Schadensersatz für Lehman-Anleger

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem weiteren Verfahren erneut mit der Schadensersatzklage eines Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst.

Schadensersatz für Lehman-Anleger

In dem jetzt entschiedenen Fall erwarb der Kläger im Dezember 2007 von der beklagten Bank 100 Stück „Bonus Express Defensiv Zertifikate II“ zum Nennwert von je 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 2% für einen Anlagebetrag in Höhe von 102.000 €. Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der Wertentwicklung des Dow Jones EuroSTOXX 50 Index abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war. Die Beklagte erwarb die Zertifikate von der Emittentin zum Stückpreis von 972,50 €; ob sie den Kläger in dem Beratungsgespräch über diesen – von ihr vereinnahmten – Einkaufsrabatt von 27,50 € je Zertifikat aufgeklärt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Daneben erhielt sie den Ausgabeaufschlag, worauf in der vom Kläger unterschriebenen Kauforder hingewiesen wurde.

Mit der Insolvenz der Emittentin, der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., und der Garantin, der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc., im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen vor dem Landgericht Heidelberg1 und dem Oberlandesgerichts Karlsruhe2 keinen Erfolg. Die gegen diese klageabweisenden Urteile gerichtete Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Für den Fall eines Festpreisgeschäfts hat der Bundesgerichtshof durch seine Urteile vom 27. September 20113 und vom 26. Juni 20124 entschieden, dass die beratende Bank den Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zertifikaterwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt. An dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof fest. Daran hat sich auch durch die zum 1. November 2007 in Kraft getretene und damit für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung der §§ 31 ff. WpHG durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG)5 nichts geändert.

Durch dieses Gesetz wurden die Finanzmarktrichtlinie und die hierzu ergangene Durchführungsrichtlinie6 in nationales Recht umgesetzt, die jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union7 bei Verstößen gegen die gemäß diesen Richtlinien erlassenen Vorschriften lediglich Verwaltungsmaßnahmen oder Verwaltungssanktionen gegen die verantwortlichen Personen fordern, die Festlegung etwaiger vertraglicher Folgen aber den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen. Ob die Richtlinien oder §§ 31 ff. WpHG, insbesondere § 31d WpHG, den Banken in aufsichtsrechtlicher Hinsicht eine Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen oder Einkaufsrabatten auferlegen, hat der Senat offengelassen. Denn dies würde auch unter Beachtung der europarechtlich geprägten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität keine zivilrechtliche Haftung der Banken begründen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. September 2013 – XI ZR 332/12

  1. LG Heidelberg, Urteil vom 19.07.2011 – 2 O 301/10[]
  2. OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.07.2012- 17 U 148/11, WM 2012, 2333[]
  3. BGH, Urteile vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10[]
  4. BGH, Urteile vom 26.06.2012 – XI ZR 316/11 u.a.[]
  5. vom 16. Juli 2007, BGBl. I S. 1330[]
  6. Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 (Finanzmarktrichtlinie) und 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 (Durchführungsrichtlinie) []
  7. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C-604/11, ZIP 2013, 1417[]