Eine AGB-Kontrolle der befristeten Vereinbarung über eine Auslandsentsendung führt nicht zu einer dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung. Diese Rechtsfolge stünde im Widerspruch zu den Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall wurde darüber gestritten, ob die Entsendung des Arbeitnehmers von der Arbeitgeberin an ihre Konzernmuttergesellschaft, die C Europe Ltd. (CEL) mit Sitz im Vereinigten Königreich, mit Ablauf einer zeitlich befristeten Entsendungsvereinbarung endete. Der Arbeitnehmer, ein deutscher Staatsangehöriger, war seit dem 1.01.2008 aufgrund Arbeitsvertrags vom 24.10.2007 bei der Arbeitgeberin als „Key Account Manager“ mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.200, 00 Euro zuzüglich Provision beschäftigt. Unter dem 28.05.2009 trafen die Parteien mit der CEL eine Vereinbarung über die Entsendung des Arbeitnehmers zur CEL (im Folgenden: Ausgangsvereinbarung), die in der auf Englisch abgefassten Originalversion auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
Introduction
…This letter varies the terms of the contract of employment between yourself and C Deutschland GmbH (hereafter referred to as ’your home country’)
Position
During your assignment, you will take up a new position as ’Global Account Manager’ reporting to D, International Accounts Director, or his successor.…
Terms and Conditions
Duration
…During the assignment while you will remain an employee of C Deutschland, you will perform services for and represent C Europe Ltd. You will not be asked to perform services for or to represent C Deutschland GmbH during the course of the assignment. You will be based in Germany, travelling on business as required.While you remain an employee of C Deutschland GmbH during this period you will continue to receive your remuneration from C Deutschland GmbH on behalf of C Europe Ltd. During this time C Europe Ltd. will report your earnings and remit any local applicable payroll taxes as required by law in the United Kingdom.…
Compensation
- You will remain on C Deutschland GmbH and your gross annual salary will be Euro 39058.92 for the duration of this position.
- You will continue to participate in home country social security, health insurance and pension schemes.
- You will receive vacation bonus and Christmas bonus according to your current terms and conditions. You will continue to receive a car allowance according to your current terms and conditions.
…
Law
This secondment letter is governed and interpreted in accordance with German law, except as expressly provided in the section on ‘Working hours & time off‘ Disputes arising out of the interpretation or implementation of this letter shall be settled or decided at the competent court in Germany. …
Der Arbeitnehmer war vom 15.05.2009 auf Grundlage der Ausgangsvereinbarung und nachfolgender Verlängerungsvereinbarungen durchgehend bis zum 31.12.2020 bei der CEL tätig. Dabei wurde er zunächst als „Global Account Manager“ beschäftigt. Seine Arbeitsleistung erbrachte er überwiegend aus dem Homeoffice in Deutschland und reiste lediglich für Konferenzen und andere einzelne Termine in das Vereinigte Königreich. Zum 1.01.2017 wurde er zum „Global Account Director“ befördert. Dies ging mit einer Erhöhung seines Bruttojahresgehalts auf zuletzt 145.716, 28 Euro einher. Die zugrundeliegenden Absprachen traf der Arbeitnehmer mit Vertretern der CEL. Die Gehaltszahlung erfolgte durchgängig durch die Arbeitgeberin. Mit Schreiben vom 26.06.2020 informierten die Arbeitgeberin und die CEL den Arbeitnehmer über das Ende der Entsendung zum 31.12.2020. Auszugsweise heißt es darin: „Wir bestätigen hiermit, dass Ihre Entsendung von der C Deutschland GmbH an die C Europe Ltd. am 31.12.2020 endet.“ Nachdem sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage erfolgreich gegen eine Kündigung der Arbeitgeberin vom 28.08.2020 zum 31.01.2021 zur Wehr gesetzt hatte, versetzte die Arbeitgeberin ihn am 29.03.2021 auf die Position eines „Key Account Manager“ und sprach hilfsweise eine Änderungskündigung aus. Das Arbeitsgericht stellte in einem dem Streitfall vorausgehenden Verfahren die Unwirksamkeit beider Maßnahmen rechtskräftig fest. Auch die gegen eine weitere Änderungskündigung gerichtete Änderungsschutzklage war erfolgreich und erwuchs in Rechtskraft. Weitere Kündigungsschutzstreitigkeiten zwischen den Parteien sind anhängig und derzeit ausgesetzt.
