Schönheitsreparaturen und die vom Vermieter geplanten Umbaumaßnahmen

Allein die Absicht des Vermieters, nach Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen in den Mieträumen durchzuführen, genügt nicht, um im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der vertraglichen Verpflichtung des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, einen Ausgleichsanspruch in Geld treten zu lassen. Ein solcher Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass die Mieträume tatsächlich umgebaut werden1.

Schönheitsreparaturen und die vom Vermieter geplanten Umbaumaßnahmen

Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall durch die Bestimmungen des Mietvertrags die Pflichten zur Ausführung von Schönheitsreparaturen und Renovierungsarbeiten überhaupt wirksam auf die Mieter übertragen wurden2, ergibt sich ein solcher Anspruch des Vermieters weder im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags ein Anspruch des Vermieters auf Geldersatz für vom Mieter geschuldete und nicht erbrachte Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen ergeben, wenn dieser bei Auszug die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen nicht ausführt, weil der Vermieter die Mieträume anschließend umbauen will und der Mietvertrag für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung enthält3. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass der zum Umbau entschlossene Vermieter nicht mehr an einer Sachleistung des Mieters interessiert ist. Es wäre widersinnig, den Vermieter an dem Anspruch auf Erfüllung der von dem Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen festzuhalten, obwohl bei Erfüllung dieser Pflicht das Geschaffene alsbald wieder zerstört würde. Andererseits würde es jedoch regelmäßig in Widerspruch zu dem Inhalt des Mietvertrags stehen, den Mieter von seiner Verpflichtung zu befreien, ohne dass er hierfür einen Ausgleich entrichten müsste. Denn die im Vertrag übernommene Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen stellt sich im Regelfall als Teil des Entgelts dar, das er als Gegenleistung für die Leistung des Vermieters zu entrichten hat. Enthält der Mietvertrag für den Fall des Umbaus des Mietobjekts keine ausdrückliche Vereinbarung, kann eine vorliegende Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Dabei entspricht es nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien, dem Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen einen entsprechenden Geldanspruch zu geben3.

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Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch auf Fälle, in denen der Vermieter entgegen einer im Zeitpunkt der Fälligkeit der Renovierungsarbeiten geäußerten Absicht von einem Umbau der Mietsache letztlich absieht, nicht übertragbar. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Mietvertrag daher nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass dem Vermieter anstelle der von dem erfüllungsbereiten Mieter geschuldeten Renovierungsarbeiten ein Ausgleichsanspruch zusteht.

Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das Bestehen einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der Be- stimmungen des Rechtsgeschäfts, die nicht durch die Heranziehung von Vorschriften des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann. Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt aber nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem Gesamtzusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrags tatsächlich Vereinbarten stehen würde. Zudem darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes führen4.

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Eine hiermit vergleichbare Interessenlage besteht jedoch nicht, wenn der Vermieter zwar zunächst beabsichtigt, nach dem Auszug des Mieters die Mieträume umzubauen, in der Folgezeit ein Umbau aber tatsächlich nicht erfolgt. Er muss sich dann an den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen festhalten lassen, die in diesem Fall nicht sinnlos geworden sind.

Wurden die Schönheitsreparaturen oder die Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen wirksam auf den Mieter übertragen, kann der Vermieter aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen vom Mieter lediglich die Erfüllung dieser Verpflichtungen verlangen. Dieser Anspruch besteht auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters fort5. Will der Vermieter an diesem primären Erfüllungsanspruch nicht festhalten und sich stattdessen einen auf Geldzahlung gerichteten Ersatzanspruch verschaffen, muss er diesen unter Einhaltung des Verfahrens nach § 281 Abs. 1 BGB begründen6.

Folgte man der vom Oberlandesgericht Koblenz7 vertretenen Auffassung, der sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Zahlungsanspruch des Vermieters entstehe, sobald der Mieter von der Absicht des Vermieters, die Mieträume umzubauen, Kenntnis erlange, würde diese gesetzliche Systematik übergangen. Der Vermieter könnte den auf Durchführung der Schönheitsreparaturen gerichteten Erfüllungsanspruch auch bei bestehender Erfüllungsbereitschaft des Mieters in einen Geldersatzanspruch umwandeln, indem er zunächst die Absicht zum Umbau des Mietobjekts behauptet und nach der Zahlung des geforderten Ausgleichsbetrags von einem Umbau absieht. Die dem Vermieter dadurch eröffnete Möglichkeit, den Erfüllungsanspruch in einen Geldanspruch umzuwandeln, ohne dass die Voraussetzungen des § 281 BGB vorliegen müssten, kann nicht mehr als Ausfüllung einer planwidrigen Regelungslücke verstanden werden. Eine entsprechende Auslegung des Mietvertrags würde vielmehr zu einer erheblichen Erweiterung der Rechte des Vermieters führen, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zulässig ist8.

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Dass der Vermieter schließlich aufgrund einer Veräußerung des Mietobjekts subjektiv kein Interesse an der Erbringung der Renovierungsarbeiten mehr hat, rechtfertigt es ebenfalls nicht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle des primären Erfüllungsanspruchs einen Ausgleichsanspruch treten zu lassen. Der vertragliche Anspruch gegen den Mieter auf Erbringung der übernommenen Renovierungsarbeiten erlischt erst durch ein Schadensersatzverlangen nach § 281 Abs. 4 BGB. Da der Anspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters bis zu diesem Verlangen fortbesteht, geht er gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf den Erwerber des Mietobjekts über. Dieser kann vom Mieter Erfüllung verlangen oder, falls der Mieter nicht zur Vornahme der Renovierungsarbeiten bereit ist, die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 281 Abs. 1 BGB schaffen und die Erklärung nach § 281 Abs. 4 BGB abgeben9. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Mieter auch bei einer Veräußerung des Mietobjekts nicht kompensationslos von der übernommenen Verpflichtung zur Vornahme von Renovierungsarbeiten befreit wird. Dann besteht auch kein Bedürfnis dafür, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle des vereinbarten Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten einen Ausgleichsanspruch des Vermieters treten zu lassen.

Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters für die nicht erbrachten Renovierungsarbeiten ergibt sich im hier entschiedenen Fall auch nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn der Vermieter hat vorliegend den Mieter weder erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt noch war vorliegend die Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich.

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Grundsätzlich kann dem Vermieter gemäß den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Mieter eine wirksam auf ihn übertragene Verpflichtung, Schönheitsreparaturen oder Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen zu erbringen, schuldhaft nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Vermieter den Mieter zur Leistungserbringung auffordert, ihm eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt und diese Frist verstreicht, ohne dass der Mieter seine Verpflichtung erfüllt10.

Unabhängig von der Frage, welchen inhaltlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Leistungserbringung bei nicht vorgenommenen Renovierungsarbeiten genügen muss11, liegt eine solche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Der Vermieter hat vorliegend vom Mieter im Hinblick auf den beabsichtigten Umbau des Mietobjekts stets nur den für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Geldbetrag gefordert. Auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses wurde der Mieter vom Vermieter nicht zur Vornahme von Renovierungsarbeiten aufgefordert.

Die erforderliche Leistungsaufforderung und Fristsetzung war auch nicht nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich. Dies setzt voraus, dass der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Dabei sind an das Vorliegen einer solchen Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen12. Erforderlich ist ein Verhalten des Schuldners, aus dem zu schließen ist, dass dieser sich durch eine weitere Aufforderung zur Leistung nicht umstimmen lassen wird. Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung kann insbesondere angenommen werden, wenn der Mieter durch sein Verhalten vor Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen wird und demgemäß das Mietobjekt bei Vertragsende räumt, ohne Anstalten für die Vorbereitung oder Ausführung der Schönheitsreparaturen getroffen zu haben13.

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Vorliegend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Mieter seine Renovierungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert hat. Dies ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Mieter in einem früheren Rechtsstreit zwischen den Parteien die Rechtsauffassung vertreten hat, zur Vornahme von Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsarbeiten nicht verpflichtet zu sein. Hierin liegt schon deshalb keine ernsthafte Erfüllungsverweigerung, weil dieser Rechtsstreit zu einem Zeitpunkt geführt worden ist, zu dem eine Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht absehbar war. Hinzu kommt, dass der Mieter vorliegend noch vor Beendigung des Mietverhältnisses durch seinen Prozessbevollmächtigten außergerichtlich erklären ließ, zur Vornahme der notwendigen Renovierungsarbeiten bereit zu sein. Außerdem konnte der Mieter im Zeitpunkt seines Auszugs davon ausgehen, dass der Vermieter entsprechend seiner Ankündigung an der Durchführung der Schönheitsreparaturen kein Interesse mehr hatten. Auf dieser tatsächlichen Grundlage kann trotz des Umstandes, dass der Mieter ohne Vornahme der Renovierungsarbeiten aus den Mieträumen ausgezogen ist, deswegen nicht angenommen werden, er hätte die Erbringung der geschuldeten Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.

Besondere Umstände, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs rechtfertigen würden (§ 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB), sind vorliegend nicht festgestellt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Februar 2014 – XII ZR 76/13

  1. im Anschluss an BGH, Urteil BGHZ 151, 53 = NJW 2002, 2383[]
  2. vgl. dazu BGH, Urteile BGHZ 151, 13 = NJW 2002, 2383, 2384; vom 06.04.2005 XII ZR 158/01 NZM 2005, 863, 864; und vom 18.03.2009 XII ZR 200/06 NJW-RR 2009, 947, Rn.19[]
  3. BGH, Urteil BGHZ 151, 53 = NJW 2002, 2383; BGHZ 77, 301, 304 f. = NJW 1980, 2347, 2348; BGHZ 92, 363, 369 ff. = NJW 1985, 480, 481; BGH Urteil vom 20.10.2004 – VIII ZR 378/03 NJW 2005, 425, 426[][]
  4. BGH, Urteil vom 11.01.2012 XII ZR 40/10 NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN[]
  5. vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2010] § 535 Rn. 118[]
  6. Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 538 BGB Rn. 252; Staudinger/Emmerich BGB [2010] § 535 Rn. 118; Pietz/Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 16 Rn. 142[]
  7. OLG Koblenz, Urteil vom 12.04.2013 – 10 U 832/12[]
  8. vgl. BGHZ 77, 301, 304 = NJW 1980, 2347[]
  9. Streyl in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 566 BGB Rn. 130[]
  10. Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 538 BGB Rn. 261; Bub/Treier/Scheuer/Kraemer/Paschke Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A Rn.202 ff.[]
  11. vgl. hierzu Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 538 BGB Rn. 291 ff. und Bub/Treier/Scheuer/Kraemer/Paschke Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A Rn.205; offen gelassen im BGH, Urteil vom 09.07.1992 XII ZR 268/90 NJW-RR 1992, 1226, 1227[]
  12. BGH, Urteil vom 09.07.1992 XII ZR 268/90 NJW-RR 1992, 1226, 1227 zu § 326 BGB aF; BGH Urteil vom 29.06.2011 – VIII ZR 202/10 NJW 2011, 2872 Rn. 14 zu § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB[]
  13. BGH, Urteil vom 10.07.1991 XII ZR 105/90 26 NJW 1991, 2416, 2417 zu § 326 BGB aF; Bub/Treier/Scheuer/Kraemer/Paschke Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A Rn.209 ff.[]
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