Es ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden, dass Tätigkeiten, die in den jeweiligen Organisationsgrundlagen (Stärke- und Ausrüstungsnachweisungen oder Organisations- und Stellenpläne) als ständige Vertretungstätigkeit bezeichnet sind, nicht dem Melde- und Zustimmungsverfahren des Erlasses „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ vom 1. August 2011 unterliegen.

Die Aufgabe der ständigen Vertretung umfasst grundsätzlich auch die Vakanzvertretung in der Zeit zwischen dem Weggang des bisherigen und dem Antritt des neuen Inhabers des zu vertretenden Dienstpostens. Eine Tätigkeit als ständiger Vertreter liegt jedoch nicht vor, wenn die (Nach-)Besetzung des vakanten Dienstpostens mit einem regulären Dienstposteninhaber nicht beabsichtigt ist oder faktisch dauerhaft nicht betrieben wird; soll eine solche Verwendung sechs Monate oder länger dauern, ist die Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle einzuholen.
Der Erlass „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ vom 01.08.2011 ist am 1.08.2011 in Kraft getreten; zum gleichen Zeitpunkt wurden die Vorgängerregelungen aufgehoben (Nr. 3 des Erlasses). Mangels anderslautender (Übergangs-) Regelungen gilt der Erlass auch für laufende Sachverhalte. Danach ist spätestens mit Ablauf des vierten Monats die Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle einzuholen ist, wenn eine nicht-dienstpostengerechte Verwendung ausnahmsweise über einen Zeitraum von sechs Monaten und länger für erforderlich gehalten wird.
Nach Nr. 2.7 des Erlasses handelt es sich bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten, die in den jeweiligen Organisationsgrundlagen als ständige Vertretungstätigkeit bezeichnet sind, nicht um Tätigkeiten im Sinne dieses Erlasses.
Die Regelung der Nr. 2.7 des Erlasses ist als solche sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ist die zusätzliche Aufgabe in den jeweiligen Organisationsgrundlagen als ständige Vertretungstätigkeit ausgewiesen, so ist sie Bestandteil der Aufgaben des Dienstpostens, der dem Soldaten durch Personalverfügung übertragen ist. Ihre Wahrnehmung bedarf deshalb keiner weiteren Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle; deren Einverständnis ist bereits in der Personalverfügung enthalten. Auch die Rechtssphäre des Soldaten wird durch die Ausübung der ständigen Vertretung nicht zusätzlich berührt; sie aktualisiert lediglich, was dem Soldaten durch die Personalverfügung bereits aufgegeben ist.
Die Amtliche Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung – P II 1 – vom 01.03.2013 enthält nur unvollständige Aussagen zur Handhabung des Begriffs der „ständigen Vertretungstätigkeit“. Danach gebe es keine bundeswehrinterne allgemeine Definition des Begriffs „ständiger Vertreter“ bzw. „ständige Vertretungstätigkeit“; im Sinne von Nr. 2.7 des Erlasses sei die „ständige Vertretungstätigkeit“ ausschließlich in Verbindung mit einer entsprechenden Bezeichnung des jeweiligen Dienstpostens in der entsprechenden Organisationsgrundlage zu verstehen; im Weiteren sei dabei die Dauer eines Vertretungszeitraums unerheblich.
Die hier interessierende Frage, ob die einem Soldaten mit seinem Dienstposten übertragene Aufgabe der ständigen Vertretung seines Vorgesetzten auch den Fall umfasst, dass der Dienstposten des Vorgesetzten nicht (mehr) besetzt ist (Vakanzvertretung), lässt sich allein anhand dieser Auskunft nicht beantworten. Es ist deshalb auf das allgemeine Verständnis des Begriffs des „ständigen Vertreters“ und auf Sinn und Zweck der Regelungen in dem Erlass „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ zurückzugreifen.
Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis ist das spezifische Kennzeichen der „ständigen“ Vertretung gegenüber anderen Vertretungsformen, dass der ständige Vertreter nicht nur bei Verhinderung des Vertretenen, etwa durch Urlaub oder Krankheit, dessen Geschäfte wahrnimmt, sondern er auch bei dienstlicher Anwesenheit des Vertretenen – neben ihm – einzelne Aufgaben des zu vertretenden Dienstpostens wahrnimmt1. Die „ständige“ Vertretung ermöglicht damit, ausgeprägter als andere Vertretungsformen, eine Arbeitsteilung zwischen Vertretenem und Vertreter. Ihre Besonderheit kommt mithin gerade bei der Anwesenheit des Vertretenen zum Tragen. Spezielle Aussagen für den Fall, dass der zu vertretende Dienstposten nicht besetzt ist, lassen sich dem Merkmal der „Ständigkeit“ der Vertretung dagegen nicht entnehmen.
Nach dem Sinn und Zweck des Erlasses „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ ist davon auszugehen, dass die „ständige Vertretung“ – ebenso wie andere Vertretungsformen – zwar die Existenz eines Vertretenen und damit die Besetzung des zu vertretenden Dienstpostens voraussetzt, sie grundsätzlich aber auch die Wahrnehmung der Aufgaben des zu vertretenden Dienstpostens in der Zeit zwischen dem Weggang des bisherigen Vertretenen und dem Dienstantritt des neuen Vertretenen umfasst. In der Praxis ist es nicht selbstverständlich, dass bei einem Wechsel des Dienstposteninhabers die Zeiträume der Besetzung mit dem bisherigen und dem neuen Dienstposteninhaber nahtlos aneinander schließen; eine gewisse, im Einzelfall auch längere Zeit der Vakanz ist vielmehr häufig. Es ist deshalb naheliegend und jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, die Aufgabenwahrnehmung während der Zeit der Vakanz des zu vertretenden Dienstpostens als von der Funktion der ständigen Vertretung mitumfasst anzusehen. Die personalbearbeitende Stelle bedarf insoweit keines Schutzes ihrer Zuständigkeit, wie ihn die Regelungen des Erlasses „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ vorsehen. Denn die personalbearbeitende Stelle hat es in der Hand, den vakanten Dienstposten so bald als möglich wieder zu besetzen; mögliche Hindernisse dabei sind jedenfalls nicht dem Soldaten, der als ständiger Vertreter die Aufgaben des vakanten Dienstpostens wahrnimmt, oder dessen truppendienstlichen Vorgesetzten zuzurechnen. Auch Rechte des Soldaten werden nicht berührt. Die Vakanzvertretung unterscheidet sich nicht wesentlich von der Vertretung während einer mehr oder weniger langdauernden Erkrankung des zu Vertretenden; im einen wie im anderen Fall aktualisieren sich lediglich Unwägbarkeiten, mit denen der Soldat nach den Organisationsgrundlagen seines Dienstpostens, die ihm die ständige Vertretung zuweisen, rechnen muss.
Anders verhält es sich jedoch, wenn eine Nachbesetzung des vakanten zu vertretenden Dienstpostens mit einem „regulären“ Dienstposteninhaber nicht beabsichtigt ist oder faktisch dauerhaft nicht betrieben wird. In einem solchen Fall liegt eine – noch von der Funktion der „ständigen Vertretung“ mitumfasste – Vakanzvertretung nicht vor; vielmehr wird der Soldat faktisch wie ein „regulärer“ Inhaber des zu vertretenden Dienstpostens eingesetzt. Gerade eine solche Abweichung der faktischen Verwendung von der durch Personalverfügungen zu regelnden Dienstpostenbesetzung will der Erlass „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ verhindern. Wird der vakante Dienstposten nicht regulär nachbesetzt, müssen deshalb der Vorgesetzte des Soldaten und die personalbearbeitende Stelle in dem Melde- und Zustimmungsverfahren nach Nr. 2.1 bis 2.4 des Erlasses dafür verantwortlich zeichnen, dass der nur als ständiger Vertreter vorgesehene Soldat gleichsam als vollwertiger „Ersatzmann“ auf diesem Dienstposten eingesetzt wird. Gleichzeitig hat der betroffene Soldat Anspruch darauf, dass Personalverfügungen und faktische Verwendung in Einklang gebracht werden, also die personalbearbeitende Stelle entweder die Zustimmung zu der nicht-dienstpostengerechten Verwendung erteilt oder aber, wenn sie diese Zustimmung nicht erteilen darf oder will, diese Verwendung beendet wird (siehe Nr. 2.4 des Erlasses).