Mit der Klage begehrt der Arbeitnehmer die Fortsetzung seiner Entsendung zur CEL. Er hat die Auffassung vertreten, während seiner Entsendung habe das Arbeitsverhältnis der Parteien zu modifizierten Bedingungen fortbestanden. Die Arbeitgeberin sei alleinige Arbeitgeberin geblieben. Die Befristung der Entsendung sei unwirksam, da sie ihn unangemessen benachteilige. Die Arbeitgeberin müsse ihn daher weiterhin bei der CEL einsetzen. Hilfsweise beruft er sich darauf, der „Widerruf der Abordnung“ vom 26.06.2020 sei unwirksam.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Arbeitsgericht Krefeld hat die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen1. Auf die Berufung des Arbeitnehmers hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage im Hauptantrag entsprochen2. Auf die Revision der Arbeitgeberin hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wiederhergestellt; der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Entsendung nicht am 31.12.2020 endete. Auch sein auf Feststellung der Unwirksamkeit des „Widerrufs der Abordnung“ gerichteter Hilfsantrag sei unbegründet. Dies könne das Bundesarbeitsgericht auf Grundlage der getroffenen Feststellungen selbst abschließend entscheiden:
Die Revision ist nicht schon deshalb begründet, weil die Klage unzulässig wäre.
Das Landesarbeitsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zutreffend bejaht.
Die von Amts wegen auch im Revisionsverfahren zu prüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichte3 ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO). Der Arbeitnehmer begehrt mit seiner am 29.07.2020 gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a Brüssel Ia-VO eingeleiteten Klage die zivilrechtliche Feststellung der Fortdauer seiner Auslandsentsendung an die im Vereinigten Königreich ansässige CEL gegenüber der Arbeitgeberin4. Die Arbeitgeberin mit Sitz in K kann in Deutschland verklagt werden.
Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO nicht entgegen. Gemäß Art. 67 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 24.01.2020 gelten die Zuständigkeitsbestimmungen der Brüssel Ia-VO für vor dem 31.12.2020 eingeleitete gerichtliche Verfahren, die – wie der Streitfall – einen Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, fort.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die mit der Klage verfolgten Feststellungsanträge zulässig sind, § 256 Abs. 1 ZPO.
Mit dem Hauptantrag begehrt der Arbeitnehmer die Feststellung, dass seine Entsendung nicht mit Ablauf der letzten Befristung zum 31.12.2020 geendet hat. Der Arbeitnehmer strebt damit eine unbefristete Entsendung durch die Arbeitgeberin an die CEL an.
Sprachlich ist der Antrag einem Befristungskontrollantrag gemäß § 17 Satz 1 TzBfG nachgebildet mit dem Unterschied, dass es nicht um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern der Entsendung geht. Ist die Klage darauf gerichtet, die Unwirksamkeit der Befristung bestimmter Arbeitsbedingungen festzustellen, findet § 17 Satz 1 TzBfG keine Anwendung. Vielmehr ist das Klageziel des unbefristeten Erhalts von Arbeitsbedingungen mit einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen5. In diesem Sinne ist der Hauptantrag auszulegen.
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Arbeitnehmers besteht bereits deshalb, weil die Arbeitgeberin eine Entsendepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer an die CEL nach Ablauf der letzten Befristungsverlängerung in Abrede stellt. Es ergibt sich auch daraus, dass die Arbeitgeberin sich darauf beruft, nicht passivlegitimiert zu sein6.
Auch bei dem Hilfsantrag, mit dem der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit des „Widerrufs seiner Abordnung“ an die CEL feststellen lassen will, geht es ihm um die Fortdauer der aus seiner Sicht (fort-)bestehenden Entsendepflicht der Arbeitgeberin an die CEL. Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich daraus, dass die Arbeitgeberin seiner Annahme, es handele sich bei dem Schreiben vom 26.06.2020 um einen Widerruf, entgegengetreten ist.
Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht – stillschweigend – angenommen, dass die Klage weder wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) noch wegen entgegenstehender Rechtskraft (§ 322 ZPO) unzulässig ist. Die Befristung der Entsendung des Arbeitnehmers an die CEL ist und war nicht Gegenstand der zwischen den Parteien geführten Kündigungsschutzverfahren.
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage aber zu Unrecht im Hauptantrag entsprochen.
