BierBike

Die Nutzung eines BigBikes im öffentlichen Straßenraum stellt keinen Gemeingebrauch, sondern eine verkehrsfremde und damit erlaubnispflichtige Sondernutzung dar.

BierBike

In dem hier vom Verwaltungsgericht Hamburg entschiedenen Fall wendet sich der Kläger gegen eine wegerechtliche Ordnungsverfügung, mit der ihm der Betrieb sogenannter BigBikes untersagt wird.

Der Kläger betreibt seit dem Jahr 2009 in Hamburg ein Gewerbe, das u.a. die Vermietung von BigBikes zum Gegenstand hat. Bei den BigBikes, die der Kläger zuvor als „BierBikes“ vermarktet hatte, handelt es sich um etwa 1.000 kg schwere, 5 m lange, 2, 25 m breite und 2, 30 m hohe vierrädrige Fahrzeuge mit 16 Sitzplätzen. Den vordersten Sitzplatz nimmt der Fahrzeugführer mit Blick in Fahrtrichtung ein. Er bedient das Lenkrad und die Bremsen des Fahrzeugs. Der Rahmen der Fahrzeuge besteht aus Stahl. Sie sind versehen mit einem Holzdach und einer umlaufenden Holztheke, die einen Innenraum schafft. Im hinteren Bereich der einen Längsseite ist eine Bier-Zapfanlage zum Innenbereich an der Holztheke installiert. Um die Theke herum sind an den Längsseiten mit Blickrichtung zur Theke jeweils sechs Hocker installiert, von denen jeweils fünf über ein eigenes Tretlager mit Pedalen und Freiläufen zum Antrieb des Fahrzeugs verfügen. Eine weitere Antriebsquelle existiert nicht. Im hinteren Bereich befindet sich eine Holzbank mit drei Sitzplätzen. Die BigBikes verfügen über zwei weiße Vorderleuchten, zwei rote Rückleuchten sowie vier Fahrtrichtungsanzeiger, die durch eine Bordbatterie mit Strom versorgt werden. Sie verfügen über eine Soundanlage mit CD-Player. Der Homepage des Klägers (…) ist ferner zu entnehmen, dass die maximale Höchstgeschwindigkeit des BigBikes 6 km/h beträgt. Der Kläger bietet Fahrten mit den BigBikes u.a. über die eigene Homepage an. Den dort abrufbaren „Miethinweisen 2015 …“ ist u.a. zu entnehmen, dass die Mindestbelegungsdauer zwei Stunden beträgt und eine Anmietung für Gruppen von mindestens acht und höchstens 15 Personen möglich ist. Bei jeder Anmietung wird stets von Seiten des Klägers ein Mitarbeiter gestellt, der das Fahrzeug steuert und in den Umgang der BigBikes eingewiesen wurde. Getränke dürfen die Kunden ausschließlich über den Kläger beziehen. Laut Preisliste des Klägers stehen derzeit zur Auswahl: Bier vom Fass, alkoholfreies Bier, Sekt, Kaffee und Softdrinks. Es werden keine Gläser, sondern Plastikbecher verwendet, für die eine passende Aushöhlung in der Theke vor jedem Sitzplatz vorhanden ist. Die auf den BigBikes vorhandene Musikanlage dürfen die Kunden zum Abspielen eigener Musik nutzen. Die standardmäßige Start-/Zieladresse für Touren ist der Parkplatz Bahnhof Dammtor (Dag-Hammarskjöld-Platz). Für die Anlieferung und Abholung bei „Transfer-/Shuttle-Service (unterschiedliche Start-/Zieladresse)“ wird ein Aufpreis verlangt. Die BigBikes werden zu verschiedenen Anlässen genutzt. Nach Auskunft des Klägers wird das Fahrzeug zum einen für Stadtführungen, Ausflüge ins Grüne oder auch Stadtrundfahrten genutzt, zum anderen wird es häufig für Junggesellenabschiede, Firmenincentives bzw. Teambuildingmaßnahmen gebucht.

Die Behörde untersagte dem Kläger, seine „BierBikes oder BigBikes“ auf den öffentlichen Wegeflächen der Freien und Hansestadt Hamburg zu betreiben. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen unter Verweis auf verschiedene polizeilich erfasste Vorfälle aus, dass es sich bei dem Betrieb der „BierBikes“ um eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung öffentlicher Wegeflächen handele. Die hierfür erforderliche Sondernutzungserlaubnis sei weder beantragt worden noch bestehe hierauf ein Anspruch.

Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Hamburg ab:

Rechtsgrundlage der wegerechtlichen Untersagungsverfügung ist § 61 Abs. 1 Hamburgisches Wegegesetz1 (HWG) und, soweit Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen betroffen sind, § 8 Abs. 7a Satz 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG).

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 HWG kann die Wegeaufsichtsbehörde die zur Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere der Beseitigungspflicht nach § 60 erforderlichen Verfügungen gegen den Pflichtigen erlassen. Hierzu gehören auch solche Verwaltungsakte, die – wie im vorliegenden Fall – auch auf die vorbeugende Verhinderung von Gesetzesverletzungen gerichtet sind2. Nach § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG kann die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn eine Bundesfernstraße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird.

Die Voraussetzungen dieser zum behördlichen Eingreifen ermächtigenden Bestimmungen sind erfüllt. Denn die Nutzung der streitgegenständlichen BigBikes auf den Straßen, Wegen und Plätzen im Zuständigkeitsbereich der Behörde stellt keine dem erlaubnisfreien Gemeingebrauch unterfallende Nutzung, sondern eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Der Kläger verfügt nicht über eine solche Sondernutzungserlaubnis, so dass die Beklagte als zuständige Behörde zu Recht im Ermessenswege die streitgegenständliche Nutzung untersagt hat.

Wegeaufsichtsbehörde ist vorliegend nach Abschnitt I der Anordnung zur Durchführung des Hamburgischen Wegegesetzes vom 16.10.19733 das örtlich zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte, nachdem die Untersagung des Betriebs der BigBikes im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2013 auf diejenigen öffentlichen Wegeflächen beschränkt wurde, die in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksamts Hamburg-Mitte fallen. Entsprechendes gilt gemäß §§ 21, 22 Abs. 4 FStrG in Verbindung mit Abschnitt II Abs. 1 der Anordnung zur Durchführung des Bundesfernstraßengesetzes vom 21.02.19784 für die dort befindlichen Bundesfernstraßen.

Die Nutzung des BigBikes im öffentlichen Straßenraum ist kein Gemeingebrauch, sondern stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Denn sie findet nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken statt.

§ 16 Abs. 1 Satz 1 HWG bestimmt, dass die öffentlichen Wege dem Gemeingebrauch dienen und ohne besondere Erlaubnis im Rahmen der Widmung und der Vorschriften über den Straßenverkehr zum Verkehr benutzt werden dürfen, soweit andere dadurch nicht in ihrem Gemeingebrauch unzumutbar beeinträchtigt werden und Sondernutzungen nicht entgegenstehen. Demgegenüber ist nach § 19 Abs. 1 Satz 1 HWG eine Sondernutzung u.a. dann anzunehmen, wenn die Benutzung der öffentlichen Wege über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr (Gemeingebrauch) hinausgeht. Insoweit bestimmt § 16 Abs. 2 Satz 1 HWG, dass zum Gemeingebrauch nicht die Benutzung eines Weges zu anderen Zwecken, insbesondere zur Gewerbeausübung gehört.

In Bezug auf Bundesfernstraßen bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG, dass der Gebrauch der Bundesfernstraßen jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet ist (Gemeingebrauch). Nach Satz 3 der Vorschrift liegt kein Gemeingebrauch vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist die Benutzung der Bundesstraßen über den Gemeingebrauch hinaus Sondernutzung.

Es entspricht ständiger – auch höchstrichterlicher – Rechtsprechung, dass der zu beurteilende Verkehrsvorgang nur dann innerhalb des Widmungszwecks „zum Verkehr“ und damit innerhalb des Gemeingebrauchs der öffentlichen Wege liegt, wenn dabei der Verkehrsvorgang – gleich ob fließend oder ruhend – im Vordergrund steht. Das ist dann nicht der Fall, wenn die öffentliche Straße durch ein Fortbewegungsmittel ausschließlich oder überwiegend zu anderen Zwecken als zur Fortbewegung in Anspruch genommen und dieses dadurch zu einer auf eine Straße aufgebrachten verkehrsfremden „Sache“ – nicht anders als jeder beliebige sonstige Gegenstand – wird. Derartige Vorgänge fallen bereits aus der Widmung zum Verkehr und damit aus dem einschlägigen Gemeingebrauch heraus, da sie nicht „zum Verkehr“ geschehen5.