Im hier entschiedenen Fall wurde der Dienstposten des Abteilungsleiters nach der Wegversetzung des früheren Dienstposteninhabers nicht nachbesetzt und war auf diese Weise vom 11.06.2011 bis 31.10.2012, als er im Zuge einer Umorganisation wegfiel und die bisherige Abteilung in eine neu aufgestellte Unterabteilung übergeleitet wurde, vakant. Aus den Akten und dem Vortrag des Bundesministers der Verteidigung ist nicht ersichtlich, dass es die Absicht oder Bemühungen zur Nachbesetzung gegeben hätte; vielmehr findet sich stets lediglich der Hinweis – etwa in dem Beschwerdebescheid vom 10.05.2012 -, dass eine Nachbesetzung, offenbar im Vorgriff auf die Umstrukturierung, „nicht erfolgte“. Der Antragsteller war damit für die Dauer von rund 16 1/2 Monaten nicht Interims-Vertreter, sondern – in der Nachfolge des wegversetzten früheren Dienstposteninhabers – selbst Leiter der Abteilung. Dass damit die Grenzen der dem Antragsteller mit seinem Dienstposten verbundenen Vertretungsaufgaben überschritten sind, spiegelt sich im Übrigen – zutreffend – auch in dem Stabsbefehl Nr. ../2011 wieder, der für die Beauftragung des Antragstellers mit der Führung der Abteilung keinen Bezug auf dessen Funktion als ständiger Vertreter nimmt.
Das Personalamt der Bundeswehr hat deshalb den Antrag auf Zustimmung zu der Verwendung des Antragstellers auf dem Dienstposten des Abteilungsleiters zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, dass diese Verwendung keiner Genehmigung bedürfe. Auf den vorliegenden (Haupt-)Antrag im gerichtlichen Verfahren hin kann das Bundesverwaltungsgericht, weil die Sache spruchreif ist, die Verpflichtung aussprechen, dass die Zustimmung gemäß Nr. 2 des Erlasses „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ zu der dem Antragsteller mit Stabsbefehl Nr. ../2011 übertragenen Führung der Abteilung zu erteilen ist.
Die nicht-dienstpostengerechte Verwendung des Antragstellers vom 11.06.2011 bis zum 31.10.2012 erfolgte über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten und war damit zustimmungspflichtig (Nr. 2.2 des Erlasses). Die Zustimmung wäre im Zeitpunkt der Antragstellung nach dem Regelbeispiel der Nr. 2.3 Abs. 2 Punkt 4 des Erlasses zwar wohl zu versagen gewesen, weil dem Antragsteller als Oberstleutnant (A 15) die Aufgaben eines Dienstpostens der Dotierung A 16 oder höher (konkret: B 3) übertragen werden sollten. Für die hier in Rede stehende nachträgliche Erteilung ist jedoch nicht von der Frage auszugehen, wie die zuständige personalbearbeitende Stelle zum damaligen Zeitpunkt entschieden hätte, wenn sie eine Entscheidung in der Sache getroffen hätte2. Denn der Antragsteller hat die ihm übertragene Tätigkeit – mit seinem Einverständnis, aber vor allem auch mit Wissen und Einverständnis des Personalamts und seiner Vorgesetzten – in nicht mehr änderbarer Weise faktisch erbracht. Mit der Versagung der nachträglichen förmlichen Zustimmung könnte deshalb keine unerwünschte nicht-dienstpostengerechte Verwendung mehr verhindert, sondern nur noch dem Antragsteller die Vorteile nach Nr. 2.5 des Erlasses vorenthalten werden. Ein derartiges widersprüchliches Verhalten kommt nicht in Betracht. Da Nr. 2.3 Abs. 2 des Erlasses nur Gründe aufführt, aus denen die Zustimmung regelmäßig zu versagen ist, aber damit zugleich die Möglichkeit begründeter Ausnahmen vorsieht, hat das Personalamt vorliegend die beantragte Zustimmung zu erteilen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. April 2013 – 1 WB 37.12
- vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, 2003, S. 92 f.; siehe auch BAG, Urteil vom 27.05.1981 – 4 AZR 1079/78[↩]
- vgl. hierzu und zum Folgenden bereits BVerwG, Beschluss vom 26.02.2013 – 1 WB 15.12, Rn. 47[↩]
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