Gegenleistung für das von ihm eingebrachte Grundstück übernimmt. Die Schuldübernahme führt bei der Gesellschaft zu Anschaffungskosten.

In hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall gründeten Eheleute eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Ehemann zu 10% und die Ehefrau zu 90% beteiligt war. Der Ehemann brachte sein vermietetes Mehrfamilienhaus in die GbR ein. Im Gegenzug übernahm die GbR u.a. die Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus Darlehen, die der Ehemann ursprünglich zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses aufgenommen hatte.
Das Finanzgericht hatte einen Gestaltungsmissbrauch angenommen und den Abzug der Schuldzinsen nicht zugelassen, weil privat veranlasste Aufwendungen in den steuerlichen Bereich verlagert worden seien. Der Bundesfinanzhof beurteilte dies jedoch anders:
Bei einer GbR werden die Wirtschaftsgüter, mithin auch Grundstück und Darlehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Das bedeutet, dass die Ehefrau das Vermietungsobjekt zu 90% angeschafft hat, und zwar gegen Übernahme einer fremden Schuld in gleicher Höhe. Da der Grund für die Schuldübernahme im steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Einkünfteerzielung (Vermietung) liegt, ist diese Gestaltung nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es geht nicht um eine Verlagerung von privat veranlassten Aufwendungen, sondern um eine Überlagerung des zunächst aus privaten Gründen aufgenommenen und verwendeten Darlehens durch einen neuen, nunmehr steuerrechtlich beachtlichen Veranlassungszusammenhang.
Wird ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften eingebracht, so liegen Anschaffungsvorgänge insoweit vor, als sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöht haben.
Zu Anschaffungskosten führt auch die Übernahme einer Verbindlichkeit, die die Personengesellschaft als Gegenleistung von dem einbringenden Gesellschafter übernimmt, und zwar auch dann, wenn die Verbindlichkeit ursprünglich aufgenommen wurde, um ein privat genutztes Gebäude damit zu finanzieren.
Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Sie müssen also mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden1. Unter diesen Voraussetzungen können auch Schuldzinsen Werbungskosten sein (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, sondern im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG; BFH, Urteil vom 26.01.2011 – IX R 24/10, BFH/NV 2011, 1480). Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 des Handelsgesetzbuchs HGB-2. Anschaffungskosten, zu denen auch die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers gehört3, sind nach § 255 Abs. 1 HGB diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Erwerben bedeutet das Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht.
Wird ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften eingebracht, so liegen Anschaffungsvorgänge insoweit vor, als sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöht haben4.
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den im entschiedenen Fall geltend gemachten Aufwendungen um Werbungskosten. M hatte das vermietete Mehrfamilienhaus E-Straße 5 in die Klägerin eingebracht. Da an der Klägerin F zu 90 % beteiligt ist, ist ihr nach Einbringung auch das Grundstück gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zu 90 % zuzurechnen und es liegt ein Anschaffungsvorgang vor. Die Klägerin übernimmt im Zuge der Übernahme der Gesellschaftsrechte für die Übertragung des Grundstücks als Gegenleistung Verbindlichkeiten, aus denen bis dahin allein M verpflichtet war. Da auch insoweit die Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zu beurteilen ist5, sind diese Verbindlichkeiten zu 90 % F zuzuordnen und für sie Anschaffungskosten.
Dies gilt auch für die Darlehen, um die es hier geht und die M zunächst aufgenommen hatte, um das privat genutzte Grundstück E‑Straße 5a zu finanzieren. Es kommt nicht darauf an, ob die Darlehen bei ihrer Aufnahme in den steuerrechtlich unerheblichen Bereich des Privatvermögens fielen, so dass Schuldzinsen daraus mangels Zusammenhangs mit einer Einkunftsart nicht abziehbar waren. Denn diese Verknüpfung hat sich mit der Übernahme der Verbindlichkeiten durch die Klägerin gelöst.