Bei der Beurteilung kommt es demnach vor allem darauf an, ob die Teilnahme am Verkehr mit dem jeweiligen Fortbewegungsmittel noch im Rahmen dessen liegt, was mit ihm eigentlich bezweckt wird. Dieser Zweck liegt in der Bewirkung einer Ortsveränderung, um Personen und/oder Sachen fortzubewegen. Aus welchen weitergehenden Motiven heraus diese Ortsveränderung erfolgen soll, ist im Allgemeinen unerheblich. So kommt es nicht darauf an, ob die Ortsveränderung aus privaten oder geschäftlichen Gründen bewirkt werden soll, beispielsweise um Einkäufe zu erledigen, um einen Freund zu besuchen oder um einen Geschäftstermin wahrzunehmen. Es schadet auch nicht, wenn der Nutzer überhaupt kein weitergehendes Ziel verfolgt. Denn auch derjenige, der spazieren fährt oder abends planlos seinen Wagen durch die Straßen der Stadt lenkt, strebt eine Ortsveränderung zum Zwecke des Personentransports an6.

Die Frage, ob ein Fortbewegungsmittel verkehrsfremd oder im Rahmen des Verkehrszwecks am Verkehr teilnimmt, lässt sich nur auf Grund der Umstände des konkreten Einzelfalls beantworten. Bei der Beurteilung ist maßgeblich auf die Perspektive und die Bewertung eines objektiven Beobachters anhand äußerlich erkennbarer Merkmale abzustellen. Solche objektiven Anhaltspunkte können sich u.a. aus der technisch-konstruktiven Bauart bzw. aus der Gestaltung des Fahrzeugs ergeben7.

Zusammenfassend lässt sich unter Zugrundelegung des vorangestellten Maßstabes festhalten, dass sich der Verkehrsvorgang regelmäßig im Rahmen des Gemeingebrauchs bewegt, solange der Verkehrszweck den Hauptgrund der Inanspruchnahme der Straße darstellt. Dagegen ist ein Fortbewegungsmittel als verkehrsfremde Sache zu qualifizieren – mit der Folge, dass die Inanspruchnahme der öffentlichen Straßen sich als erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellt –, sofern dieses zwar äußerlich am Verkehr teilnimmt, jedoch aus Sicht eines objektiven Beobachters nach seinem Erscheinungsbild tatsächlich eine andere oder überwiegend andere Funktion erfüllt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Zweckbestimmung der Verkehrsvorgänge mit den streitgegenständlichen BigBikes als verkehrsfremd zu qualifizieren. Bei einer Gesamtschau der äußerlich erkennbaren Umstände besteht der Hauptzweck des Betriebs der BigBikes nicht darin, eine Ortsveränderung zum Zwecke des Personen- oder Gütertransports zu bewirken. Die Verkehrsteilnahme findet vielmehr lediglich äußerlich statt bzw. wird durch den mit der Nutzung verfolgten Hauptzweck so sehr zurückgedrängt, dass nicht mehr von einer Nutzung zum Verkehr gesprochen werden kann. Denn das BigBike erfüllt nach seinem äußeren Erscheinungsbild nicht die vornehmliche Funktion eines Verkehrsmittels, sondern dient in erster Linie als Eventfläche. Hierzu im Einzelnen:

