Der Täter veranlasst eine zur weiteren Ausübung der Prostitution bereite Person im Sinne des § 232a Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Fortsetzung derselben, wenn er sie entgegen ihrem Willen zu einer qualitativ intensiveren oder quantitativ wesentlich umfangreicheren Form der Ausübung bewegt oder von einer weniger intensiven bzw. wesentlich weniger umfangreichen Form abhält.

Das Tatbestandsmerkmal der Fortsetzung im Sinne des § 232a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezweckt den Schutz von bereits die Prostitution ausübenden Personen vor noch stärkerer Verstrickung in dieses Gewerbe1.
Als Tathandlung des Veranlassens kommt jede für den Taterfolg zumindest mitursächliche psychische Beeinflussung in Betracht2.
Ein Veranlassen zur Fortsetzung liegt zum einen vor, wenn die der Prostitution nachgehende Person, die – nach den Vorstellungen des Täters – den Willen hat, diese Tätigkeit zu beenden, zum Weitermachen gebracht wird3.
Zum anderen ist ein Veranlassen zur Fortsetzung gegeben, wenn die Person zwar grundsätzlich zur weiteren Ausübung der Prostitution bereit ist, aber vom Täter entgegen ihrem Willen zu einer intensiveren Form der Prostitutionsausübung bewegt oder von einer weniger intensiven Form abgehalten wird. Das gilt nicht nur für eine qualitativ andere Art der Tätigkeit4, sondern auch für einen quantitativ wesentlich abweichenden Umfang5. Freilich muss von der (unterbleibenden) Änderung die Prostitutionsausübung selbst betroffen sein6, so dass weder der Wechsel des Zuhälters7 noch ein Abführen der Einnahmen zur Tatbestandsverwirklichung genügt8.
Gemessen daran veranlassten die Angeklagten im hier entschiedenen Fall die Heranwachsende U. zur Fortsetzung der Prostitution. Zwar geht aus den Urteilsfeststellungen nicht hervor, dass sie die Prostitution aufgeben oder einschränken wollte, als sie sich aufgrund der ihr von D. vorgespiegelten Liebesbeziehung entschloss, sich nunmehr für ihn zu prostituieren. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen brachten die Mitangeklagten die 18-Jährige jedoch durch die weiteren Täuschungen, D. habe Schulden bei A. und leide an einer Krankheit, dazu, die Prostitutionsausübung infolge ihrer emotionalen Abhängigkeit wesentlich zu intensivieren. Um den vermeintlich hilfsbedürftigen D. zu unterstützen, richtete U. ihre Tätigkeit darauf aus, „hohe Einnahmen zu erzielen“ und zu diesem Zweck „möglichst viele Kunden zu bedienen“. Dies impliziert eine jedenfalls zeitlich umfangreichere Tätigkeit als von ihr gewollt. Dass sich diese quantitative Intensivierung der Prostitutionsausübung als wesentlich darstellt, ergibt sich nicht zuletzt aus der generellen Vorgehensweise der Mitangeklagten, die mit den Täuschungen ebenso wie mit Drohungen und Körperverletzungen zu erreichen suchten, ihre Opfer so weit als möglich auszubeuten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. August 2020 – 3 StR 132/20
- s. BGH, Urteil vom 28.07.1999 – 3 StR 206/99, BGHSt 45, 158, 164 mwN[↩]
- s. BeckOK StGB/Valerius, 46. Ed., § 232a Rn. 13 f. mwN[↩]
- s. BGH, Urteil vom 28.07.1999 – 3 StR 206/99, aaO, S. 163; Beschlüsse vom 11.02.2000 – 3 StR 499/99, NStZ 2000, 368, 369; vom 14.06.2000 – 3 StR 178/00, NStZ-RR 2001, 170 f.; Urteil vom 18.04.2007 – 2 StR 571/06, StraFo 2007, 340 f.[↩]
- s. BGH, Beschluss vom 09.05.2001 – 2 StR 111/01, bei Pfister, NStZ-RR 2001, 362 f.; Urteil vom 27.05.2004 – 3 StR 500/03, NStZ 2004, 682 Rn. 8[↩]
- s. Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 232a Rn. 12; BeckOK StGB/Valerius aaO, Rn. 8; vgl. auch BGH, Urteil vom 16.07.1996 – 1 StR 221/96, BGHSt 42, 179, 185[↩]
- s. Schönke/Schröder/Eisele aaO; MünchKomm-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 232a Rn. 30[↩]
- s. MünchKomm-StGB/Renzikowski aaO, Rn. 30 Fn. 82[↩]
- s. BGH, Beschluss vom 16.04.1996 – 4 StR 77/96, NStZ-RR 1996, 291 f.[↩]
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