Auch nach § 13 Abs. 2 BBesG1 kann eine Ausgleichszulage nicht gewährt werden, wenn der dienstliche Grund für den Wechsel der Verwendung auf ein allein vom Beamten zu verantwortendes Fehlverhalten zurückgeht.
In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall stand der Beamte als Regierungsdirektor im Dienst des beklagten Freistaates Sachsen und war ab 2002 als Referatsleiter im Finanzministerium verwendet worden. Seit 1991 erhielt er eine Funktionszulage nach § 5 der 2. BesÜV. Aufgrund des Vorwurfs, er habe seinen Dienstcomputer und den dienstlichen Internetzugang während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken (u.a. zum Konsum nicht strafbarer Pornographie) genutzt, leitete der Dienstherr ein Disziplinarverfahren ein und untersagte dem Beamten unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung seiner Dienstgeschäfte. In der Folgezeit wurde der Beamte an das Landesamt für Finanzen abgeordnet. Das Disziplinarverfahren ist später durch Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts eingestellt worden, da einer ahndung ein Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs entgegenstehe. Auch die Rechtswidrigkeit des Verbots der Führung seiner Dienstgeschäfte ist von den Verwaltungsgerichten rechtskräftig festgestellt worden.
Die für den Zeitraum von der vorläufigen Dienstenthebung bis zur Abordnung zunächst weitergezahlte Funktionszulage forderte der Dienstherr zurück. Dieser Rückforderungsbescheid ist durch Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, das insoweit bereits rechtskräftig geworden ist, aber aufgehoben worden: Zwar habe der Beamte ab dem Verbot der Führung seiner Dienstgeschäfte keinen Anspruch auf Weiterzahlung der Zulage aus § 5 der 2. BesÜV, weil er die zulagenberechtigende Funktion tatsächlich nicht mehr ausgeübt habe2. Der Rückforderung stehe aber ein entsprechender beamtenrechtlicher Schadensersatzanspruch des Beamten entgegen, weil das ausgesprochene Verbot zur Führung der Amtsgeschäfte rechtswidrig gewesen sei.
Die Klage auf Gewährung einer Ausgleichszulage für den Zeitraum seit der Abordnung ist dagegen vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht3 erfolglos geblieben. Die Abordnung sei nicht aus dienstlichen Gründen im Sinne des § 13 Abs. 2 BBesG a.F. erfolgt. Mit der Abordnung habe man auf eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beamten und dessen Vorgesetzten reagiert, die ausschließlich durch das Fehlverhalten des Beamten begründet worden sei. Ein Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichszulage bestehe in dieser Situation nicht. Das Bundesverwaltungsgericht billigte diese Einschätzung und wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Beamten zurück:
Das Bundesverwaltungsgericht verneinte zunächst aufgrund die grundsätzliche Bedeutung, da ie mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zur Auslegung des Begriffs der „dienstlichen Gründe“ in § 13 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Bekanntmachung der Neufassung vom 06.08.20024 – BBesG a.F. – sich nicht mehr stellen. Die Vorschrift ist durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 05.02.20095 geändert und gerade in dem vom Beamten beanstandeten Punkt neu gefasst worden. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der seit 1.07.2009 gültigen Fassung wird die Ausgleichszulage nur gewährt, wenn die Stellenzulage aus dienstlichen Gründen, „die nicht vom Beamten, Richter oder Soldaten zu vertreten sind“, weggefallen ist. Die Fragen zur Qualifizierung dienstlicher Gründe, die auf ein Fehlverhalten des Beamten zurückgehen, sind daher seit 2009 einer gesetzlichen Klarstellung zugeführt.
Die Klärungsbedürftigkeit einer Frage bereits ausgelaufenen Rechts vermag einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zu vermitteln, weil eine richtungsweisende Klärung für die Zukunft nicht mehr herbeigeführt werden muss6. Dass trotz der Novellierung weiterhin ein Klärungsbedarf für die Gesetzeslage des § 13 Abs. 2 BBesG in der Fassung vom 06.08.2002 bestehen könnte, hat die Beschwerde nicht dargelegt. Der Vortrag, das Berufungsgericht habe bei seiner Entscheidung tragend auf den Wortlaut der aktuellen Fassung des § 13 BBesG abgestellt, gibt zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit von Auslegungsfragen in Bezug auf § 13 Abs. 2 BBesG a.F. nichts her. Im Übrigen ist für die Beamten des beklagten Landes das Bundesbesoldungsgesetz seit Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 18.12 20137 mit Wirkung vom 01.04.2014 nicht mehr anwendbar.