Die konkrete Gestaltung des BigBikes, insbesondere auch seine konstruktive Bauweise führt zur Überzeugung der Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass der hauptsächliche Nutzungszweck nicht darin besteht, eine Ortsveränderung zum Zwecke des Personen- oder Gütertransports herbeizuführen, sondern in geselliger Runde mit seinen Mitfahrern zu feiern, zu reden oder in sonstiger Weise beisammen zu sein. Den Teilnehmern wird mit den BigBikes eine Plattform geboten, die sie als Gruppe nutzen können, beispielsweise um gemeinsam bestimmte Ereignisse zu zelebrieren, den Zusammenhalt innerhalb eines Teams zu stärken (Stichwort: Teambuildung) oder ein unbefangenes Kennenlernen zu ermöglichen. Gerade dieser Eventcharakter bzw. dieses Gruppenerlebnis macht das BigBike aus und gibt ihm seine maßgebliche Prägung. Das BigBike ist mit einer umlaufenden Tischablage versehen, um diese herum sind die Sitzgelegenheiten der Fahrgäste angeordnet. Von der äußeren Gestaltung her erinnert diese Ausstattung und Anordnung bereits stark an eine typische Kneipentheke und nicht an ein Fortbewegungsmittel. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die in die Tischablage eingearbeiteten Halterungen für die Getränkebecher, die Bier-Zapfanlage im „Innenraum“ des Gefährts sowie die vorgehaltene Musikanlage. Auch die Anordnung der Sitzgelegenheiten macht deutlich, dass der Eventcharakter im Vordergrund steht, sind die Sitze doch mehrheitlich so angeordnet, dass die Fahrgäste einander zugewandt sind, so dass primär das gesellige Beisammensein und nicht die Ortsumgebung von Bedeutung ist. Ein objektiver Betrachter käme bei dieser Gestaltung nicht zu dem Ergebnis, dass es den Nutzern des BigBikes vornehmlich um eine Fortbewegung, beispielsweise zum Zwecke der Stadtbesichtigung oder ähnliches geht. Denn durch die Sitzanordnung kehren die Fahrgäste der einen Straßenseite den Rücken zu, während die andere Straßenseite durch den Sitznachbarn auf der gegenüberliegenden Seite und durch die Dachstützen zum großen Teil verdeckt wird.

Auch die technische Ausstattung des BigBikes lässt nicht darauf schließen, dass bei der Fahrzeugkonstruktion an den Personen- oder Gütertransport als vorrangiger Zweck gedacht wurde. So bringt das Fahrzeug mit Rädern, Pedalen, Bremsen und Lenkung nur die Minimalvoraussetzungen für eine Fortbewegung mit. Die weitere Gestaltung ist jedoch nicht fortbewegungsfreundlich gestaltet. So führt das hohe Gewicht (rund eine Tonne) des BigBikes dazu, dass dieses nur mit einer Mehrzahl an (in die Pedale tretenden) Personen überhaupt fortbewegt werden kann, was sich dementsprechend auch in der Mindest-Gruppengröße widerspiegelt; ausweislich der vom Kläger herausgegebenen „Miethinweise 2015 …“ beträgt die Mindestanzahl für die Buchung eines BigBikes acht Personen.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, welches Klientel im Regelfall das BigBike bucht und in welchem Umfang während der Fahrt alkoholische und/oder nicht-alkoholische Getränke konsumiert werden. Auch kann dahinstehen, in welchem Umfang Start- und Zielort identisch sind bzw. wie oft das Endziel vom Startort abweicht. Denn unabhängig von diesen Umständen wird ein objektiver Beobachter aufgrund des Gesamtgepräges zu dem Ergebnis kommen, dass bei den Touren nicht die Verkehrsteilnahme, sondern der Eventcharakter im Vordergrund steht. Dabei verkennt das Verwaltungsgericht nicht, dass es durchaus zum Betriebskonzept der BigBikes gehört, sich im Straßenverkehr fortzubewegen. Es mag sein, dass die Nutzer der BigBikes sich nicht (ausschließlich) an eine Theke setzen wollen, um gemeinsam Getränke zu konsumieren, sondern sich zugleich auch mit den BigBikes fortbewegen wollen. Dieser Verkehrszweck ist jedoch nur von untergeordneter Bedeutung.

Der Kläger verfügt nicht über eine Sondernutzungserlaubnis für den Betrieb seiner BigBikes auf öffentlichen Straßen.

Eine rechtmäßige Verfügung auf der Grundlage des § 61 Satz 1 HWG setzt nicht nur die Wegerechtswidrigkeit des untersagten Verhaltens, sondern des Weiteren voraus, dass der Erlass einer Untersagungsverfügung „erforderlich“ ist. Bei der Voraussetzung der Erforderlichkeit handelt es sich um eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots. Der Adressat einer Ordnungsverfügung, mit der für die Zukunft ein bestimmtes Verhalten untersagt wird, braucht diese grundsätzlich nicht hinzunehmen, wenn er zu ihrem Erlass keine Veranlassung gegeben hat8. Ein solcher Anlass besteht indes vorliegend, weil der Kläger bereits in der Vergangenheit gegen das Hamburgische Wegegesetz verstoßen hat und zu besorgen ist, dass weitere Verstöße folgen. Denn der Kläger will erkennbar auch weiterhin an seinem Geschäftskonzept festhalten.

