Vorläufiger Steuerbescheid

Jedes Jahr im Frühling hört man von allen Seiten ein Stöhnen, wenn das Stichwort „Steuererklärung“ fällt: Bis zum 31. Mai 20151 muss ein Großteil der Bevölkerung seine Steuererklärung für das Jahr 2014 bei seinem zuständigen Finanzamt eingereicht haben. Die daraufhin vom Finanzamt festgelegten Einkommensteuerbescheide werden allerdings laut einer Mitteilung des Bundesfinanzministeriums lediglich vorläufig ergehen – soweit Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in der Steuererklärung aufgeführt worden sind.

Vorläufiger Steuerbescheid

Nachdem der Bundesfinanzhof mit Beschlüssen vom Juli 2014 dem Bundesverfassungsgericht die Frage nach der Verfassungswidrigkeit bezüglich des Verbots, Aufwendungen für die erste Berufsausbildung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend zu machen, vorgelegt hat2, hat das Bundesministerum der Finanzen sich dazu entschieden, alle betroffenen Einkommensteuererklärungen nur noch vorläufig ergehen zu lassen – bis u einer entgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. In dem entsprechenden Schreiben des Ministeriums an alle Finanzbehörden3 ist die Vorläufigkeit für betreffende Steuerbescheide ab dem Jahr 2004, die jetzt noch ergehen, angeordnet worden.

Daher kann es für Auszubildende, auch wenn es die erste Ausbildung ist, im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchaus sinnvoll sein, in ihrer Steuererklärung die Ausbildungskosten als Werbekosten geltend zu machen. Besteht keine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung könnte sich eine freiwillige Steuererklärung auch für schon vergangene Jahre finanziell lohnen. Denn Verluste durch Werbekosten machen auch noch eine Steuererleichterung in anderen zukünftigen Jahren mit positiven Einkünften möglich. Liegt keine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung vor, ändern sich zudem die Abgabefristen: Gemäß § 46 Absatz 2 Nr. 8 EStG a.F. galt für die Abgabe einer freiwilligen Steuererklärung bis zum Jahr 2007 eine Frist von zwei Jahren. Diese Regelung ist 2008 weggefallen, so dass seitdem die allgemeine Festsetzungsfrist von vier Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO gilt. Folglich kann noch eine freiwillige Steuererklärung für die Jahre ab 2011 eingereicht werden (bis zum 31. Dezember 2015). Diese freiwillige Abgabe einer Steuererklärung oder auch Antragsveranlagung bringt also Vorteile, wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten der Steuerzahler ausfällt und jeder Betroffene unter bestimmten Umständen mit einer Einkommensteuererstattung rechnen kann.

  1. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen vom 02.01.2015 – 2014/1114693[]
  2. BFH, Beschlüsse vom 17.07.2014 VI R 2/12 und VI R 8/12[]
  3. BMF, Schreiben vom 20.02.2015 – IV A 3-S 0338/07/10010-04, Vorläufige Steuerfestsetzung (165 Absatz 1 AO) im Hinblick auf anhängige Musterverfahren; Aussetzung der Vollziehung (§361 AO, § 69 Absatz 2 FGO); Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium[]
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