Zu Recht hat das Berufungsgericht im Übrigen darauf hingewiesen, dass der Entwurfsbegründung zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz keine Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass mit der Neufassung eine inhaltliche Änderung zum Anwendungsbereich der Zulagenberechtigung verbunden sein sollte. Anliegen der Änderung war vielmehr eine Vereinfachung der Berechnungsweise und Handhabung der Zulagengewährung8. Dem ergänzenden Zusatz, dass nur dienstliche Gründe, die nicht vom Beamten zu vertreten sind, eine Ausgleichszulage begründen können, kommt daher klarstellende Funktion zu. Er bekräftigt die auch zuvor gültige Einschränkung, dass eine Zulage nicht gewährt werden kann, „wenn für das Ausscheiden aus der bisherigen Verwendung ausschließlich oder überwiegend persönliche Gründe maßgebend waren und dem Beamten die neue Verwendung aus diesen Gründen übertragen wird“9.
Eine derartig persönliche Verantwortung für den Wechsel liegt jedenfalls dann vor, wenn die Beeinträchtigung des Dienstbetriebs, auf den mit der Personalmaßnahme reagiert wird, durch ein Fehlverhalten des Beamten herbeigeführt worden ist10. Die Beseitigung der Spannungslage liegt dann zwar objektiv im dienstlichen Interesse und dient – unabhängig von der Verschuldensfrage – der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der sachgerechten und reibungslosen Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Sie ist aber „letztlich durch persönliche Gründe verursacht“ und im Ursprung nicht dienstlich veranlasst11.
Dieser Umstand rechtfertigt es, die Gewährung einer Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 2 BBesG a.F. zu versagen, obwohl ein dienstlicher Grund für die Abordnung (oder sonstige Organisationsmaßnahme, vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2010 – 9 S 1935/10 – MedR 2012, 53, 58) ebenfalls gegeben ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Bedeutungsgehalt unbestimmter Rechtsbegriffe wie demjenigen des „dienstlichen Grundes“ nur aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist, erschlossen werden kann12. Die Auslegung des Begriffs der „anderen dienstlichen Gründe“ im Rahmen der Zulagengewährung nach § 13 Abs. 2 BBesG a.F. muss daher eigenständig erfolgen.
Eine „Umgehung“ des Disziplinarverfahrens ist hierdurch schon deshalb nicht zu besorgen, weil die Zuweisung eines Funktionsamtes und ggf. ein Behördenwechsel nicht dem Disziplinarrecht vorbehalten ist. Eine „Strafversetzung“ kennt das Disziplinarrecht nicht. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall ein Dienstvergehen auch schon von den Disziplinargerichten festgestellt worden, sodass ein Widerspruch zu der disziplinarrechtlichen Beurteilung von Sachverhalten nicht zu besorgen ist13.
Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12 2012 – 2 B 75.11 – zuzulassen.
Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht14.
Einen derartigen Zulassungsgrund zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie bezieht sich zunächst schon gar nicht auf einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts und geht selbst davon aus, dass in der von ihr angeführten Entscheidung „der umgekehrte Fall“ zur Beurteilung stand. Auch hinsichtlich des Berufungsurteils wird ein abstrakter Rechtssatz nicht behauptet; vielmehr wird lediglich unterstellt, dass das Berufungsgericht „wohl stillschweigend“ eine entsprechende Rechtsfrage bejaht habe. All dies genügt bereits den Darlegungsanforderungen für die Geltendmachung einer Divergenzrüge nicht (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Auch in der Sache besteht zwischen der in Bezug genommenen Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass neben dienstlichen Gründen auch persönliche Gründe für einen Wechsel vorliegen können, und der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts kein Widerspruch. Das Berufungsurteil zieht vielmehr aus dem Umstand, dass die dienstlichen Spannungen, auf die der Dienstherr im Interesse eines reibungslosen Dienstbetriebs reagiert hatte, „allein durch ein Fehlverhalten des Beamten veranlasst war“, den Schluss, dass der Tatbestand der „anderen dienstlichen Gründe“ im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. nicht erfüllt ist. Dies steht weder in Widerspruch zu den im benannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssätzen noch zu dessen inhaltlichen Aussagen.