Der Kläger ist als Zustandsstörer im Sinne von § 9 Abs. 1 SOG und als Verhaltensstörer im Sinne von § 8 Abs. 1 und 3 SOG auch Pflichtiger im Sinne des § 61 Satz 2 HWG bzw. § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG.

Die Untersagungsverfügung ist auch auf der Rechtsfolgenseite nicht zu beanstanden. Sie leidet insbesondere nicht an Ermessensfehlern im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO.

Eine erlaubnispflichtige, aber nicht erlaubte Sondernutzung verletzt das wegeaufsichtliche Verfahrensrecht. Der darin bestehende Gesetzesverstoß rechtfertigt deshalb eine Untersagungsverfügung nach § 61 Satz 1 HWG bzw. § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG nicht erst dann, wenn die formell rechtswidrige Sondernutzung auch materiell nicht erlaubt werden kann, sondern in der Regel schon bei nur formeller Illegalität9. Etwas anderes dürfte allenfalls dann gelten, wenn ein Anspruch auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis offensichtlich ist oder wenn sich die Untersagungsverfügung ausnahmsweise aus sonstigen schwerwiegenden Gründen als unverhältnismäßig erweist10. Derartige Umstände sind vorliegend aber nicht ersichtlich. Ein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis besteht nicht. Deren Vergabe liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Gegen eine Reduzierung des der Behörde bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis eingeräumten Ermessens auf Null spricht vorliegend insbesondere die von der Behörde im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2013 in Bezug genommene Einschränkung der Sicherheit und Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Verkehrs durch den Betrieb der BigBikes (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 4 HWG). Gründe, die aus sonstigen schwerwiegenden Gründen ausnahmsweise ein Absehen vom Erlass der Untersagungsverfügung gebieten würden, sind gleichfalls nicht ersichtlich.

Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 20. März 2015 – 11 K 3271/13

  1. vom 22.01.1974, HmbGVBl. S. 41, 83, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 14.03.2014, HmbGVBl. S. 102, 104[]
  2. vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 23.07.1991, OVG Bs II 47/91 21[]
  3. Amtl. Anz. S. 1377 m.sp.Änd.[]
  4. Amtl. Anz. S. 377 m.sp.Änd.[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.10.1984, BVerfGE 67, 299 70; BVerwG, Beschluss vom 28.08.2012, NVwZ 2012, 1623 9; Urteil vom 22.01.1971, MDR 1971, 608 12 f.; Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 32019; OVG Hamburg, Beschluss vom 9.07.2014, 4 Bs 93/14, n.v.; Beschluss vom 19.06.2009, NordÖR 2009, 412 6, 9; Beschluss vom 13.06.2003, NJW 2004, 1970 15; Beschluss vom 20.12.1999, VRS 98, 396 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 23.11.2011, GewArch 2012, 93 28; Urteil vom 12.07.2005, NJW 2005, 3162 33; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl.2010, S. 125; von Mannstein, Die Nutzung der öffentlichen Straßen, 2008, S. 268[]
  6. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2012, a.a.O. 13; Beschluss vom 4.07.1996, NJW 1997, 468 14; Urteil vom 3.06.1982, NJW 1982, 2332 13; Urteil vom 22.01.1971, MDR 1971, 608 12; OVG Hamburg, Beschluss vom 19.06.2009, a.a.O. 12; Beschluss vom 20.12.1999, a.a.O. 15[]
  7. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2012, a.a.O. 13; Beschluss vom 17.05.2006, 3 B 145/05, juris; OVG NRW, Urteil vom 23.11.2011, a.a.O.; Urteil vom 12.07.2005, a.a.O. 43 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 13.06.2003, a.a.O. 16[]
  8. OVG Hamburg, Beschluss vom 15.08.1996 – Bs II 157/96; Beschluss vom 14.05.2003, 2 Bs 137/03, n.v.[]
  9. vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 23.07.1991 – Bs II 47/91 25[]
  10. OVG Hamburg, Beschluss vom 14.05.2003 – 2 Bs 137/03, n.v.[]