Die Regelvergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist nicht durch die bei gleicher Berechnungsgrundlage sich ergebende Regelvergütung des Insolvenzverwalters nach § 2 Abs. 1 InsVV der Höhe nach begrenzt.

Übersteigt die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren den Betrag von 160.000 € oder die Gesamtsumme aller angemeldeten und anerkannten Insolvenzforderungen, kommt ein Abschlag in Betracht, der von Amts wegen zu prüfen ist.
Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV in der Regel 15 v.H. der Insolvenzmasse.
Auch wird die Regelvergütung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV nach oben nicht durch den sich bei gleicher Insolvenzmasse nach § 2 Abs. 1 InsVV zu errechnenden Regelsatz begrenzt.
Ausgangspunkt der Regelung der Vergütung in § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV ist die Überlegung, dass der Aufgabenkreis des anstelle des Insolvenzverwalters im vereinfachten Insolvenzverfahren tätigen Treuhänders erheblich reduziert ist und deshalb regelmäßig eine auf 15 v.H. des Wertes der Insolvenzmasse geminderte Vergütung gerechtfertigt ist [1]. Dagegen erhält der Insolvenzverwalter gemäß § 2 Abs. 1 InsVV eine nach dem Wert der Insolvenzmasse in sieben Stufen gestaffelte Regelvergütung, dabei von den ersten 25.000 € 40 v.H., von den nächsten 20.000 € 25 v.H. und von dem Mehrbetrag bis 250.000 € 7 v.H.
Im vereinfachten Insolvenzverfahren, insbesondere im Verbraucherinsolvenzverfahren, steht typischerweise nur eine geringe Masse zur Verfügung. Mit der Einfügung der Vorschriften zur Stundung der Verfahrenskosten gemäß §§ 4a ff. InsO durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und andere Gesetze vom 26.10.2001 [2] hat sich das Verhältnis der massereichen zu den massearmen Verfahren grundsätzlich geändert. Die Zahl der massearmen Verfahren ist stark angestiegen [3]. Im Bereich der Verbraucherinsolvenzverfahren (vereinfachte Insolvenzverfahren) sind massereiche Verfahren eine seltene Ausnahme geworden [4].
Auch im vorliegenden, vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die vorhandene Masse anfangs 0 €.
Typischerweise tritt eine starke Erhöhung der Masse in Verbraucherinsolvenzverfahren in den auch beim Bundesgerichtshof nicht ganz selten auftretenden Fällen ein, in denen der Schuldner – wie im vorliegenden Fall – während des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft macht, welche die Summe aller Insolvenzforderungen übersteigt [5]. Die während des laufenden Insolvenzverfahrens anfallende Erbschaft fällt in die Masse [6].
Bei hoher Masse übersteigt die Regelvergütung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV in Höhe von 15 v.H. der Masse die Regelvergütung nach der Staffel des § 2 Abs. 1 InsVV ab einem Betrag von ca. 160.000 €. Aus der amtlichen Begründung zum § 13 InsVV ist nicht erkennbar, ob diese Konstellation bedacht worden ist. Da sie jedoch rechnerisch offen zutage liegt, muss davon ausgegangen werden, dass eine Deckelung der Regelvergütung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 InsVV nicht beabsichtigt war. Der Verordnungsgeber hat vielmehr gemäß § 13 Abs. 2 InsVV die Anwendung des § 2 Abs. 1 InsVV ausdrücklich ausgeschlossen. Eine sich ergebende unangemessen hohe Vergütung kann auf anderem Wege, nämlich durch Abschläge, vermieden werden.
Auch ist eine solche Deckelung der Regelvergütung auch nicht durch verfassungskonforme Auslegung geboten.
Die Regelung der Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren beruht auf § 313 Abs. 1 Satz 3, § 65 InsO. Bei Ausübung der Verordnungsermächtigung hat sich der Verordnungsgeber gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG an Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung zu halten. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO muss dabei dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen werden. Dies ist in § 13 Abs. 1 Satz 2 InsVV ausdrücklich für den Fall vorgesehen, dass das vereinfachte Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird. Darüber hinaus kann die Vergütung auch aus anderen erheblichen Gründen erhöht oder abgesenkt werden, auch wenn gemäß § 13 Abs. 2 InsVV die Vorschrift des § 3 InsVV keine Anwendung findet. Der Verordnungsgeber hat Abweichungen nach unten und nach oben für zulässig angesehen. Der Ausschluss der Anwendbarkeit des § 3 InsVV bedeutet nur, dass die dortigen Regelfälle keine Anwendung finden, dass aber Zu- und Abschläge in besonders gelagerten Ausnahmefällen gleichwohl zulässig sein sollen [7]. Einer besonderen Deckelung der Regelvergütung bedarf es daneben nicht.
Das Landgericht hat eine Herabsetzung der Regelvergütung des Treuhänders bei relativ großer Insolvenzmasse grundsätzlich zwar für möglich erachtet, aber nur für den Fall befürwortet, dass sonst bei einer Einzelfallbetrachtung ein nicht mehr tragbares Ergebnis vorläge. Eine Kürzung hat es im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer, die in dieser Zeit erstellten Berichte und die erforderliche Verwertung der Erbschaft abgelehnt. Dabei hat es jedoch erhebliche, vom Normalfall abweichende Umstände nicht berücksichtigt. Bei der Festsetzung der Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist dem Grundgedanken des § 13 InsVV nach einer vereinfachten pauschalierten Festsetzung der Vergütung Rechnung zu tragen. Zu- und Abschläge kommen deshalb nur in Betracht, wenn erhebliche Abweichungen vom Tätigkeitsbild vorliegen, wie es typischerweise beim Treuhänder gegeben ist und wie es dem Verordnungsgeber vorschwebte [8].
