Strom- und Gasliefervertrag – und die vereinbarte Preisgarantie

Im Liefervertrag für eine feste Laufzeit vereinbarte Preisgarantien schließen während dieser Zeit eine Preiserhöhung aus. Dies gilt auch im Energiekrisenjahr 2022.

Strom- und Gasliefervertrag – und die vereinbarte Preisgarantie

In dem hier vom Amtsgericht München entschiedenen Fall schloss die klagende Kundin aus Nordrhein-Westfalen mit einem im Landkreis München ansässigen Energielieferanten am 23. bzw. 24.09.2021 Verträge über die Lieferung von Strom und Gas. Die Verträge sahen eine Lieferung ab dem 01.01.2022 vor. Vereinbart war eine Preisgarantie von 12 Monaten. Im Januar 2022 erhöhte der beklagte Energielieferant einseitig den Strompreis zum 28.02.2022, im März 2022 den Gaspreis zum 01.05.2022. Die Kundin widersprach beiden Preiserhöhungen. Der Energielieferant kündigte daraufhin das Vertragsverhältnis. Die Kundin sah sich in der Folge veranlasst neue Strom- und Gaslieferverträge zu einem höheren Preis bei einem anderen Energielieferanten abzuschließen und verlangte die Mehrkosten in Höhe von insgesamt 596,85 € im Wege des Schadensersatzes vom beklagten Energielieferanten. Da dieser eine Zahlung verweigerte, erhob die Kundin Klage vor dem Amtsgericht München.

Das Amtsgericht München gab der Kundin weitgehend recht und verurteilte den Anbieter zur Zahlung von 515,87 €:

Das Gericht geht davon aus, dass im Vertrag zwischen den Parteien eine Preisbindung für 12 Monate „ab Vertragsschluss“ zugesichert und vereinbart worden ist. Dies resultiert aus dem eindeutigen Wortlaut der Auftragsbestätigungen, die den Vertragsinhalt dokumentieren, und eine Preisbindung ab Vertragsschluss ausweisen.

Nach Auffassung des Gerichts ist entlang der Wortlautgrenze [jedoch] keine Auslegung oder Umdeutung dahingehend [zulässig], dass für 12 Monate „ab Lieferbeginn“ ein Preis zugesichert würde. […] Als „Kompensation“ für die ab Vertragsschluss (und nicht ab Lieferbeginn) geltende Preisbindung erhält der Kunde auch eine korrespondierende feste Vertragslaufzeit „ab Vertragsschluss“, sodass er sich gegebenenfalls auch unmittelbar ab Beendigung der 12-monatigen Preisbindung 12 Monate nach Vertragsschluss und nicht 12 Monate nach Lieferbeginn wieder vom Vertrag hätte lösen können.

Eine Preiserhöhung war damit vertraglich vor dem 22./23.09.2022 nicht gerechtfertigt, sodass der Kläger in zulässiger Weise der Preiserhöhung im Januar/März 2022 widersprochen hat. Mangels weiterer Belieferung mit Energie entsprechend der vertraglich vereinbarten Preise konnte der Kläger damit wegen Vertragsverletzungen der Energielieferantin die Mehrkosten, die der Kläger dann bis 22./23.09.2022 tragen musste, als Schadensersatz verlangen.

Soweit die Kundin jedoch über den 23.09.222 hinaus bis 31.12.2022 Schadensersatz verlangte, wies das Amtsgericht die Klage aus den genannten Gründen ab.

Amtsgericht München, Urteil vom 12. April 2024 – 172 C 17424/23