Die Ausgangsvereinbarung ist ebenso wie die Verlängerungsvereinbarungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies folgt – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat – aus Art. 27 ff. EGBGB in der bis 16.12.2009 geltenden Fassung (aF). Die Parteien haben in der Ausgangsvereinbarung deutsches Recht gewählt (Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF). Der Arbeitnehmer hat zudem seine berufliche Tätigkeit gewöhnlich aus dem Homeoffice in Deutschland erbracht (Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB aF). Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch dann ergäbe, wenn für das Rechtsverhältnis Art. 8 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) maßgeblich wäre.
Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Entsendung des Arbeitnehmers bestehe auf unbestimmte Zeit fort, weil deren Befristung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam sei, hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.
Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Arbeitgeberin habe den Arbeitnehmer im Rahmen einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung im Einvernehmen mit der CEL bei dieser eingesetzt. Seine alleinige Arbeitgeberin sei die Arbeitgeberin geblieben. Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung der Entsendung sei nach den Maßstäben für die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB zu überprüfen. Sie benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und sei daher unwirksam.
Die rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Dahinstehen kann, ob – das Vorliegen einer Konzernüberlassung im konkreten Fall unterstellt – die Befristung der Überlassungsdauer als Ausprägung des gesetzlichen Leitmotivs des vorübergehenden Charakters der Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 310 Abs. 3 Satz 1 BGB von den Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes abweicht und damit überhaupt einer Inhaltskontrolle zugänglich ist. Jedenfalls führte die vom Landesarbeitsgericht angenommene Rechtsfolge seiner AGB-Kontrolle zu einer den grundlegenden Wertungen des Arbeitnehmerüberlassungsrechts zuwiderlaufenden dauerhaften Überlassung des Arbeitnehmers. Arbeitnehmerüberlassung ist zwingend vorübergehender Natur. Ihrer Perpetuierung stehen § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG entgegen. Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer innerhalb des Konzerns überlassen hat.
Die Überlassung von Arbeitnehmern ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG nur vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b der Vorschrift zulässig. Nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate tätig werden lassen. § 1 Abs. 1b Satz 2 ff. AÜG enthält Öffnungsklauseln, die es unter näheren Voraussetzungen ermöglichen, diese gesetzliche Überlassungshöchstdauer zu verkürzen oder auszudehnen. Bezugspunkt der Überlassungsdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG ist die Dauer der Eingliederung des überlassenen Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation eines Entleihers7.
Die Konsequenzen der Überschreitung der zeitlichen Grenzen der Arbeitnehmerüberlassung sind in § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 AÜG normiert. Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern sind gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG unwirksam. Als Ausgleich dafür ordnet § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG an, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen gilt. Tritt die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, gilt das Arbeitsverhältnis mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher als Folge der Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags gehört zu den Fundamenten des gesetzgeberischen Konzepts der Arbeitnehmerüberlassung. Sie zwingt die an der Arbeitnehmerüberlassung beteiligten Personen in die vom Gesetzgeber vorgesehenen Formen8.
Innerhalb des Rechtsfolgensystems der § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG hat der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG (nur einmal) die Möglichkeit, durch eine Festhaltenserklärung den Bestand des bisherigen Verhältnisses zum Verleiher zu erhalten. Ist die Erklärung wirksam (§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG), bleibt er Arbeitnehmer des Verleihers und hat seine Arbeitsleistungen diesem gegenüber zu erbringen. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt hingegen nicht, dass die Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags zu einem dauerhaften Fortbestand der Arbeitnehmerüberlassung führt – also zu einer Perpetuierung des Dreiecksverhältnisses. Ein dauerhaftes Nebeneinander von fortbestehendem Leiharbeitsverhältnis und fingiertem Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher ist nach dem Gesetz gerade nicht vorgesehen9. Dies zeigt sich auch daran, dass bei Fortsetzung der Überlassung nach einer wirksamen Festhaltenserklärung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 AÜG die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG gilt und gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 AÜG eine erneute Festhaltenserklärung unwirksam ist. Es liefe diesem gesetzgeberischen Konzept zuwider, wenn als Folge einer AGB-Kontrolle des Leiharbeitsvertrags eine dauerhafte Überlassung (hier: unbefristete Entsendung des Arbeitnehmers an die CEL) erreicht werden könnte.
An dieser Würdigung ändert auch der Umstand nichts, dass die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer an die CEL und damit an ein Konzernunternehmen überlassen hat. Das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG kommt vorliegend nicht zur Anwendung.
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – mit Ausnahme einiger im vorliegenden Kontext irrelevanter Bestimmungen – nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne von § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Bei einer Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des sog. Konzernprivilegs sollen somit die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG nicht eintreten.