Dem Verordnungsgeber schwebte, wie ausgeführt, vor, dass dem Treuhänder im Hinblick auf seinen gegenüber dem Insolvenzverwalter deutlich reduzierten Aufgabenkreis regelmäßig eine geringere Vergütung zusteht als dem Insolvenzverwalter bei gleicher Masse.
Bei einer Insolvenzmasse über 50.000 € ist aber im Hinblick auf den übersteigenden Betrag die Regelvergütung des Treuhänders deutlich höher. Ab einem Betrag von ca. 160.000 € übersteigt die Gesamtregelvergütung des Treuhänders diejenige des Verwalters. Jedenfalls ab einer Berechnungsgrundlage von mehr als 160.000 € weicht die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV berechnete Regelvergütung des Treuhänders im Normalfall so erheblich von den Vorstellungen des Verordnungsgebers ab, dass ein Abschlag geprüft werden muss. Bei der Regelvergütung kann es in diesen Fällen nur verbleiben, wenn erhebliche Erschwernisse gegenüber dem normalen Tätigkeitsbild des Treuhänders vorliegen, die der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters im Normalverfahren zumindest entsprechen oder, bei weiter steigender Berechnungsgrundlage, diese übersteigen.
Bei der hier vorliegenden Berechnungsgrundlage von 239.066,11 € errechnet sich eine Regelvergütung des Insolvenzverwalters von 29.484,62 €, dagegen eine Regelvergütung des Treuhänders von 35.859,91 €. Das entspricht einer Regelvergütung des Verwalters mit Zuschlägen in Höhe von ca. 22 v.H.
Der vorliegende Fall weicht vom Normalfall auch insoweit ab, als die Insolvenzmasse die Summe aller angemeldeten und festgestellten Forderungen weit übersteigt. In den früher geltenden Regelungen in § 1 Abs. 2, § 8 Abs. 3 VergVO [9] war die für die Vergütung maßgebliche Teilungsmasse durch den Gesamtbetrag der Insolvenzforderungen nach oben begrenzt. Diese Begrenzung gilt für die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung nicht mehr [10]. Der Verordnungsgeber hat diese Regelungen nicht übernommen in der Annahme, ein Masseüberschuss werde häufig auf die besonderen Leistungen des Verwalters zurückzuführen sein [11]. In Fällen, in denen sich die Masse während des laufenden Insolvenzverfahrens jedoch ohne jegliches Zutun des Verwalters, insbesondere durch Erbschaft, auf einen über die Summe aller Insolvenzforderungen hinausgehenden Betrag erhöht, greift diese Überlegung nicht. Es liegt vielmehr die Annahme nahe, dass es bei einer früheren derartigen Vermögensmehrung durch Erbschaft ein Insolvenzverfahren erst gar nicht gegeben hätte oder die Einstellung des Verfahrens nach § 212 InsO in Betracht gekommen wäre.
Jedenfalls liegt dann, wenn der für die Vergütung nach § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO maßgebliche Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens ohne Zutun des Verwalters die Summe der Insolvenzforderungen übersteigt, eine vom Normalfall abweichende Situation vor, die die Prüfung eines Abschlags gebietet. Dies kann sich für den Insolvenzverwalter schon aus § 3 Abs. 2 Buchst. d InsVV ergeben, im Übrigen, auch für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren, aus der erheblichen Abweichung vom typischen Tätigkeitsbild.
Der Bundesgerichtshof hat schon bisher in derartigen Fällen einen von Insolvenzgerichten vorgenommenen Abschlag gebilligt [12].
Das Beschwerdegericht hat diese Abschlagstatbestände nicht in Erwägung gezogen und ausreichend gewürdigt. Es hat im Hinblick auf die außerordentliche Höhe der Regelvergütung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsVV einen Abschlag mit unzureichender Begründung abgelehnt. Allein mit der langen Dauer eines Insolvenzverfahrens, das hier ca. 4 Jahre und 7 Monate betrug, kann ein Zuschlag zur Regelvergütung ohnehin nicht begründet werden, sondern allein mit der in dieser Zeit erbrachten Tätigkeit [13]. Die Erstattung von sechs Berichten und die Verwertung der Masse, die zu den Grundpflichten des Verwalters und des Treuhänders gehört, lässt keine über das Tätigkeitsbild eines Insolvenzverwalters hinausgehenden Anforderungen erkennen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. September 2011 – IX ZB 193/10
- vgl. im Einzelnen: Amtliche Begründung zu § 13 InsVV; abgedruckt z.B. bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., S. 42 ff., S. 63[↩]
- BGBl. I S. 2710[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2004 – IX ZB 96/03, BGHZ 157, 282, 289 f.[↩]
- BGH, Beschluss vom 15.01.2004 – IX ZB 46/03, ZIP 2004, 424, 425[↩]
- vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639[↩]
- BGH, Beschluss vom 01.03.2007, aaO S. 639 mwN; vom 15.07.2010 – IX ZB 229/07, BGHZ 186, 223 Rn. 4[↩]
- BGH, Beschluss vom 24.05.2005 – IX ZB 6/03, ZInsO 2005, 760, 761[↩]
- BGH, Beschluss vom 24.05.2005 aaO; vom 21.02.2008 – IX ZB 62/05, BGHZ 175, 307 Rn. 23[↩]
- Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirates[↩]
- BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639 Rn. 10[↩]
- Amtliche Begründung zu § 1 InsVV, aaO S. 48[↩]
- vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 01.03.2007, aaO Rn. 6, 15 ff.[↩]
- BGH, Beschluss vom 16.09.2010 – IX ZB 154/09, ZIP 2010, 2056 Rn. 6 ff.[↩]