Schließlich liegt auch der mit der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht war nicht verpflichtet, weitere Hinweise zur Auslegung des Merkmals der „anderen dienstlichen Gründe“ in § 13 Abs. 2 BBesG a.F. zu geben.
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht15.
Ausgehend hiervon war das Oberverwaltungsgericht nicht verpflichtet, auf die Möglichkeit der Annahme eines „anderen dienstlichen Grundes“ im Sinne des § 13 Abs. 2 BBesG a.F. hinzuweisen. Dies ergibt sich schon daraus, dass im Berufungsverfahren genau hierüber gestritten worden ist. Im Zentrum auch des Vorbringens des Beamten stand die Frage, ob trotz des Umstandes, dass mit der Abordnung des Beamten eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beamten und dessen Vorgesetzten behoben werden sollte und der Dienststellenwechsel damit im dienstlichen Interesse stand, die Voraussetzungen für die Ausgleichsgewährung nach § 13 Abs. 2 BBesG a.F. verneint werden können, weil die Spannungslage durch ein Fehlverhalten des Beamten verursacht worden ist. Es bestand daher erkennbar Anlass, umfassend hierzu vorzutragen.
Im Übrigen sind der Inhalt des Widerspruchsbescheids des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und „insbesondere die Ausführungen zum Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses“ in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21.10.2014 ausdrücklich erörtert worden. Das vom Prozessbevollmächtigten für den Fall, dass es „für den Anspruch auf eine Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 2 BBesG a.F. darauf ankommen (sollte), ob die Abordnung des Beamten auf dienstlichen oder persönlichen Gründen beruht“, beantragte Schriftsatzrecht ist vom Gericht gewährt und nachfolgend eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Welche weiteren Hinweise das Gericht bei dieser Sachlage hätte erteilen sollen, ist nicht ersichtlich.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. April 2016 – 2 B 117.15
- in der bis zum 30.06.2009 geltenden Bekanntmachung der Neufassung vom 06.08.2002, BGBl. I S. 3020, 3025[↩]
- vgl. hierzu auch bereits BVerwG, Urteil vom 18.04.1991 – 2 C 31.90, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 4 S. 11[↩]
- Sächs. OVG, Urteil vom 08.09.2015 – 2 A 668/13[↩]
- BGBl. I S. 3020, 3025[↩]
- BGBl. I S. 160, 193; in der Bekanntmachung vom 19.06.2009, BGBl. I S. 1434[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 11.01.2016 – 2 B 48.15 5 m.w.N.[↩]
- SächsGVBl. S. 970, 1005[↩]
- BT-Drs. 16/7076 S. 135; vgl. zu den Schwierigkeiten der Zulagenfestsetzung nach § 13 Abs. 1 BBesG a.F. etwa BVerwG, Urteil vom 30.01.2014 – 2 C 27.12, Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 6 Rn. 14 ff.[↩]
- so bereits ausdrücklich BT-Drs. 13/3994 S. 37 zu § 13 Abs. 2 BBesG a.F.[↩]
- vgl. zur Zulässigkeit der Abordnung oder ggf. Versetzung in diesen Fällen BVerwG, Beschluss vom 16.07.2012 – 2 B 16.12 6 m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.12 2012 – 2 B 75.11 9[↩]
- vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 30.10.2008 – 2 C 48.07, BVerwGE 132, 243 Rn. 10 oder zuletzt vom 19.03.2015 – 2 C 31.13, Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 11 Rn. 16[↩]
- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26.05.1966 – 2 C 38.65, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 7 S. 31, zur damals allerdings noch anderen Rechtslage[↩]
- stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 09.04.2014 – 2 B 107.13, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr.20 Rn. 3 m.w.N.[↩]
- stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.05.1992 – 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133, 144 f. sowie zuletzt etwa Kammerbeschluss vom 15.02.2011 – 1 BvR 980/10, NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.[↩]