Die Anwendung des Konzernprivilegs ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer sowohl zum Zweck der Überlassung eingestellt als auch zu diesem Zweck beschäftigt wird, sondern bereits dann, wenn entweder die Einstellung „oder“ die Beschäftigung Überlassungszwecken dient. Die in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG verwendete Konjunktion „und“ beschreibt ein alternatives Verhältnis der Merkmale Einstellung und Beschäftigung. Dies ergibt sich aus einer dem Sinn und Zweck der Vorschrift und dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechenden Auslegung der Vorschrift, der das Wortverständnis nicht entgegensteht10.
Das Vorliegen einer Einstellung und/oder Beschäftigung zum Zweck der Überlassung ist anhand des Arbeitsvertrags oder einer Gesamtbetrachtung der Umstände der Beschäftigung festzustellen11. Ein Indiz für eine Beschäftigung zum Zweck der Überlassung, die das Konzernprivileg ausschließt, liegt vor, wenn die konzerninterne Überlassung auf Dauer oder für einen unbestimmten Zeitraum erfolgt bzw. erfolgen soll. In einem solchen Fall kann in der Regel nicht mehr davon ausgegangen werden, dass für den Arbeitnehmer eine Beschäftigung bei seinem Vertragsarbeitgeber vorgesehen ist. Bei einer langfristigen Überlassung findet in der Regel eine Verlagerung des Schwerpunkts des Arbeitsverhältnisses statt. Diese äußert sich darin, dass der überlassene Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb des Verleihers entfremdet und andererseits immer fester in die Betriebs- und Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert wird12.
Die vom Landesarbeitsgericht erkannte Unwirksamkeit der Befristung der Entsendung bzw. Überlassung führte zu einer „Beschäftigung zum Zweck der Überlassung“. Sie hätte einen dauerhaften Einsatz des Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer bei der CEL auf einer Position („Global Account Director“ mit einem Bruttojahresgehalt in Höhe von 145.716,28 Euro), die in der Betriebsorganisation der Arbeitgeberin für den Arbeitnehmer nicht vorgesehen ist, zur Folge.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erwiese sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), wenn die Ausgangsvereinbarung dahin auszulegen wäre, dass mit ihr neben dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein befristeter Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer und der CEL begründet wurde.
Das Bundesarbeitsgericht muss nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Entsendung des Arbeitnehmers sei im Rahmen einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung erfolgt, tatsächlich zutrifft. Hieran bestehen zumindest Zweifel.
Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist als Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu qualifizieren. Die Arbeitnehmerüberlassung ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet13. Maßgebend für die rechtliche Einordnung der Entsendung des Arbeitnehmers ist die Ausgangsvereinbarung zwischen den Parteien. Deren Auslegung richtet sich nach den §§ 133, 157 BGB14.
Gewichtige Anhaltspunkte sprechen dafür, dass die Parteien und die CEL mit der Ausgangsvereinbarung eine konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung vereinbaren wollten. Dafür lässt sich insbesondere die Regelung in der Einleitung ihrer dreiseitigen Vereinbarung anführen, dass der bestehende Arbeitsvertrag hierdurch lediglich abgeändert und nicht suspendiert werde. Ferner sieht die Vereinbarung explizit vor, dass Arbeitgeberin des Arbeitnehmers die Arbeitgeberin bleibt. Der Einsatz des Arbeitnehmers sollte konzernintern bei der CEL und nur vorübergehend erfolgen.
Andererseits sprechen in der Ausgangsvereinbarung aber auch Gesichtspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ruhend gestellt und ein (befristetes) Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der CEL begründet werden sollte15. Die Vereinbarung sieht vor, dass der Arbeitnehmer während seiner Beschäftigung bei der CEL keine Dienstleistungen für die Arbeitgeberin zu erbringen hat. Zwar zahlte diese die Vergütung bestimmungsgemäß weiterhin an den Arbeitnehmer aus, dies aber im Namen („on behalf of“) der CEL. Dies deutet darauf hin, dass Schuldnerin der während der Entsendung gezahlten Vergütung die CEL und damit – anders als bei einer Arbeitnehmerüberlassung – das Einsatzunternehmen sein sollte. Auch der Umstand, dass der Arbeitnehmer sich mit Vertretern der CEL auf die Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit einigte, spricht gegen eine Arbeitnehmerüberlassung.
