Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs

Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den erstat-tungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben.

Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem die Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG, RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1003 vorliaen, weil die Prozessbevollmächtigten der Parteien bei Abschluss eines Vertrags mitgewirkt haben, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt worden ist.

Gleichwohl entschied der Bundesgerichtshof, dass die Einigungsgebühren nicht gemäß der Kostengrundentscheidung in den jeweils ergangenen Anerkenntnisurteilen von den Beklagten zu erstatten seien.

Nicht zu beanstanden ist für den Bundesgerichtshof zwar die Auffassung, der Erstattung der Einigungsgebühr stehe nicht entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs gefunden haben. Für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr ist nämlich – anders als nach der früheren Regelung des § 23 BRAGO1 – die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht erforderlich. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erklärt, er halte an seiner im Beschluss vom 28. März 20062 geäußerten gegenteiligen Auffassung nicht fest3.

Allerdings gehören die Kosten eines – hier vorliegenden – außergerichtlichen Vergleichs nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben4.

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Gemäß § 98 Satz 1 ZPO sind bei einem Prozessvergleich die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Für einen außergerichtlichen Vergleich gilt die Vorschrift jedenfalls dann entsprechend, wenn der außergerichtliche Vergleich zur Prozessbeendigung führt5. Eine abweichende Vereinbarung liegt im hier beendeten Streitverfahren nicht vor.

Die Erstattungsfähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die in den Anerkenntnisurteilen getroffenen Kostengrundentscheidungen auch die Kosten der außergerichtlichen Einigung mit erfassten. Fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung hinsichtlich der Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs, erfasst die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs nicht. Deren Verteilung richtet sich dann unabhängig von der Verteilung der Kosten des Rechtsstreits nach § 98 Satz 1 ZPO. Dies ist durch den Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 25. September 20086 höchstrichterlich entschieden. Der VI. Senat des Bundesgerichtshofs schließt sich den dort niedergelegten Grundsätzen an.

§ 98 ZPO trifft keine einheitliche Regelung über die Kosten eines Rechtsstreits bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Er befasst sich vielmehr in seinem Satz 1 nur mit den Kosten des Vergleichs. Die dort vorgesehene Regelung, dass die Kosten grundsätzlich als gegeneinander aufgehoben gelten, wird mit Satz 2 auf die Kosten des Rechtsstreits übertragen. Das führt zwar dazu, dass für die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Vergleichs im Grundsatz die gleiche Kostenverteilung gilt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren. Das ändert aber nichts daran, dass die Vorschrift zwischen den Kosten des Vergleichs einerseits und den Kosten des Rechtsstreits ande-rerseits unterscheidet. Folge hiervon ist, dass die Kosten „des Rechtsstreits“ nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassen. Beide Gruppen von Kosten folgen vielmehr eigenen, zudem nicht notwendig ergebnisgleichen Regeln7.

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Hier haben die Parteien keine Kostenregelung getroffen und mithin auch nicht vereinbart, dass die Kosten des Vergleichs abweichend von § 98 ZPO als Kosten des Rechtsstreits behandelt werden sollen. Ein entsprechender Wille kommt auch nicht durch den Verfahrensablauf zum Ausdruck, weil in beiden Verfahren ein Anerkenntnisurteil gegen die jeweiligen Beklagten ergangen und ergänzend zwischen den Parteien ein Vergleich abgeschlossen worden ist, oh-ne eine Vereinbarung über die Kosten zu treffen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. März 2011 – VI ZB 45/09

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2002 – III ZB 22/02, VersR 2004, 395[]
  2. BGH, Beschluss vom 28.03.2006 – VIII ZB 29/05, NJW 2006, 1523[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 13.04.2007 – II ZB 10/06, NJW 2007, 2187 Rn. 7[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2008 – V ZB 66/08, NJW 2009, 519 Rn. 7 ff.; OLG Karlsruhe JurBüro 1991, 89, 90; OLG München, FamRZ 1999, 1674; OLG Frankfurt, NJW 2005, 2465, 2466; OLG Hamm, OLGR Hamm 2007, 738; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 98 Rn. 2; Münch-KommZPO/Giebel, 3. Aufl., § 98 Rn. 23 ff.; Schneider in Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 98 Rn. 1; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 98 Rn. 7; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl., VV 1000 Rn. 321 unter Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in der 18. Aufl., aaO, Rn. 376[]
  5. vgl. BGH, Urteile vom 31.01.1963 – III ZR 117/62, BGHZ 39, 60, 69; und vom 25.05.1988 – VIII ZR 148/87, NJW 1989, 39, 40; Beschlüsse vom 15.03.2006 – XII ZR 209/05, NJW-RR 2006, 1000; vom 08.12.2006 – V ZR 249/05, VersR 2007, 1086; vom 25.09.2008 – V ZB 66/08, aaO, Rn. 8 mwN[]
  6. BGH, Beschluss vom 25.09.2008 – V ZB 66/08, aaO[]
  7. vgl. BGH, Beschluss vom 25.09.2008 – V ZB 66/08, aaO, Rn. 13[]
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