Einzelveranlagung von Ehegatten – Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung

Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen.

Einzelveranlagung von Ehegatten – Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung

Gemäß § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Abweichend davon werden sie nach Satz 2 auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sind die Vorsorgeaufwendungen beider Ehegatten vor der Günstigerprüfung den jeweiligen Ehegatten hälftig zuzurechnen, erst im Anschluss ist die Günstigerprüfung bei jedem Ehegatten getrennt durchzuführen.

Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn das Wort „sie“ in Satz 2 bezieht sich auf die in Satz 1 genannten Aufwendungen und nicht auf die „Sonderausgaben…“ oder Abzugsbeträge1. Dem steht nicht entgegen, dass Satz 2 -anders als Satz 1- vom „Abziehen“ statt vom „Zurechnen“ spricht, da beide Worte im Kontext des § 26a EStG synonym verwendet werden.

Bestätigt wird dies auch durch die ebenfalls in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG in Bezug genommenen außergewöhnlichen Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Denn auch hier ist eine Aufteilung der Aufwendungen vorzunehmen.

Im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen ergibt sich dies aus § 33 Abs. 1 EStG. Denn § 33 Abs. 1 EStG definiert die außergewöhnliche Belastung als Aufwendungen, die noch nicht durch die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG gemindert sind. Wenn § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG den hälftigen Abzug von außergewöhnlichen Belastungen regelt, so muss das heißen, dass die Aufwendungen, die ein Ehegatte getragen hat, beim anderen zur Hälfte anzusetzen sind. Erst nach der Aufteilung wird unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) der abziehbare Betrag ermittelt.

Entsprechendes gilt für die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG. Hier kann nicht die Steuerermäßigung zur Hälfte abgezogen werden, abziehbar sind vielmehr Aufwendungen, die zur Steuerermäßigung führen; sie sind im Antragsfalle hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen.

Zu Unrecht meint das Finanzgericht, dass nur die Verteilung der Abzugsbeträge der vom Gesetzgeber gewollten Steuervereinfachung gerecht würde. Vielmehr erübrigt sich durch die hälftige Aufteilung der Aufwendungen die Prüfung, wer von beiden Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen hat.

Dem gefundenen Ergebnis steht auch nicht das Prinzip der Individualbesteuerung entgegen, wie das Finanzamt meint, denn § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar2.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. November 2019 – III R 11/18

  1. so auch ausdrücklich Bericht des Finanzausschusses in BT-Drs. 17/6146, S. 14[]
  2. Tormöhlen in Korn, § 26a EStG Rz 7.2; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26a EStG Rz 52; Schneider, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 26a Rz A17[]