Auch ein Theaterintendant (Generalintendant) kann ein Arbeitnehmer sein, sodass für seine Kündigungsschutzklage die Arbeitsgerichte zuständig sind.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall erhielt der klagende Intendant von der beklagten Stadt ein monatliches Bruttogehalt von 15.000, 00 Euro nebst einer jährlichen Zuwendung in Höhe von 60 vH des monatlichen Bruttogehalts. Er war zur Anzeige und Genehmigung von Nebentätigkeiten und zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor Ablauf des dritten Arbeitstags nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet, hatte Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen bei auf Krankheit beruhender Arbeitsunfähigkeit und auf Erholungsurlaub von 45 Kalendertagen, der dem Rechtsträger anzuzeigen und grundsätzlich in den Theaterferien zu nehmen war. Der Intendant musste seine tägliche Arbeitszeit nicht dokumentieren. Er nutzte das ihm von der Stadt im Theater zur Verfügung gestellte Büro, war hierzu jedoch nicht verpflichtet. Das Theater ist ein Eigenbetrieb der beklagten Stadt. Die vertraglich in Bezug genommene Eigenbetriebssatzung regelt unter anderem die Organisation des Theaters und die Aufgaben der für die Angelegenheiten des Eigenbetriebs zuständigen Organe (§ 3). Dazu gehört der Generalintendant, der gemeinsam mit dem Verwaltungsdirektor die Werkleitung bildet (§ 4). Daneben sind die Befugnisse des Werkausschusses des Theaters (§ 9) und des Oberbürgermeisters (§ 11) bestimmt. In dem durch den Werkausschuss aufgestellten und ebenfalls vertraglich in Bezug genommenen Regelwerk „Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan für die Werkleitung des Theaters“ („Geschäftsordnung“) sind unter anderem die Aufgaben der Werkleiter im Einzelnen definiert (§§ 5 ff.), unter anderem auch die des Generalintendanten als künstlerischem Leiter. Ferner ist die Stellung des Oberbürgermeisters als Dienstvorgesetzter beider Werkleiter näher geregelt (§ 11). Am 1.08.2024 hat die Stadt das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt.
Die Vorinstanzen haben die Arbeitnehmereigenschaft des Intendanten und auf die Rüge der beklagten Stadt die Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen bejaht1. Das Bundesarbeitsgericht hat dies nun ebenso gesehen und auch die Rechtsbeschwerde der Stadt zurückgewiesen:
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und gemäß § 78 ArbGG, §§ 574 ff. ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde der Stadt gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Es hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zutreffend für gegeben erachtet.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht zugrunde gelegt, dass die Rechtswegzuständigkeit sich nach dem mit der Klage verfolgten Hauptantrag, der die außerordentliche Kündigung vom 01.08.2024 zum Gegenstand hat, richtet. Die übrigen Anträge hat es zutreffend als Hilfsanträge ausgelegt. Fällt im Verlauf des Verfahrens ein Hilfsantrag zur Entscheidung an, ist insoweit ggf. gesondert über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden. Ein Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den Hauptantrag entfaltet grundsätzlich keine Bindungswirkung für die Hilfsanträge2.
Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen sog. sic-non-Fall handelt, bei dem die Klage nur dann begründet sein kann, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist, sodass schon die entsprechende Rechtsbehauptung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Der Erfolg des Hauptantrags ist vorliegend nicht von der Arbeitnehmerstellung des Intendanten abhängig. Er könnte damit auch dann obsiegen, wenn die außerordentliche Kündigung eines freien Dienstverhältnisses in Rede stünde. Auch bei Bestehen eines solchen wäre die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung am Maßstab des § 626 BGB zu überprüfen3.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG gegeben sind. Es geht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis. Der Intendant ist als Arbeitnehmer und die Stadt als seine Arbeitgeberin zu qualifizieren.
§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG steht der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht entgegen.
In Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person sind nach dieser gesetzlichen Fiktion die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig.
