Steuervergünstigung beim Verkauf eines Gartengrundstücks

Bei der Veräußerung eines unbebautes, bislang als Garten eines benachbarten Wohngrundstücks genutzten Grundstücks ist diese Veräußerung nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG privilegiert, wenn der Steuerpflichtige seine Wohnung nicht aufgibt.

Steuervergünstigung beim Verkauf eines Gartengrundstücks

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hat der Kläger die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfüllt, das der Besteuerung unterworfen ist. Ausgenommen von der Besteuerung sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Diese Voraussetzungen liegen bei dem veräußerten Grundstück nicht vor.

„Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ ist entgegen der Revision bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG so zu verstehen wie in § 10e EStG und in § 4 des Eigenheimzulagengesetzes1. Danach dient ein Wirtschaftsgut eigenen Wohnzwecken, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer angelegt bewohnt wird2. Dem entspricht der Zweck der gesetzlichen Freistellung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden3.

Kann nur in einer in einem Gebäude befindlichen Wohnung der Lebenssachverhalt stattfinden, den man gemeinhin als „Wohnen“ umschreibt, so mag auch der Grund und Boden mittelbar zu Wohnzwecken genutzt werden, wenn und soweit er zu einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude gehört4.

Zwar bildet der Grund und Boden ein selbständiges, vom (zu Wohnzwecken genutzten) Gebäude oder Gebäudeteil zu unterscheidendes Wirtschaftsgut. Zwischen dem Gebäude oder Gebäudeteil und dem Grund und Boden, auf dem es steht, besteht grundsätzlich auch kein Nutzungs- und Funktionszusammenhang5.

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Indes ist es vom Zweck des Gesetzes her geboten, wie bei § 10e Abs. 1 EStG den dazugehörenden Grund und Boden in die Begünstigung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG einzubeziehen. Denn regelmäßig umfasst die Veräußerung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsguts den anteiligen Grund und Boden. Soll die Besteuerung bei Aufgabe des Wohnsitzes vermieden werden, würde dieser Normzweck verfehlt und es würde der vom Gesetzgeber geförderten beruflichen Mobilität (durch Arbeitsplatzwechsel) entgegenwirken, wollte man den zugehörigen Grund und Boden abweichend vom zu Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsgut (regelmäßig das Gebäude oder das zu Wohnzwecken genutzte Gebäudeteil) der Besteuerung unterwerfen. Ein Umzug würde unter diesen Umständen – entgegen der gesetzlichen Intention – möglicherweise erschwert.

Wird durch diese am Normzweck orientierte Auslegung des Gesetzes auch der zum (selbstbewohnten) Wirtschaftsgut „dazugehörende Grund und Boden“ zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so ist dieser – normativ zu verstehende – einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen Wohnung und Grund und Boden6 nicht gegeben, wenn ein unbebautes Grundstück, welches – wie im Streitfall das Grundstück II – an das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Grundstück angrenzt (hier Grundstück I), zunächst als Garten genutzt und später veräußert wird7. Die als Ausnahme von der Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers (Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften) konstituierte Nichtsteuerbarkeit von zu Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsgütern muss, um gleichheitswidrige Ergebnisse zu vermeiden, streng anhand des normativen Lenkungs- und Förderzwecks legitimiert werden8. Veräußert der Steuerpflichtige das bisher als Garten genutzte Nachbargrundstück, während er auf dem anderen Grundstück wohnen bleibt, so ist der Normzweck der Steuerbegünstigung, einen Umzug insbesondere infolge eines Arbeitsplatzwechsels nicht zu erschweren, nicht erfüllt und die Veräußerung steuerbar. Es fehlt insoweit an einem nach den Wertungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gegebenen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und dem Grund und Boden des Nachbargrundstücks.

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Dabei mag offen bleiben, ob ein solcher Zusammenhang je bestand. Denkbar wäre nämlich auch, einen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang nur mit dem auf dem Nachbargrundstück betriebenen Garten9 anzunehmen (mit der Folge der Steuerbarkeit der Grundstücksveräußerung). Ob, wie und mit was man einen derartigen Zusammenhang bejahen könnte, kann dahinstehen; denn jedenfalls ist der Konnex mit dem zu eigenen Wohnzwecken nach wie vor genutzten Wirtschaftsgut mit der Veräußerung gelöst worden. Die in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG umschriebene zeitliche Voraussetzung10 bezieht sich nur auf das unmittelbar zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wirtschaftsgut.

