Auswirkungen von falschen Identitätsangaben eines Asylbewerbers

Falsche Angaben über die Identität und Staatsangehörigkeit von Asylbewerbern bei der Einreise stehen auch dann als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer der Gewährung von sog. Analogleistungen entgegen, wenn die falschen Angaben mittlerweile berichtigt worden sind und sich der Betroffene über einen längeren Zeitraum in der Bundesrepublik aufhält.

Auswirkungen von falschen Identitätsangaben eines Asylbewerbers

So hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall einer Familie mit vorgelegten libanesischen Pässen entschieden und entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim keine höheren Leistungen über die Grundleistungen hinaus zugebilligt. Erst 2007 legte die Familie der Ausländerbehörde Auszüge des libanesischen Familienregisters und schließlich 2009 die im Jahr 2002 ausgestellten libanesischen Pässe vor. 2013 wurden ihnen von den Ausländerbehörden Duldungen erteilt. Vom beklagten Land erhielten sie lediglich Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), da sie die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten.

Hiergegen richtete sich Widerspruch und Klage. Die Familie begehrt wegen der langen Dauer des Aufenthalts höhere Leistungen auf SGB-XII-(Sozialhilfe)-Niveau (sog. Analogleistungen). Mittlerweile lägen libanesische Originaldokumente vor. Zudem hätten sie bei der zuständigen Botschaft die Erteilung von Heimreisedokumenten beantragt. Auch die zuständige Ausländerbehörde habe die notwendigen Heimreisedokumente bislang nicht erhalten. Dies könne nicht zu ihren Lasten gehen.

Vor dem Sozialgericht Mannheim hatten die Kläger zunächst Erfolg1. Das Sozialgericht hat das Land Baden-Württemberg verurteilt, höhere Leistungen zu gewähren. Rechtsmissbräuchliches Verhalten in der Vergangenheit (falsche Identitätsangabe bei Einreise) schließe den Zugang zu den höheren Analogleistungen nicht „auf immer und ewig“ aus. Nachdem die Kläger ihr rechtsmissbräuchliches Verhalten schon 2007, spätestens 2009 aufgegeben und die Identität der Familie klar gestellt hätten, sei die Verweigerung von Analogleistungen nicht mehr gerechtfertigt. Dagegen hat das Land Baden-Württemberg sich mit der Berufung gewehrt.

In seiner Urteilsbegründung hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg ausgeführt, dass falsche Angaben über die Identität und Staatsangehörigkeit auch dann als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer der Gewährung von sog. Analogleistungen entgegenstehen, wenn die falschen Angaben mittlerweile berichtigt worden sind und sich der Betroffene über einen längeren Zeitraum in der Bundesrepublik aufhält. Die Darstellung der Eheleute, sie hätten die Pässe bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2002 an ihre Schleuser übergeben, die Pässe seien dann aber später im Libanon wieder aufgetaucht, was Verwandte im Libanon erfahren hätten; diese Pässe seien von diesen im Jahr 2009 in die Bundesrepublik Deutschland gebracht und nach einiger Zeit an sie übergeben worden, ist nicht glaubhaft. Die Kläger selbst sind aufgrund ihrer zahlreichen falschen Angaben zudem unglaubwürdig. So haben sie z.B. gegenüber der Ausländerbehörde im Jahr 2009 angegeben, sie hätten sich auf Anraten der Schleuser als Iraker ausgegeben, weil ihnen von dort erklärt worden sei, dass Iraker in kurzer Zeit in Europa ein Aufenthaltsrecht bekämen, während sie als Libanesen mit der Rückführung in den Libanon zu rechnen hätten. Die Kläger haben die falschen Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit mindestens bis in das Jahr 2007 und die falschen Angaben zum Besitz ihrer Pässe bis ins Jahr 2009 aufrechterhalten. Es kommt nicht darauf an, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch ursächlich für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers. Ob die Ausreise aktuell zumutbar ist, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein der Zusammenhang zwischen der gesamten Dauer des Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und dem Fehlverhalten des Ausländers, gleichgültig, ob dieses Fehlverhalten einmalig oder auf Dauer angelegt ist bzw. war oder ob es sich wiederholt hat.

Aus diesen Gründen hat das Landessozialgericht auf die Berufung des beklagten Landes das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2017 – L 7 AY 2217/13

  1. SG Mannheim, Urteil vom 07.05.2013 – S 9 AY 267/13[]