Der Intendant ist kein gesetzlicher Vertreter der Stadt im Sinne der Norm. Als 1. Werkleiter und Mitglied der Werkleitung des Eigenbetriebs Theater vertrat er nicht die Stadt als juristische Person, sondern nach § 7 der Eigenbetriebssatzung lediglich in Angelegenheiten des von ihr gebildeten Eigenbetriebs, in Abhängigkeit von den Weisungen des eigentlichen gesetzlichen Vertreters der Stadt, des Oberbürgermeisters. Dies genügt nicht für die Annahme einer gesetzlichen Vertretung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG4.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind Arbeitnehmer unter anderem Arbeiter und Angestellte. Der Vorschrift liegt der allgemeine nationale Arbeitnehmerbegriff zugrunde, der als eigenständiger Vertragstyp in § 611a BGB gesetzlich kodifiziert ist5.
Nach § 611a Abs. 1 BGB wird ein Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet (Satz 1). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen (Satz 2). Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Satz 3). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (Satz 4). Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (Satz 5). Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an (Satz 6)6.
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich danach von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Verpflichteten.
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist7.
Die Begriffe der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmung sind eng miteinander verbunden und überschneiden sich teilweise. Eine weisungsgebundene Tätigkeit ist in der Regel zugleich fremdbestimmt. Das Merkmal der Fremdbestimmung kann in Bezug auf die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eigenständige Bedeutung erlangen. Beide Kriterien, die Bindung an Weisungen und die Fremdbestimmung, müssen einen Grad an persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers erreichen, der für ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 611a BGB prägend ist. Die Weisungsgebundenheit ist das engere, den Vertragstyp im Kern kennzeichnende Kriterium, das durch § 611a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB näher ausgestaltet ist8.
Das Gesetz bestimmt die Weisungsgebundenheit des Dienstverpflichteten, indem es ihr die Freiheit des Selbstständigen gegenüberstellt. Nach § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB ist weisungsgebunden, wer seine Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB korrespondiert dabei mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB, das Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen kann. Soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind, ist der Arbeitgeber gemäß § 106 Satz 1 GewO befugt, die Umstände, unter denen der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbringt, nach billigem Ermessen einseitig näher auszugestalten. § 106 Satz 2 GewO erkennt zusätzlich die Ordnung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb als Gegenstand des Weisungsrechts an.
Weisungsgebundenheit und damit korrelierende Weisungsrechte können auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gegeben sein. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ist daher gegenüber dem Weisungsrecht für Vertragsverhältnisse mit Selbstständigen, insbesondere Werkunternehmern (vgl. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB) abzugrenzen. Die Anweisung gegenüber einem Selbstständigen ist typischerweise sachbezogen und ergebnisorientiert ausgestaltet und damit auf die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung ausgerichtet. Im Unterschied dazu ist das arbeitsvertragliche Weisungsrecht personenbezogen und ablauforientiert geprägt. Das arbeitsvertragliche Weisungsrecht beinhaltet Anleitungen zur Vorgehensweise des Mitarbeiters, die nicht Inhalt des werkvertraglichen Anweisungsrechts sind. Wird die Tätigkeit durch den „Auftraggeber“ geplant und organisiert und der Beschäftigte in einen arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten „Arbeitsergebnisses“ faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsverhältnis nahe9.
Der Gegenstand, die Art und der Umfang des Weisungsrechts stehen in einem sachlichen Zusammenhang mit der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers. Deren Grad hängt nach § 611a Abs. 1 Satz 4 BGB auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Danach beeinflussen die Art der Dienstleistung und die Zugehörigkeit der Tätigkeit zu einem bestimmten Berufsbild den Vertragstyp. Bestimmte Tätigkeiten lassen sich sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch in einem Werk- oder freien Dienstverhältnis verrichten, während andere regelmäßig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden. Bei untergeordneten, einfachen Arbeiten besteht eher eine persönliche Abhängigkeit als bei gehobenen Tätigkeiten10.
Um die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses im konkreten Fall festzustellen, bedarf es nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls. Von einem Arbeitsverhältnis kann erst dann ausgegangen werden, wenn den Umständen, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen, im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung hinreichendes Gewicht beizumessen ist oder sie dem Rechtsverhältnis ihr Gepräge geben11.
Soweit § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, eine Gesamtbetrachtung aller Umstände anordnet, sind dabei ggf. verfassungsrechtliche Wertungen zu berücksichtigen12. Insoweit besteht auch eine Verknüpfung zur Eigenart der jeweiligen Tätigkeit gemäß § 611a Abs. 1 Satz 4 BGB13.
Bei den Umständen, die Gegenstand der nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB anzustellenden Gesamtbetrachtung sind, kommt es nicht auf die vertraglich vereinbarten Umstände an, wenn der Beschäftigte abweichend von den getroffenen Vereinbarungen tatsächlich weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit leistet. Für diesen Fall erklärt § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB die Bezeichnung im Vertrag für unbeachtlich und löst den Widerspruch zwischen Vertragsbezeichnung und Vertragsdurchführung zugunsten letzterer14.
Die angefochtene Entscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff des Arbeitnehmers nach § 611a BGB zutreffend ausgelegt und bei der Rechtsanwendung beibehalten hat, und ob wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind15.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hält der Beschluss des Beschwerdegerichts einer Überprüfung stand. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet haben. Aus dem „Intendantenvertrag“ vom 07.07.2021 ergibt sich in Verbindung mit den Kompetenzregelungen in der Eigenbetriebssatzung und der Geschäftsordnung, dass der Intendant seine Arbeit nicht im Wesentlichen frei, sondern weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit ausübte.
Trotz weitreichender Freiheiten insbesondere im künstlerischen Bereich unterliegt der Intendant nach Maßgabe des Intendantenvertrags wesentlichen – auch ablauforientierten – Weisungen des Oberbürgermeisters, die für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend sind.
Mit der Tätigkeit als Generalintendant verbunden ist eine weitgehende Freiheit bei der Wahrnehmung der künstlerischen Aufgaben. Nach Ziff. 5.1 des Vertrags liegt die Rollenbesetzung sowie die Verteilung der Regieaufgaben und Dirigate in seiner Verantwortung. Diese Aufgaben gehören zum Kernbereich der geschuldeten Tätigkeit. Der „Intendantenvertrag“ regelt, dass der Intendant der Fachaufsicht jedenfalls nicht unterliegt, soweit künstlerische Entscheidungen betroffen sind. Auch der Umstand, dass die Arbeitszeit des Intendanten nicht erfasst worden ist und er die Büroräumlichkeiten der Stadt nicht zu nutzen hatte, deuten auf einen hohen Freiheitsgrad bei der Arbeitsgestaltung hin.
Auf der anderen Seite sieht der „Intendantenvertrag“ eine umfassende Rechtsaufsicht des Oberbürgermeisters als Vorgesetzter vor (Ziff. 4.2). Die rechtliche Überwachung ist nicht auf die Arbeitsergebnisse beschränkt, sondern kann sich auch auf vom Intendanten organisierte Verfahrensabläufe erstrecken. Daraus folgt, dass das Weisungsrecht des Dienstvorgesetzten auch ablauforientiert ist.
Die vertraglich in Bezug genommene Geschäftsordnung regelt außerdem ein umfassendes Eingriffsrecht des Oberbürgermeisters für den Fall, dass sich der Generalintendant und der Verwaltungsdirektor als verantwortliche Werkleiter nicht einig sind. Es ist nicht beschränkt auf die den Werkleitern gemeinsam zugewiesenen Bereiche, sondern erstreckt sich auf die zur eigenverantwortlichen Gestaltung überlassenen Aufgaben. Nach § 11 der Geschäftsordnung ist der Oberbürgermeister Dienstvorgesetzter beider Werkleiter. Bestehen zwischen ihnen gravierende Meinungsunterschiede sowohl bei den gemeinsamen als auch bei dem einzelnen Bereich zugeordneten Aufgaben und Entscheidungen, sodass keine einheitliche Willensbildung möglich ist, ist der Konflikt dem Oberbürgermeister schriftlich und/oder mündlich vorzutragen, der dann eine Entscheidung trifft. Die Entscheidung des Oberbürgermeisters ersetzt in dem Fall diejenige des Generalintendanten. Das Eingriffsrecht erstreckt sich auf alle Aufgabenbereiche und spricht damit neben der Rechtsaufsicht entscheidend für eine Weisungsgebundenheit des Generalintendanten.
