Die auf Art. 18 Abs. 2 Satz 1 NV (Ordnungsgewalt der Landtagspräsidentin) gestützte Anordnung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Gebäuden des Niedersächsischen Landtages, einschließlich des Plenarsaals sowie der Sitzungs- und Besprechungsräume, verletzt nicht das in Art. 12 Satz 2 NV garantierte freie Mandat der Abgeordneten.

Dies entschied jetzt der Niedersächsische Staatsgerichtshof und verwarf damit entsprechende Anträge einiger Landtagsabgeordneter, die sich durch die drei Allgemeinverfügungen, mit denen die Landtagspräsidentin die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Gebäuden des Niedersächsischen Landtages, insbesondere im Plenarsaal, angeordnet hat, in ihrer parlamentarischen Arbeit beeinträchtigt sahen.
Um unter den Bedingungen der Corona-Pandemie den Parlamentsbetrieb aufrechterhalten zu können und die Gesundheit der Abgeordneten, der Beschäftigten und der Besucherinnen und Besucher des Niedersächsischen Landtages zu schützen, ordnete die Landtagspräsidentin mit – in ihrer Gültigkeit ohne inhaltliche Änderungen mehrfach verlängerter – Allgemeinverfügung vom 26.10.2020 das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für alle Personen an, die sich in den Gebäuden des Niedersächsischen Landtages aufhalten.
Nach Ziffer 1 der Verfügung gilt die Verpflichtung für alle Räume einschließlich des Plenarsaals, der Sitzungs- und Besprechungsräume sowie für alle Verkehrsflächen (einschließlich der Bistros im Plenarsaalbereich) und für die Aufzuganlagen des Landtagsgebäudes. Ausgenommen sind die den Abgeordneten und Fraktionen zur Nutzung in eigener Verantwortung überlassenen Räumlichkeiten. In den Sitzungs- und Besprechungsräumen sowie im Plenarsaal darf die Mund-Nasen-Bedeckung am Platz bei Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,50 Metern zu anderen Personen oder bei Vorhandensein einer geeigneten Abtrennung zwischen den Plätzen abgelegt werden. Am Rednerpult und an den Saalmikrofonen im Plenarsaal gilt die Maskenpflicht nicht. In den Bistros im Plenarbereich sowie in Pausenräumen ist das Ablegen der Mund-Nasen-Bedeckung am Tisch zulässig. Ebenso zulässig ist das zeitweilige Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung, solange es zu Identifikationszwecken oder zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung oder aus sonstigen zwingenden Gründen (z.B. wegen eines Presseinterviews) erforderlich ist. In diesen Fällen ist das Mindestabstandsgebot von 1,50 Metern zu anderen Personen zu beachten. Ziffer 2 der Allgemeinverfügung befreit Personen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, die mittels eines ärztlichen Attests oder durch Vorlage eines Schwerbehindertenausweises glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer solchen Bedeckung auf Grund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Landtagspräsidentin stützte ihre zunächst bis zum 31.01.2021 befristete Allgemeinverfügung auf ihre Ordnungsgewalt nach Art. 18 Abs. 2 NV i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Mit der zweiten Anordnung vom 29.01.2021, in Kraft getreten zum 1.02.2021, verlängerte die Landtagspräsidentin die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung mit den vorstehenden Ausnahmen und Befreiungen bis zum 30.04.2021. Mit der dritten Anordnung vom 30.04.2021, in Kraft getreten zum 1.05.2021, erfolgte eine weitere Verlängerung bis zum 30.09.2021. Diese Verlängerung stützte die Landtagspräsidentin zusätzlich auf § 28a Abs. 1 Nr. 2 und § 28b Abs. 5 IfSG.