Dadurch unterscheidet sich der von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG geforderte Nutzungs- und Funktionszusammenhang von Grund und Boden und bewohntem Gebäude von der Fallkonstellation, über die der Bundesfinanzhof11 entscheiden musste. Dort geht es nicht um einen vom Gesetzgeber geförderten Umzug, sondern um die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft qua Entnahmefiktion gemäß § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F., die sich auch auf den zur Wohnung dazugehörenden Grund und Boden bezieht. Wenn sich danach ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang des Grund und Bodens mit der begünstigten Wohnung nach den gegendüblichen Verhältnissen als landwirtschaftlicher Haus- und/oder Obstgarten im Entnahmezeitpunkt richtet und eine zukünftige andere Zweckbestimmung nicht erheblich ist, so ergibt sich dies aus der ratio legis der Übergangsregelung in § 52 Abs. 15 EStG a.F. Demgegenüber will das Gesetz mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG verhindern, dass durch die Veräußerungsgewinnbesteuerung ein Umzug erschwert wird.

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Wird ein unbebautes Grundstück, das an das Wohngrundstück angrenzt und das der Steuerpflichtige vor der Veräußerung als Garten mitbenutzt, veräußert, ohne dass es zu einer Aufgabe des Wohnsitzes kommt, ist die Veräußerung nach den oben aufgeführten Grundsätzen steuerbar. Es kommt deshalb nicht darauf an, inwieweit der Grund und Boden eines Wohngrundstücks überdies als „dazugehörender Grund und Boden“ in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsgut steht und damit von der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG umfasst wird12.

Nach diesen Maßstäben hat das FG zutreffend die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG abgelehnt und die Veräußerung des Grundstücks III der Besteuerung unterworfen. Dieses Grundstück war kein Wirtschaftsgut, das zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Die vom Kläger genutzte Wohnung befand sich auf dem Nachbargrundstück (Grundstück I). Der auf dem Grundstück stehende Pavillon ermöglichte es nicht, dort einen eigenständigen Haushalt zu führen. Das aus dem Grundstück II gebildete Grundstück III war auch nicht als dazugehörender Grund und Boden in die Begünstigung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG einbezogen. Es bestand kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung auf dem Grundstück I, und zwar jedenfalls dann nicht mehr, als die Wohnung nach der Veräußerung des Grundstücks III weiterhin wie bisher zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

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Da das Grundstück III schon in vollem Umfang nicht unter die Begünstigung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zu subsumieren ist, kommt es hier nicht darauf an, welche Auswirkungen es hat, dass das auf dem Grundstück I befindliche Gebäude nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern auch als Maklerbüro genutzt wurde.

  1. BFH, Urteil vom 18.01.2006 – IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; so auch die einhellige Auffassung im Schrifttum, vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 23 Rz 18; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 51; Kube in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 23 Rz 6, m.w.N.; Wernsmann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 46; BMF, Schreiben vom 05.10.2000 – IV C3 -S 2256- 263/00, BStBl I 2000, 1383 Rz 21[]
  2. vgl. dazu eingehend BFH, Beschluss vom 28.05.2002 – IX B 208/01, BFH/NV 2002, 1284, m.w.N. auf die Rechtsprechung[]
  3. BTDrucks 14/265, S. 181 zu Nr. 27, § 23[]
  4. Musil in Herrmann/Heuer/ Raupach, HHR, § 23 EStG Rz 129; Wernsmann, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 46; BMF, Schreiben in BStBl I 2000, 1383 Rz 17[]
  5. BFH, Urteil vom 30.01.1996 IX R 18/91, BFHE 180, 65, BStBl II 1997, 25; zum Grund und Boden als selbständige Wirtschaftsgüter vgl. auch Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 271, m.w.N.[]
  6. s. dazu auch BFH, Urteil vom 24.04.2008 – IV R 30/05, BFHE 221, 112, BStBl II 2008, 707[]
  7. so auch BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1383 Rz 17; HHR/Musil, § 23 EStG Rz 129[]
  8. vgl. dazu Wernsmann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 43 und B 44[]
  9. als selbständiges Wirtschaftsgut, s. dazu BFH, Urteil in BFHE 180, 65, BStBl II 1997, 25[]
  10. der maßgebliche Zeitraum von mindestens zwei Jahren vor der Veräußerung, vgl. dazu HHR/Musil, § 23 EStG Rz 131[]
  11. BFH, Urteil in BFHE 221, 112, BStBl II 2008, 707[]
  12. vgl. dazu z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1383 Rz 17[]
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