Auch wenn die vereinbarten Vertragsmodalitäten als Zwei-Vertrags-Modell auszulegen wären, bliebe die Klage erfolglos. In diesem Fall wäre die Arbeitgeberin nicht passivlegitimiert. Die Passivlegitimation betrifft die Frage, wer aus dem geltend gemachten Recht materiell-rechtlich verpflichtet ist16. Bei Feststellungsbegehren ist derjenige passivlegitimiert, der aus dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis verpflichtet ist. Hätten die Parteien des Rechtsstreits ihr Arbeitsverhältnis durch die Ausgangsvereinbarung ruhend gestellt und der Arbeitnehmer und die CEL ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet, träfe die Pflicht zur unbefristeten Beschäftigung des Arbeitnehmers bei der CEL nur diese selbst, nicht aber die Arbeitgeberin. Demzufolge hätte der Arbeitnehmer im Streitfall nicht die richtige Partei verklagt. Er hätte die CEL in Anspruch nehmen müssen.
Auch der zur Entscheidung anfallende (echte) Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Die Erklärung vom 26.06.2020 ist nicht als „Widerruf der Abordnung“, sondern als Bestätigung des Ablaufs der Befristung der Entsendung auszulegen. Dies kann das Bundesarbeitsgericht auf Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Ein Widerruf zielt darauf ab, die Bindung einer Rechtserklärung nachträglich aufzuheben17. Eine Bestätigung bezweckt hingegen typischerweise die Anerkennung und Bescheinigung einer Rechtslage. Ob mit einer Erklärung das eine oder andere gemeint ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (§ 133 BGB).
Der Inhalt der Erklärung vom 26.06.2020 lässt keinen Zweifel daran, dass durch sie lediglich eine Rechtslage anerkannt und dokumentiert werden sollte. Wörtlich heißt es: „Wir bestätigen hiermit, dass Ihre Entsendung von der C Deutschland GmbH an die C Europe Ltd. am 31.12.2020 endet.“ Die Erklärung ist an eine Beendigungsmitteilung nach Befristungsrecht angelehnt (vgl. § 15 Abs. 2 und § 17 Satz 3 TzBfG). Mit einer solchen Beendigungsmitteilung wird dem Arbeitnehmer bestätigt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt endet bzw. beendet ist. Im Streitfall sollte der Arbeitnehmer durch die Erklärung über das nahende Ende der Entsendung informiert werden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Juni 2025 – 9 AZR 133/24
- ArbG Krefeld 07.09.2023 – 4 Ca 1276/20[↩]
- LAG Düsseldorf 24.04.2024 – 12 Sa 1001/23[↩]
- vgl. BAG 7.09.2022 – 5 AZR 128/22, Rn.20, BAGE 179, 9; 25.02.2021 – 8 AZR 171/19, Rn. 43 mwN[↩]
- zum Begriff der Einleitung MünchKomm-ZPO/Gottwald 6. Aufl. Brüssel Ia-VO Art. 66 Rn. 2 mwN[↩]
- BAG 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, Rn. 10, BAGE 140, 191; 2.09.2009 – 7 AZR 233/08, Rn. 14, BAGE 132, 59[↩]
- vgl. BAG 10.05.2012 – 8 AZR 434/11, Rn. 21[↩]
- BAG 8.11.2022 – 9 AZR 486/21, Rn.20, BAGE 179, 235[↩]
- vgl. Schüren/Hamann/Schüren 6. Aufl. AÜG § 10 Rn. 9[↩]
- vgl. BAG 26.04.2022 – 9 AZR 139/21, Rn. 34[↩]
- ausf. BAG 12.11.2024 – 9 AZR 13/24, Rn. 29[↩]
- BAG 12.11.2024 – 9 AZR 13/24, Rn. 36[↩]
- BAG 12.11.2024 – 9 AZR 13/24, Rn. 42[↩]
- st. Rspr., vgl. BAG 27.06.2017 – 9 AZR 133/16, Rn. 26; 15.04.2014 – 3 AZR 395/11, Rn.20[↩]
- zu den Grundsätzen der Auslegung einer Entsendungsvereinbarung BAG 14.07.2005 – 8 AZR 392/04, Rn.20[↩]
- vgl. zum sog. Zwei-Vertrags-Modell BAG 14.07.2005 – 8 AZR 392/04, Rn.19 ff.[↩]
- BGH 11.07.2018 – IV ZR 243/17, Rn. 30[↩]
- vgl. zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen §§ 355, 357 BGB[↩]









