Vermögensverwaltungsgebühr als Werbungskosten

Nach § 9 Abs. 1 EStG i.V.m. § 20 EStG sind Aufwendungen in vollem Umfang Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn sie durch die Erzielung von Einnahmen im Rahmen des § 20 EStG veranlasst sind1. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung gleichermaßen, soweit die Aufwendungen –wie Depot- und Verwaltungsgebühren– nicht nur der Erzielung von Erträgen, sondern auch der Sicherheit und dem Bestand der Kapitalanlagen dienen2.

Vermögensverwaltungsgebühr als Werbungskosten

Auf dieser Grundlage ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keine Aufteilung von Aufwendungen auf Kapitalanlagen zwischen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) einerseits und Aufwendungen hinsichtlich der auf steuerfreie Vermögensvorteile angelegten Kapitalanlagen andererseits vorzunehmen, wenn bei der jeweiligen Kapitalanlage die Absicht zur Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile nicht im Vordergrund steht3.

Danach kann der Steuerpflichtige Aufwendungen auf seine Kapitalanlagen vollumfänglich als Werbungskosten abziehen, sofern die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist, aber auch der Tatbestand der Einkünfteerzielung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 20 EStG verwirklicht wird4.

Dies gilt nicht nur dann, wenn sich wegen der Ungewissheit künftiger, ggf. steuerfreier Veräußerungen zuverlässige Merkmale für die Abgrenzung der den Einkünften nach § 20 EStG und solchen nach § 23 EStG zurechenbaren Werbungskosten schwer finden lassen5, sondern auch dann, wenn sich im Einzelfall solche Aufteilungsmaßstäbe ergeben.

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Damit ist die Auffassung unvereinbar, Verwaltungsgebühren seien generell nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn die Aufwendungen nicht nach nachvollziehbaren Maßstäben den Einkünften nach § 20 EStG, den privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG oder den nicht steuerbaren Geschäften zugeordnet werden könnten. Sie entspricht insbesondere nicht dem aus dem Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes abzuleitenden Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Berechenbarkeit des Verhältnisses von Wertsteigerung und (steuerbaren) Einnahmen kein sachlich einleuchtender Grund, um die Aufwendungen nicht insgesamt der Einkunftssphäre zuzuordnen, solange die Einkunftserzielung im Vordergrund steht. Sonst würden nämlich in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis vergleichbare Fälle, in denen die voraussichtliche Höhe der Einnahmen aus der Kapitalanlage die Ausgaben übersteigt, nach unterschiedlichen Grundsätzen beurteilt6.

Dementsprechend hat bereits der Reichsfinanzhof in einem Fall, in dem im Veranlagungszeitpunkt die Höhe des steuerfreien Gewinns aus Aktien bereits feststand, entschieden, dass der Abzug von Zinsen für eine zum Erwerb von Aktien aufgenommene Bankschuld nicht etwa –ausnahmsweise– nur insoweit zuzulassen sei, als es dem Verhältnis der bezogenen Dividende zu dem bereits feststehenden steuerfreien Gewinn entspreche7.

Nach diesen Grundsätzen, die der Bundesfinanzhof unlängst erneut bestätigt hat8, sind die Depot- und Verwaltungsgebühren den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG zuzuordnen.

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In dem konkreten Fall stand nach den für den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bei den streitbefangenen Kapitalanlagen die Erwartung steuerneutraler Vermögensvorteile nicht im Vordergrund. Diese Feststellung rechtfertigt die Zuordnung der Depot- und Verwaltungsgebühren zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus den bereits in ständiger Rechtsprechung9 dargelegten Gründen. Darauf ist im Wesentlichen unter Hinweis auf den Vorrang dieser Einkunftsart gegenüber den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 EStG (§ 23 Abs. 2 Satz 1 EStG) zu verweisen. Denn schon nach der BFH-Entscheidung in BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937 sind Aufwendungen für ertragbringende Kapitalanlagen ungeachtet späterer Veräußerungen i.S. des § 23 EStG vor der Beschlussfassung und Umsetzung einer solchen Veräußerung solange als Werbungskosten abziehbar, wie mit ihnen Einnahmen i.S. des § 20 EStG erzielt werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. November 2009 – VIII R 11/07

  1. vgl. BFH, Urteile vom 21.07.1981 – VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; und vom 27.06.1989 – VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 04.05.1993 – VIII R 7/91, BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832, unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung; offen lassend, ob bei Vorliegen von Erträgen aus § 17 EStG oder § 23 EStG eine Aufteilung geboten sein könnte[]
  3. BFH, Urteile in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; vom 23.03.1982 – VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463; vom 07.12.1999 – VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2003 – VIII R 43/01, BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937, m.w.N[]
  5. vgl. dazu BFH, Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37[]
  6. vgl. BFH, Urteil in BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937, m.w.N.[]
  7. RFH, Urteil vom 15.05.1929 – VI A 77/29, Steuer und Wirtschaft 1929, 1406[]
  8. vgl. BFH, Beschluss vom 06.03.2008 – VIII B 145/07[]
  9. zuletzt in BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937[]
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