Durch die Einbindung in die stark arbeitsteilig ausgerichtete Organisation des Theaters erweist sich die Tätigkeit des Intendanten auch als fremdbestimmt. Die Führungsstruktur des Theaters sieht ein enges Zusammenwirken von Generalintendant und Verwaltungsdirektor vor sowie eine Kontrolle durch Oberbürgermeister und Werkausschuss, deren Entscheidungen im Konfliktfall die des Generalintendanten ersetzen können.
Eine permanente enge inhaltliche Abstimmung des Generalintendanten mit dem Verwaltungsdirektor ist nach der Organisationsstruktur der Stadt unumgänglich. Dies gilt sowohl für die eigenen Geschäftsbereiche als auch für die gemeinsam zu verantwortenden Aufgaben. In verschiedenen Tätigkeitsbereichen kann der Generalintendant von vornherein nur mit dem Verwaltungsdirektor gemeinsam agieren. Aus der Geschäftsordnung geht hervor, dass sie die Geschäfte des Unternehmens gemeinsam führen (§ 2 Abs. 1 Geschäftsordnung) und dafür zusammen die Verantwortung tragen. Jeder Werkleiter ist verpflichtet, eine gemeinsame Beschlussfassung herbeizuführen, wenn er der Auffassung ist, dass sich ein Vorgang in einem anderen Geschäftsbereich zum Schaden des Unternehmens auswirken könnte (§ 2 Abs. 2 Geschäftsordnung). Zwar sind sie originär für unterschiedliche Geschäftsbereiche zuständig, der Generalintendant für Ensemblebildung und Spielplangestaltung und der Verwaltungsdirektor für den kaufmännischen und technischen Bereich (§ 4 Geschäftsordnung). In wesentlichen Aufgabenbereichen wie zB der Aufstellung des Wirtschaftsplans, einschließlich des Stellenplans, der Erstellung des Jahresabschlusses und der Vorlagen für den Werkausschuss und Personaleinstellungen, haben sie jedoch gemeinsam zu entscheiden (§ 5 Geschäftsordnung). Bestehen zwischen ihnen gravierende Meinungs- und Auffassungsunterschiede, sowohl bei den gemeinsamen als auch bei den einzelnen Bereichen zugeordneten Aufgaben und Entscheidungen, und ist keine einheitliche Willensbildung möglich, sind diese Auffassungsunterschiede dem Oberbürgermeister schriftlich und/oder mündlich vorzutragen, der dann eine Entscheidung trifft (§ 11 Geschäftsordnung). Auf diese Weise kann der Verwaltungsdirektor in allen Bereichen erwirken, dass die Entscheidung des Oberbürgermeisters an die Stelle der des Generalintendanten tritt.
Der Organisationsrahmen erfordert außerdem eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Werkausschuss des Theaters. Die Eigenbetriebssatzung sieht in § 9 vor, dass der Werkausschuss zahlreiche Entscheidungen im wirtschaftlichen Bereich für den Eigenbetrieb zu treffen hat. Dazu gehören elementare Angelegenheiten wie die Veräußerung von Vermögensgegenständen ab einem bestimmten Mindestwert und die Mehrausgaben für einzelne Vorhaben des Vermögensplans (§ 9 Abs. 2 Eigenbetriebssatzung). In diesen Bereichen ist es die Aufgabe der Werkleitung, die Beschlüsse des Werkausschusses vorzubereiten. Dieser kann zudem von der Werkleitung jederzeit Auskunft über den Gang der Geschäfte und die Lage des Eigenbetriebs verlangen (§ 9 Abs. 4 Eigenbetriebssatzung), ohne dass dies auf die ihm zugewiesenen Aufgaben beschränkt wäre. § 8 Abs. 3 der Geschäftsordnung regelt, dass bei unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Werkleitern zwar die Stimme des Generalintendanten den Ausschlag gibt. Der Verwaltungsdirektor ist in diesem Fall aber berechtigt, den Sachverhalt dem Werkausschuss vorzutragen und eine Entscheidung desselben herbeizuführen. Gleiches gilt für jeden der beiden Werkleiter, wenn in einer zu seinem Geschäftsbereich gehörenden Angelegenheit die Auffassungen differieren. Daraus folgt, dass der Verwaltungsleiter in allen Bereichen, in denen kein Alleinentscheidungsrecht des Generalintendanten vorgesehen ist, auch ein Eingreifen des Werkausschusses erwirken kann.
