Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz – und die zwischenzeitliche Schenkung

Eine unentgeltliche Verfügung über ein anmeldebelastetes Grundstück schließt dessen Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz nicht aus. Unentgeltlich können auch Grundstücksveräußerungen sein, bei denen zwar Leistungen des Erwerbers vereinbart wurden, diese aber aus dem Grundstück zu erbringen sind oder im Verhältnis zu ihm nur einen geringfügigen Wert haben. 

Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz – und die zwischenzeitliche Schenkung

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall verkauften Helene L. und Alice D., die zum Kreis der im Nationalsozialismus aus rassischen Gründen Verfolgten gehörten, im Februar 1939 drei Grundstücke in Wandlitz. Erbeserbin des Käufers der Grundstücke wurde 1979 Luise M. Im Dezember 1992 beantragte die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. die Restitution der drei Grundstücke. Im August 1993 übertrug Luise M. die drei Grundstücke im Wege vorweggenommener Erbfolge an ihre Tochter. In dem Vertrag behielt sie sich ein Wohn- und Nutzungsrecht an den Grundstücken vor. Die Tochter) übernahm zudem die Kosten für Wasser, Abwasser, Licht und Heizung und verpflichtete sich zur Pflege ihrer Mutter in kranken und altersschwachen Tagen. 1995 schenkte die Tochter) zwei der drei Grundstücke an ihren Sohn). 2017 übertrug die Behörde das Eigentum an den Grundstücken antragsgemäß an die Jewish Claims Conference zurück.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht hat die gegen die Rückübertragung gerichtete Klage 2023 abgewiesen1. Die Grundstücksübertragung im August 1993 an die Tochter hindere die Restitution der Grundstücke nicht, weil diese nicht als entgeltlich im Sinne von § 3 Abs. 4 des Vermögensgesetzes anzusehen sei. Dagegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision der Kläger.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder hat die Klage gegen die Rückübertragung abgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Revision blieb vor dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls ohne Erfolg; die Behörde hat die drei Flurstücke zu Recht an die Jewish Claims Conference zurückübertragen, entschied das Bundesverwaltungsgericht:

Die Jewish Claims Conference ist als Rechtsnachfolgerin der Verfolgten rückübertragungsberechtigt. Ihr Rückübertragungsanspruch ist nicht wegen der Grundstücksübergabe an die Grundstückseigentümerin nach § 3 Abs. 4 VermG untergegangen. Diese Vorschrift greift bei unentgeltlichen Verfügungen nicht ein.

Das ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht vor allem aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck. Der Gesetzgeber ging von Grundstücksverkäufen aus, deren Erlös die Berechtigten statt des Grundstücks erhalten sollten. Er wollte Investitionen fördern und das Vertrauen in den Grundstücksverkehr schützen. Dieser Gesetzeszweck deckt keine Schenkungen zulasten der Berechtigten. Das Vertrauen in einen unentgeltlichen Erwerb ist danach nicht schutzwürdig.

Unentgeltlich in diesem Sinne sind nicht nur Verfügungen, bei denen der Erwerber keine Leistung zu erbringen hat. Verpflichtet er sich zu einer Leistung, kommt es darauf an, ob damit nach dem Willen der Vertragspartner die Übereignung abgegolten werden soll. Daran fehlt es regelmäßig, wenn die Leistung aus dem übereigneten Gegenstand zu erbringen oder ihr Wert im Verhältnis zu dessen Wert geringfügig ist. Je größer das Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung des Erwerbers und dem Wert des übertragenen Vermögenswerts ist, umso mehr spricht für die Unentgeltlichkeit der Verfügung.

Daran gemessen stellt sich die Verfügung der Mutter über die Flurstücke als unentgeltlich dar. Nach dem Grundstücksübergabevertrag hat die Tochter kein Übergabeentgelt zu zahlen. Das Wohnrecht ist keine Gegenleistung, weil es im Wohnhaus auf den übertragenen Flurstücken zu gewähren und im Grundbuch eingetragen ist. Der im Vertrag angesetzte Wert der verbleibenden Leistungen – Nebenkostenübernahme und Pflege – ist im Verhältnis zu dem wegen des Wohnrechts geminderten Wert der Flurstücke mit rund einem Zehntel geringfügig.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2024 – 8 C 12.23

  1. VG Frankfurt(Oder), Urteil vom 28.09.2023 – 4 K 798/17[][]

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  • Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch