Die vertretungsweise Übertragung höherwertiger Tätigkeiten unterfällt grundsätzlich nicht der Mitbestimmung gemäß § 88 Nr. 7 BlnPersVG.

§ 88 Nr. 7 BlnPersVG sieht das Mitbestimmungsrecht des Personalrats in Angelegenheiten der Beamten nur für solche Übertragungen höher bewerteter Tätigkeiten vor, die „nicht nur vorübergehender“ Art sind. Hierin weicht die Vorschrift von parallel gelagerten Bestimmungen im Bundesrecht und im Recht einiger anderer Länder ab, die keine entsprechende Einschränkung enthalten (siehe neben § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG und § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG beispielsweise § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NWPersVG, § 87 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG, § 77 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c HePersVG). Eine Auslegung, die vertretungsweise Tätigkeitsübertragungen – als einen typischen Fall vorübergehender Tätigkeitsübertragungen [1] – nicht zumindest grundsätzlich von der Mitbestimmung gemäß § 88 Nr. 7 BlnPersVG ausnähme, wäre mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht in Einklang zu bringen. Die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 1997 [2] im Hinblick auf § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG getroffene Feststellung, wonach die vorübergehende Übertragung einschließlich der vertretungsweisen Übertragung höherwertiger Tätigkeiten (abgesehen vom Fall ihrer Vorwegnahme im Geschäftsverteilungs- und/oder Vertretungsplan) der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, kann im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen. Bezeichnenderweise hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Beschluss gerade den Wortlautunterschied zum Personalvertretungsrecht des Landes Berlin mit zur Begründung herangezogen [3]. Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht damals hervorgehoben, dass beim Erlass des BPersVG im Zustimmungsverfahren des Bundesrates ein Änderungsvorschlag des Freistaats Bayern erfolglos blieb, den Anwendungsbereich der Parallelvorschrift des § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG durch Aufnahme der Wendung „nicht nur vorübergehende“ einzuschränken [4] – also exakt derjenigen Wendung, die in § 88 Nr. 7 BlnPersVG Eingang gefunden hat.
Auch die Verlängerung der vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit um weitere drei Monate auf insgesamt sechs Monate führt nicht zur Mitbestimmung gemäß § 88 Nr. 7 BlnPersVG. Sofern sich aus dem bei der Entscheidung zum Ausdruck kommenden Willen des Dienstherrn, der den für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Bezugspunkt bildet [5], ergibt, dass die Verwendung weiterhin mit Rücksicht auf die mögliche Rückkehr des Erkrankten vorläufigen Charakter behält, bleibt sie grundsätzlich vorübergehend im Sinne von § 88 Nr. 7 BlnPersVG. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass insoweit eine Obergrenze anzulegen wäre. Hätte der Gesetzgeber eine zeitliche Grenzziehung gewollt, so hätte es nahe gelegen, sie wie bei anderen Mitbestimmungstatbeständen (vgl. etwa § 86 Abs. 3 Nr. 3 BlnPersVG für eine Abordnung mit mehr als dreimonatiger Dauer oder sobald eine Abordnung diese Dauer überschreitet) ausdrücklich im Gesetz festzuschreiben. Im Gegensatz zum Gesetzgeber im Land Berlin haben andere Landesgesetzgeber von dieser Möglichkeit gerade auch in Bezug auf den Tatbestand vorübergehender Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten Gebrauch gemacht (siehe z.B. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayPVG – sechs Monate, § 65 Abs. 2 Nr. 3 NdsPersVG – drei Monate). Das Fehlen einer zeitlichen Grenzziehung in § 88 Nr. 7 BlnPersVG kann auch nicht unter Berufung auf den Sinn und Zweck der Regelung mit dem Argument überwunden werden, andernfalls liefe die Schutz- und Kontrollfunktion des Personalrats leer. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Oktober 1997 [6] im Rahmen der Auslegung von § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG ausgeführt, die vertretungsweise Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten könne die Rechtsstellung der betroffenen Dienstkraft nachhaltig beeinflussen und die Interessen der anderen Dienstkräfte in gewichtiger Weise berühren; konkret hat das Bundesverwaltungsgericht hierbei unter anderem auf die mögliche aufstiegsbegünstigende Wirkung vorübergehender Tätigkeitsübertragungen hingewiesen [7], auf die sich im vorliegenden Verfahren auch das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 30.09.2010 gestützt hat. Diese Erwägung kann aber im vorliegenden Zusammenhang nicht zum Tragen kommen, da sie unter dem Vorzeichen eines anderslautenden Gesetzestextes entwickelt wurde. Während § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG seinem Wortlaut nach Raum für eine Auslegung lässt, mit der bereits das mögliche Entstehen tatsächlicher Wettbewerbsvorteile im Rahmen späterer Auswahlverfahren als Auslöser der Mitbestimmung anerkannt wird, steht der abweichende Wortlaut des § 88 Nr. 7 BlnPersVG einem entsprechend weiten Gesetzesverständnis entgegen. Die Entscheidung des Berliner Gesetzgebers für den Ausschluss vorübergehender Tätigkeitsübertragungen schließt zwangsläufig mit ein, dass tatsächliche Folgen, die hiermit für andere Dienstkräfte typischerweise einhergehen können, personalvertretungsrechtlich unbeachtlich bleiben. Dies gilt über mögliche Wettbewerbsvorteile im Rahmen späterer Auswahlverfahren hinaus auch für einige weitere Umstände, die im Beschluss des Bundesverwaltungsgericht vom 08.10.1997 angesprochen worden sind [8]. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Oktober 1997 [9], muss dieser Aspekt in Bezug auf eine Tätigkeitsübertragung zwischen vier und sechs Monaten aus zeitlichen Gründen außer Betracht bleiben (vgl. § 1b Abs. 1 Nr. 1 BlnBesG i.V.m. § 46 BBesG, wonach eine Zulage für die vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes erst nach Ablauf von 18 Monaten gewährt werden kann).
