Bemessung des Arbeitslosengeldes

Berücksichtigt wird bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes auch dann das Arbeitsentgelt, wenn es zwar im Bemessungsrahmen zufließt, fiktiv auch für diesen abgerechnet wird, aber nicht diesem gilt.

Bemessung des Arbeitslosengeldes

Das Sozialgericht Karlsruhe hatte zu entscheiden, ob das im Juni 2008 abgerechnete und in dem Jahr ausgezahlte Entgelt in Höhe von 2.961,94 EUR brutto beim Bemessungsentgelt zu berücksichtigen ist. Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im (nach § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB III einjährigen) Bemessungsrahmen.

Nach diesen Vorgaben wird der in Höhe von 2.961,94 EUR brutto abgerechnete Juni 2008 schon nicht vom Bemessungszeitraum umfasst. Abgerechnet wird keine tatsächlich vom Kläger im Jahr 2008 verrichtete Tätigkeit, ihm liegt keine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der X-gesellschaft im Jahr 2008 zugrunde. Abrechnung und Auszahlung sind vielmehr allein aufgrund des Ausgangs des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erst 2008 erfolgt, es handelt sich um eine rein fiktive Abrechnung.

Jedenfalls wurde das Arbeitsentgelt nicht im Bemessungszeitraum erzielt, so das Sozialgericht. Erzielt ist Arbeitsentgelt, wenn der Lohnabrechnungszeitraum vor dem Ausscheiden abgerechnet, der Anspruch vor dem Ausscheiden entstanden (d.h. erarbeitet) und der Zufluss an den Arbeitnehmer – nicht notwendigerweise vor dem Ausscheiden – erfolgt ist1. Das Arbeitsentgelt muss „ für den Bemessungszeitraum zugeflossen“ sein2. Das im Juni 2008 abgerechnete Arbeitsentgelt ist aber nur fiktiv für diesen Monat abgerechnet worden, tatsächlich hingegen für das Jahr 2006. Es ist daher nicht für den Bemessungszeitraum zugeflossen bzw. nicht in ihm erzielt worden.

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Diese Wertung wird nach Auffassung des Sozialgerichts gestützt durch § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Danach gelten Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Die Vorschrift, die infolge einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts ergangen ist, verhindert, dass vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Verzögerungen der Auszahlung des Arbeitsentgelts sich zu seinen Lasten auswirken. Zugleich ist allerdings kein Grund ersichtlich, warum der Kläger von einer verspäteten Auszahlung profitieren soll. Sind verspätete Zahlungen und Korrekturen der Lohnabrechnung – gegebenenfalls über § 48 SGB X, § 330 Abs. 3 SGB III – zu berücksichtigen und das Arbeitslosengeld entsprechend neu zu berechnen, wenn der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber nachträglich höheren Lohn durchsetzt und erhält3, kann eine solche Zahlung nicht auch für den Zeitraum des Zuflusses berücksichtigt werden. Eine doppelte Berücksichtigung kommt ebenso wenig in Betracht wie ein Wahlrecht des Arbeitslosen. Schließlich ist auch zu bedenken, dass die Abrechnung nur zufällig dem Juni 2008 gilt, da dies allein vom Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahren abhängig gewesen ist. Wäre es schon in der ersten Instanz zu einem Vergleich gekommen oder wäre das Berufungsverfahren erst im Jahr 2009 abgeschlossen worden, wäre die Nachzahlung zu einem entsprechend anderen Zeitpunkt erfolgt. An Zufälligkeiten soll sich das Arbeitslosengeld jedoch nicht orientieren.

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Anders als in den Bereichen des Ausbildungsförderungsrechts oder bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende geht es im Arbeitsförderungsrecht nicht um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bzw. Hilfebedürftigkeit. Es besteht keine Notwendigkeit, die Regelungen aufeinander abzustimmen. Im Übrigen gälte auch in jenen beiden Rechtsgebieten, dass das 2008 zugeflossene Arbeitsentgelt nur einmal – eben als Einkommen im Jahr 2008 – berücksichtigt würde. Es würde daher weder im Grundsicherungsrecht auf den Bedarf im Jahr 2006 angerechnet (vgl. § 2 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) noch im Ausbildungsförderungsrecht als Einkommen im Jahr 2006 berücksichtigt (vgl. § 21 Abs. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz). Daher hat der Kläger keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld.

Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 25. November 2010 – S 13 AL 995/09

  1. vgl. Rolfs in: Gagel, SGB II / SGB III, Stand: Dezember 2009, § 131 SGB III Rn. 19[]
  2. Brand in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 131 Rn. 10; Hervorhebung nicht im Original[]
  3. Rolfs , aaO, Rn. 22[]