Ist den Vertragsparteien bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besichtigung des Kaufobjekts nicht den Schluss, dass die Auflassung auf das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen beschränkt worden ist.

Im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Käufer den (wegen einer falsch gesetzten Trennwand zu kleinen) Keller vor Vertragsschluss besichtigt und von dem Aufteilungsplan keine Kenntnis gehabt. Demnach gingen die Parteien des geschlossenen Kaufvertrags bei Vertragsschluss davon aus, dass (nur) der besichtigte verkleinerte Kellerraum Teil des Sondereigentums war.
Dem Eigentumserwerb des Käufers steht dies aber nicht entgegen; die Auflassung hat sich insgesamt auf das Sondereigentum an dem fraglicen Kellerraum erstreckt. Es liegt keine versehentliche Falschbezeichnung vor, die dazu führte, dass das Sondereigentum nur in den Grenzen der tatsächlichen Bauausführung aufgelassen worden wäre.
Vorliegend hat der Käufer einen Miteigentumsanteil von 674/10.000 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wonung Nr. 3 nebst zugehörigem Kellerraum erworben. Allerdings gelten auch bei einer notariellen Urkunde die allgemeinen Regeln für die rechtliche Behandlung einer Falschbezeichnung. Danach kann ein übereinstimmender tatsächlicher Wille der Vertragsparteien den Inhalt des Rechtsgeschäfts bestimmen und dem Wortlaut der Vereinbarung vorgehen [1].
An einem solchen übereinstimmenden Willen fehlt es. Ist den Vertragsparteien – wie hier – bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besichtigung des Kaufobjekts nicht den Schluss, dass die Auflassung auf das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen beschränkt worden ist. Andernfalls wäre die Auflassung nämlich insgesamt unwirksam; da unzweifelhaft der gesamte Miteigentumsanteil übereignet werden sollte, hätte sie die gemäß § 6 Abs. 1 WEG unzulässige Entstehung eines isolierten Sondereigentumsanteils zur Folge (hier in Gestalt des durch die Wand abgetrennten Kellerteils; vgl. BayObLGZ 1987, 390, 395 f.). Dieses Ergebnis liefe den vernünftigen Interessen beider Parteien zuwider, die eine wirksame Eigentumsübertragung erzielen wollen. Nichts anderes lässt sich dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.07.2008 [2] entnehmen; dieses betraf eine Auflassung durch Insichgeschäft des teilenden Eigentümers unter Befreiung von den Vorgaben des § 181 BGB.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2015 – V ZR 284/14
- vgl. BGH, Urteil vom 07.12 2001 – V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039; Urteil vom 02.12 2005 – V ZR 11/05, Rpfleger 2006, 181 f.; Urteil vom 18.01.2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658 Rn. 12; Urteil vom 18.07.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 Rn. 18[↩]
- BGH, Urteil vom 18.07.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 Rn. 17 ff.[↩]
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