Zu der Frage, ob im Falle vielfach wiederholter Verlängerungen der vertretungsweisen Verwendung eines Beamten auf einem höherwertigen Dienstposten die personalvertretungsrechtliche Beurteilung ab einem bestimmten Punkt „umschlagen“ und ausnahmsweise zur Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme führen kann, genügen folgende Hinweise: das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass sich Konstellationen entwickeln können, die, wären sie vorhergesehen worden, zu einer frühzeitigeren Mitbestimmung des Personalrats geführt hätten. Dies gilt insbesondere, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass eine erkrankte Dienstkraft entgegen der ursprünglichen Annahme des Dienststellenleiters nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, so dass der bislang nur vertretungsweise wahrgenommene Dienstposten neu zu besetzen ist. Die Möglichkeit, dass in solchen Fällen die Mitbestimmung später einsetzt, als sie bei voller Kenntnis der nachfolgenden Entwicklung eingesetzt hätte, ist allerdings dem grundsätzlichen Ausschluss vertretungsweiser Tätigkeitsübertragungen aus dem Mitbestimmungstatbestand des § 88 Nr. 7 BlnPersVG von vorneherein immanent und vom Gesetzgeber daher prinzipiell in Kauf genommen worden. Ihr kann nicht durch ein schematisches Aufleben der Mitbestimmungspflicht ab Überschreiten einer bestimmten Gesamtdauer der Vertretungstätigkeit begegnet werden. Solange aus exanteSicht bei Übertragung oder bei der späteren Verlängerung vom Wegfall des Vertretungsgrundes auszugehen ist, behält die Maßnahme ihren vorläufigen Charakter. Der Dienststellenleiter ist allerdings gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten regelmäßig zu prüfen, ob seine ursprüngliche Prognose weiterhin stichhaltig oder ob mittlerweile absehbar ist, dass der Vertretungsgrund nicht mehr entfallen wird. Ob ein Mitbestimmungsrecht zu bejahen ist, wenn die vertretungsweise Übertragung in Ansehung ihrer voraussichtlichen Länge zu einem Anspruch auf Gewährung einer Zulage gemäß § 1b Abs. 1 Nr. 1 BlnBesG i.V.m.§ 46 BBesG führen wird [10], kann hier offenbleiben. Jedenfalls lässt sich ein Mitbestimmungsrecht nicht damit begründen, dass ein vertretungsweise eingesetzter Beamter nach Verstreichen eines bestimmten Zeitraums einen Anspruch auf eine aktuelle Beurteilung unter Einbeziehung seiner Tätigkeit auf dem höher bewerteten Dienstposten erlangt. Abgesehen davon, dass dieser Zeitraum je nach den Umständen und der betroffenen Person unterschiedlich lang sein kann, erzeugt die Beurteilung keine rechtlich abgesicherte Determinationswirkung im Hinblick auf die spätere Entscheidung über eine endgültige Aufgabenübertragung [11]. Soweit sie in rein tatsächlicher Hinsicht zu möglichen Wettbewerbsvorteilen im Rahmen späterer Auswahlverfahren führen kann, ist auf das oben Gesagte zu verweisen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 6 PB 18.11
- siehe Germelmann/Binkert/Germelmann, PersVG Berlin, 3. Aufl.2010, § 87 Rn. 52[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95, BVerwGE 105, 247, 248 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 95 S. 38; siehe bereits zuvor Beschluss vom 22.10.1991 – 6 ER 502.91, PersR 1992, 104[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95, a.a.O. S. 251 bzw. S. 39 – dort wird § 76 Abs. 1 Nr. 2 BlnPersVG genannt, gemeint ist aber offensichtlich § 87 Nr. 2 BlnPersVG, der für den Bereich der Arbeitnehmer die Parallelnorm zu § 88 Nr. 7 BlnPersVG darstellt[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95 – a.a.O. S. 251 f. bzw. S. 40; BR-Drucks 50/10/74 S. 3[↩]
- Germelmann/Binkert/Germelmann, PersVG Berlin a.a.O.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95, a.a.O. S. 253 bzw. S. 41[↩]
- BVerwG, a.a.O.; Ungleichbehandlung anderer Dienstkräfte, denen die höherwertige Tätigkeit nicht übertragen wurde; etwaige zusätzliche Belastungen in der Zusammenarbeit[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 08.10.1997 – 6 P 9.95 – des Weiteren die Möglichkeit des Entstehens eines Zulagenanspruchs gem. § 24 BAT angesprochen hat ((BVerwG, a.a.O.[↩]
- vgl. Fischer/Goeres/Gronimus in: Fürst GKÖD, Bd. V, Stand März 2009, K § 76 Rn. 42[↩]
- vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab die in anderen Auslegungszusammenhängen ergangenen Beschlüsse des BVerwG vom 08.10.1997 – 6 P 5.95, BVerwGE 105, 241 ff. = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 94, vom 08.12.1999 – 6 P 10.98, Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 39, vom 28.08.2008 – 6 P 12.07, Buchholz 251.91 § 80 SächsPersVG Nr. 2 und vom 27.05.2009 – 6 P 17.08, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 109[↩]