Ein Grundstück ist als Tatmittel oder Tatwerkzeug im Sinne von § 74 Abs. 1 Var. 2 StGB grundsätzlich ein geeigneter Einziehungsgegenstand. Gegenstände, die zur Begehung der Tat oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), können eingezogen werden.

Die Einziehung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die Urteilsgründe müssen deshalb nicht nur erkennen lassen, von welchem Einziehungszweck der Tatrichter ausgegangen ist (strafähnliche Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, Sicherungseinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB oder unter Umständen auch von beiden); ihnen muss auch zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren1.
Eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und ist damit Teil der Strafzumessung. Die Urteilsgründe müssen deshalb darlegen, dass das Gericht den Strafcharakter der Einziehung erkannt hat und ob die Einziehung nach den gesamten Umständen als Ergänzung der Hauptstrafe zur Sühne des Unrechtsgehalts unter angemessener Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich ist2.
Das Tatgericht hat nach § 74b Abs. 1 StGB weiter zu prüfen, ob eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 (und § 74a) StGB zur Bedeutung der Tat und zum Vorwurf, der den Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer trifft, außer Verhältnis steht. Die Urteilsgründe müssen jedenfalls bei Einziehungsobjekten von einigem Belang, darunter fällt auch ein Grundstück von nicht unerheblichem Wert, erkennen lassen, dass die Abwägung stattgefunden hat3. Dabei sind insbesondere die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen der Einziehung4, der Wert und ggf. der Umstand teilweiser Vermietung des Grundstücks, sowie Dauer und Umfang der illegalen Nutzung der Immobilie zu berücksichtigen5. In den Fällen der Sicherungseinziehung gilt § 74b Abs. 1 StGB zwar nicht ausdrücklich, doch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch hier zu beachten6.
Auch wenn die Einziehung nicht unverhältnismäßig im Sinne des § 74b Abs. 1 StGB ist, wird nach § 74b Abs. 2 StGB eine weniger einschneidende Maßnahme angeordnet, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Vorschrift zwingenden Charakter; ein Ermessen ist dem Tatrichter, der sich in den Urteilsgründen damit auseinander setzen muss, ob mildere Maßnahmen zur Zweckerreichung in Betracht kommen, nicht eröffnet7.
Fehlt es schon an einer hinreichend klaren Einordnung der Maßnahme, lässt sich für das Revisionsgericht nicht nachvollziehen, ob das Landgericht eine dem jeweiligen Zweck der Einziehung entsprechende Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach § 74b Abs. 1 StGB bzw. § 74b Abs. 2 StGB vorgenommen hat. Dies kann regelmäßig auch nicht dahinstehen, weil die Reichweite der vorzunehmenden Prüfung je nach dem Zweck der Einziehung unterschiedlich sein kann (vgl. zu § 74b Abs. 2 StGB BGH, Beschluss vom 26.04.1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710).
Im Rahmen der Prüfung des § 74b Abs. 2 StGB hat die Strafkammer in dem hier vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall in ihren knappen, lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholenden Ausführungen nicht erkennbar erwogen, ob tatsächlich weniger einschneidende Erwägungen in Betracht zu ziehen sind. Hier wären mit Blick auf den erheblichen Wert des Grundstücks und die Vermögensverhältnisse des Angeklagten zumindest – und zwar insbesondere, wenn das Landgericht von einer Sicherungseinziehung ausgegangen8, aber auch dann, wenn für das Landgericht der Strafzweck der Einziehung maßgeblich gewesen wäre9 – der Vorbehalt der Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Grundstücks, verbunden mit Anweisungen, am Grundstück die zum Zwecke der Errichtung einer Marihuanaplantage angebrachten Gegenstände zu beseitigen und/oder das Grundstück unverzüglich zu veräußern (§ 74b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2, 3 StGB), zu erörtern gewesen. Dass das Landgericht diese naheliegende Möglichkeit gesehen und erwogen hat, ergeben die Urteilsgründe hingegen nicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.08.2011 – 4 StR 375/11; BGH, Beschluss vom 04.01.1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1[↩]
- vgl. BGHSt 10, 337, 338; NJW 1983, 2710; vgl. auch Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74b, Rn. 2 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 04.11.2014 – 4 StR 294/15[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.10.1993 – 1 StR 585/93, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1[↩]
- vgl. Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 60, 78a mwN[↩]
- vgl. Fischer, StGB, aaO, § 74b Rn. 3[↩]
- BGH, Beschluss vom 28.11.2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 28.08.2012 – 4 StR 278/12, StraFo 2012, 509[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.11.2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 18.06.2014 – 4 StR 128/14[↩]
- vgl. Volkmer in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 78a; Krug in FD-StrafR 2012, 335699[↩]