Am 26.11.2020 haben die Landtagsabgeordneten beantragt festzustellen, dass die Allgemeinverfügung der Landtagspräsidentin vom 26.10.2020 sie in ihren Rechten aus Art. 12 Satz 2 und Art. 14 NV verletzt. Am 28.02.2021 haben sie ihren Antrag auf die zweite Anordnung vom 29.01.2021 und am 31.05.2021 auf die dritte Anordnung vom 30.04.2021 erweitert. Die Anträge hatten keinen Erfolg:
Der Rechtsweg zum Staatsgerichtshof ist eröffnet, weil es sich um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handelt. Streitgegenständlich ist die Frage, ob und inwieweit die Landtagspräsidentin bei der Ausübung ihrer Befugnisse aus Art. 18 Abs. 2 Satz 1 NV die Abgeordnetenrechte aus Art. 12 Satz 2 und Art. 14 NV verletzt. In einem solchen Zusammenhang hat die grundsätzlich verwaltungsrechtlich geprägte Ausübung der Ordnungsgewalt verfassungsrechtliche Bedeutung1, weil sich die hier angegriffenen Anordnungen nicht nur an Besucherinnen und Besucher sowie Beschäftigte, sondern auch an die Abgeordneten richten. Den Anordnungen der Landtagspräsidentin kommt deshalb eine Doppelnatur zu: Sie sind eine verwaltungsrechtliche Maßnahme – hier in Gestalt eines Verwaltungsaktes – gegenüber allen sonstigen Betroffenen und zugleich eine verfassungsrechtlich geprägte, der Kontrolle des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs unterliegende Maßnahme gegenüber den Abgeordneten.
Die Anträge sind teilweise unzulässig, im Übrigen jedenfalls offensichtlich unbegründet.
Soweit sich die Landtagsabgeordneten mit ihren Anträgen weiterhin gegen die außer Kraft getretenen Anordnungen vom 26.10.2020; und vom 29.01.2021 wenden, fehlt ihnen das auch im Organstreitverfahren notwendige allgemeine Rechtsschutzinteresse2. Die Anordnungen waren zeitlich befristet und sind nicht mehr in Kraft. Zwar lässt im Organstreitverfahren die – hier eingetretene – Erledigung das Rechtsschutzinteresse nicht generell entfallen3. Alle hier streitigen Rechtsfragen können aber im Zusammenhang mit der dritten Anordnung der Landtagspräsidentin vom 30.04.2021 geklärt werden, so dass es der beiden übrigen Anträge nicht mehr bedarf.
Der Antrag zu 3. ist jedenfalls insoweit unzulässig, als die Landtagsabgeordneten eine Verletzung des Anhörungsrechts, eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG und eine Verletzung von Art. 14 NV geltend machen. Den Landtagsabgeordnetenn fehlt insoweit die Antragsbefugnis.
Nach § 30 NStGHG i. V. m. § 64 Abs. 1 BVerfGG ist ein Antrag im Organstreitverfahren nur zulässig, wenn der Landtagsabgeordneten geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Im Organstreit kann der einzelne Abgeordnete die Verletzung oder Gefährdung jedes Rechts, das mit seinem Status verfassungsrechtlich verbunden ist, geltend machen. Das sind grundsätzlich ausschließlich die Rechte, die sich aus seiner organschaftlichen Stellung ergeben. Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Landtagsabgeordneten behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint4. Die Begründung darf sich deshalb nicht lediglich in der formelhaften und summarischen Behauptung einer Rechtsverletzung erschöpfen. An Inhalt und Umfang der Begründung des Landtagsabgeordnetens sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je weniger eine Verletzung oder Gefährdung verfassungsmäßiger Organrechte nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt evident und aus sich heraus nachvollziehbar ist5. Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Landtagsabgeordneten im eingangs bezeichneten Umfang nicht.
Soweit die Landtagsabgeordneten die formelle Rechtswidrigkeit der Anordnung der Landtagspräsidentin rügen und einen Verstoß gegen die Anhörungspflicht nach § 28 VwVfG behaupten, machen sie keine Verletzung von Rechten aus der Niedersächsischen Verfassung, sondern eine Verletzung einer einfachgesetzlichen Bestimmung geltend, die eine Antragsbefugnis nach den dargestellten Grundsätzen nicht begründet6.
Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte – hier in Gestalt der von den Landtagsabgeordnetenn angeführten Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 GG – vermitteln im verfassungsrechtlichen Organstreitverfahren, in dem nur die Verletzung organschaftlicher Rechte geltend gemacht werden kann, keine rügefähige Rechtsposition7.
Eine mögliche Verletzung von Art. 14 NV ist nicht dargelegt. Art. 14 Satz 1 NV regelt, dass ein Mitglied des Landtages zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen seiner Äußerung, die es im Landtag, in einem Ausschuss oder in einer Fraktion getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder anderweitig außerhalb des Landtages zur Verantwortung gezogen werden darf. Die Landtagsabgeordneten sehen eine Verletzung ihrer Indemnität darin, dass ihnen bei einer Weigerung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, eine Ordnungsmaßnahme, wie z.B. ein Ordnungsruf oder sogar ein Sitzungsausschluss, droht. Offen kann bleiben, ob in der Weigerung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung überhaupt eine (konkludente) Äußerung i. S. d. Art. 14 Satz 1 NV zu sehen ist8. Denn nach dem Wortlaut des Art. 14 Satz 1 NV gilt das Sanktionsverbot nur für Maßnahmen „außerhalb des Landtages“. Ordnungsmaßnahmen nach der Geschäftsordnung sind innerparlamentarische Maßnahmen und werden durch die nach Art. 14 Satz 1 NV gewährleistete Indemnität nicht berührt9.
Soweit die Landtagsabgeordneten mit ihrem Antrag zu 3. eine Verletzung ihres in Art. 12 Satz 2 NV garantierten freien Mandats geltend machen, ist dieser jedenfalls offensichtlich unbegründet.
Die Landtagsabgeordneten werden durch die von der Landtagspräsidentin angeordnete Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung offensichtlich nicht in ihren organschaftlichen Rechten aus Art. 12 Satz 2 NV verletzt.
12 Satz 2 NV legt fest, dass die Mitglieder des Landtages an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Hieraus ergibt sich das subjektive Recht eines jeden Abgeordneten, sein Mandat innerhalb der Grenzen der Verfassung ungehindert auszuüben (freies Mandat). Es sichert ihm einen Kernbestand an Rechten auf Teilhabe am Verfassungsleben10. Dieser Kernbestand umfasst unter anderem ein gewisses Maß an Redebefugnissen11 und gewährleistet eine freie Kommunikation zwischen Abgeordneten und Wählern12. Ein Eingriff in diesen geschützten Status ist zulässig, wenn und soweit andere Rechtsgüter von Verfassungsrang ihn rechtfertigen. Die Repräsentations- und die Funktionsfähigkeit des Parlaments sind als solche Rechtsgüter von Verfassungsrang anerkannt13. Über Art. 18 Abs. 2 Satz 2 NV hat die Landtagspräsidentin grundsätzlich die Möglichkeit, das freie Mandat im Wege der Abwägung mit den genannten widerstreitenden Rechtsgütern in Ausgleich zu bringen und zu begrenzen14.
Unter Zugrundelegung der dargestellten Maßstäbe ist das Rede- und Äußerungsrecht der Landtagsabgeordneten offensichtlich nicht verletzt; es fehlt bereits an einer rechtlich relevanten Beeinträchtigung. Die streitgegenständliche Anordnung sieht für alle Fälle der Wahrnehmung des verfassungsrechtlich garantierten Rederechts in Ziffer 1 Ausnahmen vor. Weder am Rednerpult noch an den Saalmikrofonen des Plenums besteht eine Maskenpflicht. Die Landtagsabgeordneten können deshalb ungehindert ihre Reden halten, Zwischenfragen stellen (§ 69 Abs. 4 GO LT) oder sich zur Geschäftsordnung melden (§ 75 Abs. 1 GO LT). In den Ausschüssen gilt auf den Abgeordnetenplätzen ebenfalls keine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, so dass auch dort eine uneingeschränkte Redemöglichkeit besteht.
