Kirchliche Stiftungen – und die Haftung des Vorstandes

Wird der Vorstand einer Stiftung von der Stiftung wegen einer Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, so kann dieser der Stiftung gegenüber nicht einwenden, dass für den von ihm herbeigeführten Schaden ein anderes Stiftungsorgan (hier: Stiftungsrat) mitverantwortlich ist.

Kirchliche Stiftungen – und die Haftung des Vorstandes

§ 254 BGB in einem solchen Fall auf die Schadensersatzansprüche der Stiftung nicht anwendbar.

Die Stiftung als juristische Person selbst hat an der Schadensentstehung nicht mitgewirkt. Es geht deshalb allein darum, ob sie sich das Handeln des Stiftungsrats (Kuratoriums) gemäß § 254 BGB anspruchsmindernd anrechnen lassen muss.

Für die Organhaftung einer GmbH oder Aktiengesellschaft ist eine Anwendung des § 254 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht möglich. In der juristischen Person, die als solche nicht handeln kann, sind nämlich die Pflichten der für sie tätigen Organe so ausgestaltet, dass sie nebeneinander bestehen; jedes Organ ist für die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen seines gesetzlichen und satzungsmäßigen Geschäftsbereichs selbständig verantwortlich und hat deshalb im Falle einer Pflichtwidrigkeit für den verursachten Schaden der juristischen Person auch voll einzustehen. Kein Gesellschaftsorgan kann der Gesellschaft gegenüber einwenden, seine Ersatzpflicht sei gemindert, weil ein anderes Gesellschaftsorgan für den Schaden mitverantwortlich sei1. Denn die Gesellschaftsorgane vertreten im Innenverhältnis nicht die Gesellschaft gegenüber den anderen Organen2. So kann etwa der Geschäftsführer einer GmbH, der von der Gesellschaft wegen einer Pflichtwidrigkeit in Anspruch genommen wird, nicht einwenden, ein Mitgeschäftsführer oder ein Mitglied eines in der GmbH gebildeten Aufsichtsrats sei für den von ihm herbeigeführten Schaden mitverantwortlich, so dass seine eigene Ersatzpflicht nach § 254 BGB gemindert sei3; der Geschäftsführer kann als Mitverschuldenseinwand auch nicht geltend machen, er sei von der Gesellschafterversammlung schlecht ausgewählt oder nachlässig überwacht worden4. Ebenso ist der Mitverschuldenseinwand ausgeschlossen im Verhältnis zwischen Vorstand und Geschäftsführer eines Sozialversicherungsträgers5.

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Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Stiftung6. Auch wenn zwei Organe einer Stiftung, etwa der Vorstand und ein Stiftungsrat, die Stiftung schädigen, haften sie gleichstufig für den durch sie entstandenen Schaden und damit als Gesamtschuldner. Sie können sich nicht auf das Mitverschulden des anderen Gesamtschuldners zur eigenen Haftungsverminderung berufen, sondern sind darauf verwiesen, bei dem anderen Gesamtschuldner, dem anderen haftenden Organ der Stiftung, Rückgriff zu nehmen. Dem steht nicht entgegen, dass der Stiftungsrat gegenüber dem Beklagten als Vorstand nach § 10 Absatz 1 der Stiftungssatzung weisungsbefugt gewesen ist. Solche Weisungen sind – entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof vertretenen Auffassung – hinsichtlich des hier ermittelten Schadens vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden; sie hätten gegebenenfalls ein Verschulden des Beklagten und damit eine Haftung ausschließen können. Auch in der Stiftung gilt der Grundsatz, der den Einwand des Mitverschuldens dieser gegenüber im Hinblick auf die Verletzung der Überwachungspflicht durch ein anderes Stiftungsorgan ausschließt.

Der Hinweis, im Fall der Schadensentstehung durch eine Pflichtverletzung der Stiftungsaufsicht und eines Stiftungsorgans sei der Mitverschuldenseinwand nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig7, geht fehl. Die Stiftungsaufsicht ist kein Organ der Stiftung, so dass die dortige Fallgestaltung von der hier vorliegenden abweicht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2014 – III ZR 509/13

  1. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 254 Rn. 49[]
  2. RG JW 1920, 1032, 1033[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1983 – II ZR 103/82, NJW 1983, 1856; Urteil vom 26.11.2007 – II ZR 161/06, NJW-RR 2008, 484 Rn. 3; siehe für das Verhältnis Vorstandsmitglied und Aufsichtsrat bei der Aktiengesellschaft: RG JW 1920, 1032 f.[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1983 aaO S. 1857[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 14.02.1985 – IX ZR 145/83, NJW 1985, 2194, 2196[]
  6. vgl. Hüttemann/Herzog, Non Profit Law Yearbook 2006 S. 33, 42[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 03.03.1977 – III ZR 10/74, BGHZ 68, 142, 151[]
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