Einkünfte aus Leistungen – und die Break Fee

Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen.

Einkünfte aus Leistungen – und die Break Fee

Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Eine (sonstige) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst1.

Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung i.S. eines wechselseitigen Austauschvertrags ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gegenleistung durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (Leistung) wirtschaftlich veranlasst ist. Insofern ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige bei Erbringung seiner Leistung eine Gegenleistung schon erwarten müsste. Ausreichend ist vielmehr, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Verhalten gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlichen und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu2.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Veranlassung der Gegenleistung durch die Leistung stellt der BFH in erster Linie auf die (objektivierte) Perspektive des Leistenden ab. Dies kommt z.B. in der Formulierung zum Ausdruck, wonach es sich um eine Leistung handeln muss, die „um des Entgelts willen“ erbracht wird3. Preisgelder, Aufwandspauschalen sowie während des Aufenthalts in den Produktionsräumen gezahlte Verpflichtungsgelder für die Teilnahme an einer Fernsehshow stellen sich danach als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show dar, auch wenn die Aussicht auf den Erhalt der Gegenleistung ex ante ungewiss ist4. Grundsätzlich unerheblich ist dagegen die private Motivation im konkreten Einzelfall. Es kommt folglich nicht darauf an, aus welchen Gründen der Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist und ohne welche Inhalte er mutmaßlich nicht zustande gekommen wäre (condicio sine qua non). Erforderlich ist eine objektivierende, wertende Betrachtung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung, wonach die Leistung die Gegenleistung „ausgelöst“ haben muss.

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Diesen Grundsätzen entsprach im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall das angefochtene Urteil des Finanzgerichts Nürnberg5 nicht, weshalb der Bundesfinanzhof es aufhob (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Zur Begründung seines Urteils hat das Finanzgericht im Wesentlichen ausgeführt, für die steuerliche Einordnung der „Break Fee“ komme es auf deren Inhalt an. Hier stünden zum einen der Ersatz von Kosten, Aufwendungen und Schäden im Raum. Diese Aspekte hätten der Vereinbarung jedoch nicht das Gepräge gegeben. Schäden (z.B. durch Knowhow-Verlagerung) seien eher unwahrscheinlich gewesen. Kosten und Aufwendungen seien noch nicht einmal geschätzt worden. Das wäre aber erforderlich, wenn dieser Aspekt im Vordergrund hätte stehen sollen. Prägend sei dagegen die Exklusivität gewesen. Ohne die zugesagte Exklusivität hätte der Bieter die Prüfung nicht fortgesetzt und ohne die vereinbarte „Break Fee“ hätten die Aktionäre der Exklusivität nicht zugestimmt. Es handele sich um eine „Enthaltsamkeitsvergütung“, ähnlich einem Entgelt für die Einräumung eines Vorkaufsrechts6.

Soweit das Finanzgericht mit dem Finanzamt davon ausgegangen ist, dass der Bieter die Verhandlungen ohne die zugesagte Exklusivität nicht fortgeführt und dass die Aktionäre der vom Bieter verlangten Exklusivität ohne die „Break Fee“ nicht zugestimmt hätten, kommt es darauf nicht an. Zum einen sind beide Annahmen eher spekulativ und haben keine ausreichende tatsächliche Grundlage. Zum andern sind die Motive der Beteiligten, die im Einzelfall zum Abschluss des Vertrags geführt haben, für die Besteuerung nicht maßgeblich.

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Zwar haben im vorliegenden Fall der verkaufsbereite Gründungsgesellschafter und die anderen verkaufsbereiten Aktionäre aufgrund des „Exclusivity Agreements“ Leistungen erbracht, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können. Diese Leistungen haben aber die Gegenleistung nicht ausgelöst; sie sind nicht „um der Gegenleistung willen“ erbracht worden. Anders als die Teilnehmer einer Fernsehshow konnten der Gesellschafter und die anderen verkaufsbereiten Aktionäre durch ihr Verhalten nicht positiv beeinflussen, ob sich der Bieter für oder gegen die Abgabe eines öffentlichen Angebots entscheiden würde. Für beide denkbaren Ausgänge des Verfahrens war die Erfüllung der im „Exclusivity Agreement“ von den Aktionären eingegangenen Verpflichtungen gleichermaßen Voraussetzung. Unabhängig davon, aus welchen Gründen der Bieter letztlich ein Angebot nicht abgegeben hat, haben die Aktionäre und der Gesellschafter die „Break Fee“ nicht durch ihre Leistungen ausgelöst. Es handelt sich deshalb nicht um eine von Finanzgericht und Finanzamt angenommene „Enthaltsamkeitsvergütung“. Dass der Gesellschafter und die anderen Aktionäre das „Exclusivity Agreement“ erfüllen mussten, um die „Break Fee“ zu erhalten (condicio sine qua non), begründet den erforderlichen Zusammenhang nicht. Es genügt insofern auch nicht, dass der Gesellschafter die „Break Fee“ entgegen genommen hat. Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen.

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Das Finanzgericht ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist spruchreif. Der Bundesfinanzhof entscheidet auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht in der Sache selbst und gibt der Klage statt. Die Einnahme des Gesellschafters aus dem „Exclusivity Agreement“ („Break Fee“) ist nicht steuerbar.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. März 2018 – IX R 18/17

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH, Urteil vom 14.04.2015 – IX R 35/13, BFHE 249, 488, BStBl II 2015, 795, und BFH, Beschluss vom 23.03.2016 – IX B 22/16, BFH/NV 2016, 1013: Whistleblower[]
  2. zum Ganzen: BFH, Urteil vom 24.04.2012 – IX R 6/10, BFHE 237, 197, BStBl II 2012, 581: Big Brother[]
  3. BFH, Urteil vom 16.06.2015 – IX R 26/14, BFHE 250, 362, BStBl II 2015, 1019: Bestechungsgeld[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 28.11.2007 – IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469, und in BFHE 237, 197, BStBl II 2012, 581; BFH, Beschluss vom 16.06.2014 – IX B 22/14, BFH/NV 2014, 1540[]
  5. FG Nürnberg, Urteil vom 26.10.2016 – 5 K 490/15[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 10.08.1994 – X R 42/91, BFHE 175, 362, BStBl II 1995, 57[]