Durch die Berichtspflichten der Werkleitung gegenüber dem Werkausschuss und dem Oberbürgermeister (§ 10 Geschäftsordnung, § 17 Eigenbetriebssatzung) ist auch gewährleistet, dass beide Organe ihre Kontrollaufgaben und Eingriffsmöglichkeiten gegenüber dem Generalintendanten effektiv wahrnehmen können.
Die Eingliederung des Generalintendanten in die Betriebsorganisation der Stadt kommt auch darin zum Ausdruck, dass er – für einen Arbeitnehmer typisch, zur Anzeige und Einholung einer Genehmigung von Nebentätigkeiten und zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor Ablauf des dritten Arbeitstags nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet war.
Die Eigenart der Tätigkeit des Generalintendanten hat demgegenüber keinen bestimmenden Einfluss auf die Einordnung des Rechtsverhältnisses. Die Tätigkeit kann – je nach Ausgestaltung der Rechtsstellung des Generalintendanten im Einzelfall – sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch eines Dienstverhältnisses wahrgenommen werden16. Entscheidend kommt es darauf an, ob im konkreten Fall die gesetzlichen Merkmale des § 611a Abs. 1 BGB erfüllt sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Generalintendant, dem die künstlerische Leitung eines Theaters übertragen ist, aufgrund der Eigenart seiner Tätigkeit im durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geprägten Bereich beschäftigt ist17. Allein dies gibt zwar keinen Ausschlag zugunsten eines freien Dienstverhältnisses. Die grundrechtliche Ausstrahlung der Kunstfreiheit ist aber im Rahmen der nachfolgenden Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.
Die erforderliche Gesamtbetrachtung aller Umstände bestätigt die Annahme der Vorinstanzen, dass es sich vorliegend um ein Arbeitsverhältnis handelt. Die Weisungsbefugnisse des Oberbürgermeisters und das Maß an Fremdbestimmung, das aus der starken Einbindung des Intendanten in die Arbeitsorganisation folgt, fallen erheblich ins Gewicht. Sie lassen die Tätigkeit als nicht im Wesentlichen frei erscheinen und Aspekte, die für ein freies Dienstverhältnis sprechen, etwa die freie Arbeitszeitgestaltung und die fehlende Vorgabe des Arbeitsorts, in den Hintergrund treten. Zwar ist auch bei freien Dienstverhältnissen nicht ungewöhnlich, dass ein inhaltlicher Abstimmungsbedarf mit anderen gegeben ist und Kontrollorgane die Tätigkeit überwachen. Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass aufgrund der Organisationsstruktur des Theaters der Verwaltungsdirektor im Konfliktfall in allen Aufgabenbereichen die Entscheidung anderer Organe erwirken kann und dies die Freiheit des Generalintendanten erheblich beschränkt. Auch der Umstand, dass der „Intendantenvertrag“ dem Intendanten im künstlerischen Bereich gestalterische Freiheit einräumt und ihm die künstlerische Verantwortung zuweist, ändert daran nichts. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Stadt im Theaterbetrieb für sich die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG in Anspruch nehmen kann und ein Interesse daran hat, unabhängig Beschäftigte überall dort einzusetzen, wo es um die Einbringung individueller künstlerischer Befähigung und Aussagekraft geht18. Dies trifft zweifellos auf die Position des Generalintendanten zu, der die künstlerische Leitung des Theaters innehat. Selbst wenn man zugrunde legte, dass für ihn aus diesem Grund ein strengerer Prüfungsmaßstab anzulegen wäre19, erwiese sich die Tätigkeit aufgrund der vertraglichen Gestaltung aber nicht als so frei, dass das Rechtsverhältnis als freies Dienstverhältnis anzusehen wäre. Dem stehen das Weisungsrecht des Oberbürgermeisters und seine Eintrittsmöglichkeit entgegen. Da sich Letztere auch auf die Aufgabengebiete erstreckt, die originär der Eigenverantwortlichkeit des Intendanten unterstellt sind, ist seine Freiheit letztlich auch im künstlerischen Bereich deutlich eingeschränkt.