M war aufgrund der Darlehensverträge verpflichtet, den ihm darlehensweise zur Verfügung gestellten Geldbetrag zurückzuerstatten und die geschuldeten Zinsen zu zahlen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Werden diese Verpflichtungen wie im Streitfall- nach § 414 BGB mit der Folge eines Schuldnerwechsels übernommen (statt M schuldet nun die Klägerin Rückzahlung und Zinsen), so kommt es steuerrechtlich allein auf den Grund der Übernahme an. Liegt dieser im steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Einkünfteerzielung, so liegt dort auch der Zweck der übernommenen Verbindlichkeiten. Das ist nicht anders zu beurteilen als in den Fällen, in denen der Erwerber ein eigenes Darlehen aufnimmt, um damit die Verbindlichkeiten aus den Darlehen des Veräußerers abzulösen. So hätte die Klägerin ein (der F zu 90 % zurechenbares) Darlehen aufnehmen können, um damit die Verbindlichkeiten des M bei der Sparkasse abzulösen. Liegen hier unzweifelhaft Anschaffungskosten vor, so auch dann, wenn die Klägerin wie im Streitfall- Verbindlichkeiten des M übernimmt, gleichviel, ob diese Verbindlichkeiten bereits bei ihrer Aufnahme durch eine Einkunftsart veranlasst waren. Nun hängen sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zusammen, wurden sie doch übernommen, um das Grundstück E‑Straße 5 anzuschaffen, mit dem die Klägerin durch Vermieten Einkünfte erzielt.
In der Einbringung der Darlehen in die Klägerin liegt kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 AO.
Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel- unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll6.
M stand es frei, ob, wann und an wen er sein Grundstück veräußert. Als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks übernahm die Klägerin Verbindlichkeiten des M. Hierin liegt der wirtschaftlich beachtliche Grund. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Klägerin teilentgeltlich erwarb. Allein der Umstand des teilentgeltlichen Erwerbs führt nicht dazu, der Entgeltsabrede die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen, sondern gegebenenfalls wie auch hier von der Klägerin bereits erklärt- dazu, die Bemessungsgrundlage um den geschenkten Betrag zu kürzen7.
Nicht nachzuvollziehen vermag der BFH die Argumentation des Finanzgericht, da es sich „eh um einen teilentgeltlichen Erwerb“ handele, sei die Einbeziehung der Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse als Ausgleich für die Gegenleistung (des Grundstücks) weder zwingend noch erforderlich. Diese Aussage ist schon deshalb nicht recht verständlich, weil ohne die Übernahme der umstrittenen Verbindlichkeiten das Entgelt deutlich geringer ausfallen würde. Überdies bleibt es aus den Gründen zu b)) den Vertragsparteien überlassen, wie sie die Gegenleistung erbringen. Es geht entgegen der Auffassung des Finanzgericht- eben nicht um eine Verlagerung von privat veranlassten Aufwendungen auf die Klägerin, sondern um eine Überlagerung der Zwecksetzung des zunächst aus privaten Gründen aufgenommenen und verwendeten Darlehens durch einen neuen, nunmehr steuerrechtlich bedeutsamen (Veranlassungs-)Zusammenhang, indem die Klägerin das Darlehen als Gegenleistung übernimmt und es bei ihr zu Anschaffungskosten für ein von ihr erworbenes und der F zu 90 % zuordenbares Grundstück wird.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Oktober 2011 – IX R 15/11
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 20.12.1994 – IX R 122/92, BFHE 177, 50, BStBl II 1995, 534, und vom 18.12.2001 – IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904, m.w.N.[↩]
- vgl. Beschluss des Großen BFHs des BFH vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH, Urteil vom 13.12.2005 – IX R 24/03, BStBl II 2006, 461, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 06.09.2006 – IX R 25/06, BFHE 215, 465, BStBl II 2007, 265, m.w.N.[↩]
- s. BFH, Urteile vom 02.04.2008 – IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, und vom 06.10.2004 – IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324[↩]
- vgl. zur Zurechnung von Darlehen BFH, Urteil vom 25.05.2011 – IX R 25/10, BFH/NV 2011, 1677, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 07.12.2010 – IX R 40/09, BFHE 232, 1, BStBl II 2011, 427, und vom 29.05.2008 – IX R 77/06, BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789, m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 17.08.2005 – IX R 69/03, BFH/NV 2006, 489[↩]