Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, so zählt zu den Anforderungen an die hinreichende Begründung auch die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen und derjenigen Schriftstücke, ohne deren Kenntnis die Berechtigung der geltend gemachten Rügen sich nicht beurteilen lässt, zumindest aber deren Wiedergabe ihrem wesentlichen Inhalt nach, weil das Bundesverfassungsgericht nur so in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob die Entscheidungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehen1.

Dazu kann je nach Angriffsgegenstand auch die Vorlage von vorangegangenen Gerichtsentscheidungen oder Sachverständigengutachten gehören2.
Dem haben die Beschwerdeführenden im vorliegenden Fall nicht entsprochen: Das Oberlandesgericht hat seine rechtliche Wertung, dass eine nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB für einen länger andauernden Ausschluss des elterlichen Umgangs mit dem Kind erforderliche Kindeswohlgefährdung vorliegt, maßgeblich auch auf ein in einem vorangegangenen familiengerichtlichen Verfahren eingeholtes Gutachten einer Diplom-Psychologin aus dem Jahr 2020 gestützt. Insbesondere hat das Oberlandesgericht dem Gutachten Hinweise entnommen, die nach seiner Wertung die Einschätzung der im Ausgangsverfahren als sachverständige Zeugin gehörten Traumatherapeutin über eine (behandlungsbedürftige) Traumatisierung der Tochter bestätigen. Dieses Gutachten haben die Beschwerdeführenden weder vorgelegt noch dem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben. Ohne Kenntnis des Gutachtens wird das Bundesverfassungsgericht aber nicht in die Lage versetzt, auf ausreichender Grundlage zu prüfen, ob dem Oberlandesgericht unter Verletzung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 3 GG deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts unterlaufen sind, auf den es eine Gefährdung des Wohls der Tochter der Beschwerdeführenden im Fall von Umgangskontakten während der prognostizierten Dauer der Traumatherapie stützt.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. Dezember 2022 – 1 BvR 1943 – /22
Bildnachweis:
- Bundesverfassungsgericht: Udo Pohlmann