Da schon nach der Auslegung des Arbeitsvertrags (§ 157 BGB) von einem Arbeitsverhältnis der Parteien auszugehen ist, wird der Arbeitnehmerstatus des Intendanten hierdurch verbindlich festgelegt. Auf die Frage der Vertragsdurchführung in der Praxis kommt es nicht an20.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2. Dezember 2025 – 9 AZB 3/25
- Thür. LAG 27.01.2025 – 2 Ta 81/24[↩]
- vgl. BAG 29.08.2025 – 9 AZB 4/25, Rn. 13; 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, Rn.19; vgl. auch BGH 18.02.2025 – X ARZ 546/24, Rn. 51[↩]
- vgl. zu den Fallgruppen „sic non“, „aut aut“ und „et et“ BAG 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, Rn.20 f., BAGE 165, 61[↩]
- vgl. BAG 17.12.2008 – 5 AZB 69/08, Rn. 10[↩]
- BAG 3.11.2020 – 9 AZB 47/20, Rn. 11[↩]
- vgl. BAG 17.12.2024 – 9 AZR 26/24, Rn.20 ff.[↩]
- vgl. BAG 17.12.2024 – 9 AZR 26/24, Rn. 22[↩]
- vgl. BAG 30.11.2021 – 9 AZR 145/21, Rn. 31[↩]
- BAG 30.11.2021 – 9 AZR 145/21, Rn. 34[↩]
- vgl. BAG 1.12.2020 – 9 AZR 102/20, Rn. 37, BAGE 173, 111[↩]
- BAG 1.12.2020 – 9 AZR 102/20, Rn. 38 mwN, BAGE 173, 111[↩]
- vgl. BAG 30.11.2021 – 9 AZR 145/21, Rn. 36 ff.; 17.04.2013 – 10 AZR 272/12, Rn. 16 ff., BAGE 145, 26; grundlegend BAG 15.03.1978 – 5 AZR 819/76, zu B II 2 a der Gründe, BAGE 30, 163[↩]
- BAG 17.12.2024 – 9 AZR 26/24, Rn. 28[↩]
- vgl. BAG 17.12.2024 – 9 AZR 26/24, Rn. 29 f.[↩]
- vgl. zum Maßstab bei der Revision BAG 25.04.2023 – 9 AZR 253/22, Rn. 24, BAGE 180, 349[↩]
- so schon BAG 17.12.1968 – 5 AZR 86/68, zu 1 der Gründe, denen zufolge dem Maß an Übereinstimmung mit dem Intendantenmustervertrag des Deutschen Bühnenvereins auch damals nur indizielle Bedeutung zukam[↩]
- vgl. zur Bedeutung der Kunstfreiheit für das Merkmal „Eigenart der Arbeitsleistung“ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG BAG 30.08.2017 – 7 AZR 864/15, Rn. 23 ff., BAGE 160, 133[↩]
- vgl. entsprechend für die Bereiche Rundfunk und Presse BAG 30.11.2021 – 9 AZR 145/21, Rn. 39; 17.04.2013 – 10 AZR 272/12, Rn. 17, BAGE 145, 26[↩]
- vgl. insoweit zu redaktionell verantwortlichen Beschäftigten im Pressebereich BAG 30.11.2021 – 9 AZR 145/21, Rn. 39[↩]
- vgl. BAG 12.11.2024 – 9 AZR 205/23, Rn. 34[↩]
Bildnachweis:
- Theatervorhang: Christos Giakkas