Soweit die Landtagsabgeordneten eine mögliche Verletzung ihres Rede- und Äußerungsrechts darin sehen, dass ihnen Zwischenrufe erschwert werden, fehlt es – ungeachtet der hier nicht entscheidungserheblichen Frage des rechtlichen Schutzes von Zwischenrufen – offensichtlich an einer diesbezüglichen Beeinträchtigung durch die streitgegenständliche Anordnung. Die Landtagsabgeordneten tragen vor, von ihren hinteren Plätzen im Plenum sowie aufgrund der Plexiglaswände seien ihre Zwischenrufe vom Platz (ohne Maske) nicht wahrzunehmen. Sie müssten sich deshalb vom Platz erheben; dann greife aber die Maskenpflicht. Mit Maske seien ihre Zwischenrufe nicht wahrnehmbar und fänden keinen Eingang in das Sitzungsprotokoll. Nach dem Vortrag der Landtagsabgeordneten ist die mangelnde Wahrnehmbarkeit der Zwischenrufe auf die hinteren Plätze und die Plexiglaswände, aber nicht auf das Tragen einer Maske zurückzuführen. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass das Tragen einer Maske, deren Auswahl im Belieben der Landtagsabgeordneten steht, die Lautstärke eines Zwischenrufs so weit dämpfen könnte, dass dieser dadurch nicht mehr wahrzunehmen ist.
Die Landtagsabgeordneten tragen weiter vor, die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf den Verkehrsflächen des Landtages beeinträchtige ihre Kommunikationsbeziehung zu den Wählern und könne sie davon abhalten, ihre ablehnende Haltung gegen die Coronapolitik der Regierung zu äußern bzw. durch die Weigerung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, öffentlich kenntlich zu machen. Soweit darin ein Eingriff in die freie Mandatsausübung liegt, erweist sich dieser als gerechtfertigt.
Die Landtagspräsidentin stützt die Anordnung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf Art. 18 Abs. 2 Satz 1 NV i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2, § 28b Abs. 5 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20.07.200015, das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 27.07.202116 geändert worden ist. Nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 NV übt die Präsidentin die Ordnungsgewalt aus. Darunter sind sämtliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu verstehen, d.h. alle polizeipräventiven Maßnahmen, die der Abwehr einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in den Räumen des Landtages dienen17. Die Maskenpflicht dient dem Infektionsschutz und dadurch der generellen Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Landtages. Sie ist der Ordnungsgewalt der Landtagspräsidentin zuzuordnen und beruht deshalb auf einer verfassungsrechtlichen Grundlage.
Gegen die Verhältnismäßigkeit der Anordnung bestehen offensichtlich keine Bedenken.
Der Staatsgerichtshof hat keine Zweifel an der Eignung der Maskenpflicht18. Das Robert-Koch-Institut, dem der Bundesgesetzgeber als zuständiger nationaler Behörde gemäß § 4 IfSG im Zusammenhang mit dem Infektionsschutz eine besondere Rolle eingeräumt hat, empfiehlt das generelle Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen Baustein neben anderen Maßnahmen, um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren19. Das Tragen eines Mundschutzes trägt dazu bei, andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, zu schützen und ist deshalb ein taugliches Instrument, um Infektionen durch unerkannte Träger zu verringern20. Damit schützt die Landtagspräsidentin die Gesundheit der Abgeordneten, der Beschäftigten sowie der Besucherinnen und Besucher des Landtages und gewährleistet die Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Betriebs.
Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist offensichtlich erforderlich und angemessen21. Mildere Mittel, also Maßnahmen gleicher Wirksamkeit bei geringerer Belastungswirkung, sind nicht ersichtlich. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gegeben. Bei der Anordnung einer Maskenpflicht in Innenräumen handelt es sich um eine Maßnahme mit – nach dem Stand der Wissenschaft – hoher Wirksamkeit bei geringer Belastungswirkung. Insbesondere sind nach derzeitiger Erkenntnislage ernsthafte Gesundheitsgefahren durch das (kurzfristige) Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf den Verkehrsflächen des Landtages fernliegend22 und von den Landtagsabgeordnetenn nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar dargelegt. In der Sache ist die Anordnung einer Maskenpflicht politisch neutral23; ein Bekenntnis für oder gegen eine bestimmte politische Ausrichtung ist damit nicht verbunden. Im Übrigen besteht nach Ziffer 2 der streitgegenständlichen Anordnung die Möglichkeit, sich aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreien zu lassen, wenn eine entsprechende medizinische Indikation im Einzelfall tatsächlich bestehen sollte.
Die Anträge wurden nach § 12 Abs. 1 NStGHG in Verbindung mit § 24 Satz 1 BVerfGG ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss des Staatsgerichtshofs verworfen.
Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Beschluss vom 27. September 2021 – StGH 6/20
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2020 – 2 BvE 2/19, BVerfGE 154, 354, Rn. 29; VerfGH BW, Urteil vom 28.01.1988 – GR 1/87, ESVGH 38, 81, NJW 1988, 3199; OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 28.10.2020 – OVG 3 S 113/20, 3 L 171/20, NVwZ-RR 2021, 120, Rn. 8[↩]
- stRspr. vgl. NdsStGH, Urteil vom 24.11.2020 – StGH 6/19, LVerfGE 31, 317, NdsVBl 2021, 115, 44[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.2001 – 2 BvE 2/00, BVerfGE 104, 310, 331, Rn. 78 m. w. N.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.07.2019 – 2 BvE 4/19, BVerfGE 151, 191, Rn. 21 f.[↩]
- SächsVerfGH, Beschluss vom 25.02.2014 -Vf. 62-I-12, Rn. 17[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 – 2 BvE 1/06, BVerfGE 118, 277, 319, Rn.193[↩]
- NdsStGH, Urteil vom 15.01.2019 – 1/18, LVerfGE 30, 297, NdsVBl 2019, 115, Rn. 40 m.w.N[↩]
- s. zum Begriff: Simone Lenz, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl.2021, Art. 14 Rn.18[↩]
- s. Simone Lenz, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl.2021, Art. 14 Rn.12; Wiefelspütz, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 1. Aufl.2016, § 13 Rn. 7[↩]
- vgl. BayVerfGH, Entsch. v. 14.09.2020 – Vf. 70-IVa-20, Rn. 16[↩]
- stRspr., vgl. BVerfG, Urteil vom 14.07.1959 – 2 BvE 2/58, BVerfGE 10, 4, 11, Rn. 30; Urteil vom 28.02.2012 – 2 BvE 8/11, BVerfGE 130, 318, 342, Rn. 104[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.2013 – 2 BvE 6/08, BVerfGE 134, 141, 172 f., Rn. 92, 97 ff.[↩]
- stRspr., vgl. BVerfG, Urteil vom 13.06.1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188, 219, Rn. 104; Beschluss vom 09.06.2020 – 2 BvE 2/19, BVerfGE 154, 354, Rn. 40[↩]
- zu den vergleichbaren Regelungen im Grundgesetz: BVerfG, Beschluss vom 09.06.2020 – 2 BvE 2/19, BVerfGE 154, 354, Rn. 40[↩]
- BGBl. I S. 1045[↩]
- BGBl. I S. 3274[↩]
- Hollo, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl.2021, Art. 18 Rn.22[↩]
- s. auch Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2021 – 13 MN 369/21, Rn. 24 ff.[↩]
- vgl. www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; Abruf 10.09.2021[↩]
- so auch Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2020 – 13 ME 519/20, Rn. 65[↩]
- s. auch Nds. OVG, Beschl. 15.09.2021 – 13 MN 369/21, Rn.28 ff.[↩]
- s. ausführlich zu behaupteten Gesundheitsgefahren OVG NRW, Beschluss vom 09.03.2021 – 13 B 266/21.NE, Rn. 53 ff.[↩]
- vgl. BayVerfGH, Entsch. v.06.05.2021 – Vf. 37-IVa-21, Rn. 44[↩]
Bildnachweis:
- Niedersächsischer Landtag, Plenarsaal: Ra Bow | CC BY-SA 3.0 Unported