Der mit Handelsregistersachen befasste Richter kann nicht verlangen, dass die in elektronischer Form zum Handelsregister eingereichten Anträge und Eingaben ihm in ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorgelegt werden. Ein Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit ist mit der Weigerung der Dienstaufsicht, ihm die elektronisch eingereichten Anträge und Eingaben ausgedruckt zur Verfügung zu stellen, nicht verbunden.

Der Begriff „Maßnahme der Dienstaufsicht“ im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG ist nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit weit zu fassen. Es genügt jede Einflussnahme der Dienstaufsicht führenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des Richters auswirkt. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug zu der Tätigkeit des Richters besteht1. Die Einführung des elektronischen Handelsregisters durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10. November 20062 stellt keine Maßnahme der Dienstaufsicht dar. Etwas anderes gilt aber für die Weigerung, dem Antragsteller die elektronisch eingehenden Anträge auf Eintragung im Handelsregister in der gewünschten Papierform vorzulegen. Denn diese Weigerung hat zur Folge, dass der Antragsteller die Bearbeitung der Anträge am Computer vornehmen oder selbst die von ihm gewünschten Ausdrucke erstellen muss; der erforderliche Bezug zu der richterlichen Tätigkeit ist damit gegeben.
Gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht kann mit der – nachvollziehbaren – Behauptung, sie verletze die richterliche Unabhängigkeit, das Richterdienstgericht angerufen werden3, das darüber im Prüfungsverfahren befindet4. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte beschränkt sich auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen und Rechtsvorschriften nachzuprüfen, ist den Verwaltungsgerichten vorbehalten5.
Die vom Antragsteller beanstandete Zurückweisung seines Antrags, ihm sämtliche elektronisch eingehenden Anträge auf Eintragung im Handelsregister in Papierform zur Bearbeitung vorzulegen, verletzt die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht.
Eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit kommt durch Maßnahmen in Betracht, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die richterliche Rechtsfindung durch psychischen Druck oder auf andere Weise unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen. Ausgehen kann ein solcher Einfluss auch von Anordnungen der Dienstaufsicht im Zusammenhang mit der Benutzung von Geräten und Hilfsmitteln, die der Richter für seine Arbeit benötigt. In den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit sind nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes nämlich nicht nur die Endentscheidung, sondern alle der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienenden – vorbereitenden und nachfolgenden – Sach- und Verfahrensentscheidungen einbezogen6. So hat das Dienstgericht des Bundes7 entschieden, dass Maßnahmen der Dienstaufsicht, die einen Richter veranlassen können, sein Diensttelefon zur Erledigung seiner Aufgaben nicht in dem von ihm für sachgerecht gehaltenen Umfang zu benutzen, die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen können. Gleiches gilt, wenn durch die Dienstaufsicht auf den Richter psychologischer Druck ausgeübt wird, den Inhalt des Protokolls mit einem Aufnahmegerät vorläufig aufzuzeichnen, statt für die Protokollierung einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zuzuziehen8.
Der Antragsteller wird durch die angegriffene Weigerung der Dienstaufsicht nicht dazu beeinflusst, ihm zur Verfügung stehende Geräte und Hilfsmittel in einer bestimmten Weise zu benutzen oder sich auf eine von mehreren gegebenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung bei der Bearbeitung der Eingaben zum Handelsregister zu beschränken.
Das Handelsregister wird mit Wirkung vom 1. Januar 2007 gemäß § 8 Abs. 1 HGB elektronisch geführt. Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister und die sonstigen dort genannten Unterlagen sind gemäß § 9 Abs. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Von diesen Unterlagen werden grundsätzlich keine Ausdrucke auf Papier erstellt. Eine Ausnahme ist insoweit lediglich für den Fall einer Beschwerde vorgesehen. Insoweit bestimmt § 8 Abs. 3 Satz 5 der Handelsregisterverordnung, dass von den ausschließlich elektronisch vorliegenden Dokumenten Ausdrucke für das Beschwerdegericht zu fertigen sind, soweit dies zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens notwendig ist. Die elektronischen Eingaben zum Handelsregister sind daher vom Gesetz- und Verordnungsgeber als Grundlage für die Sachbearbeitung durch den Richter des Registergerichts bestimmt. Zu diesem Zweck ist dem Richter ein computergestützter Arbeitsplatz zugewiesen, der eine Bearbeitung dieser Eingänge am Bildschirm ermöglicht.
Eine alternative Bearbeitung auf der Grundlage von Ausdrucken auf Papier ist trotz der praktischen Probleme bei der Aktenbearbeitung in elektronischer Form (Bildschirmgröße, Übersichtlichkeit, ergonomische Nachteile längerer Bildschirmarbeit) zur Vermeidung von Medienbrüchen9 nicht vorgesehen. Dem Antragsteller steht daher ein Anspruch, zur Bearbeitung der Eingaben von der Geschäftsstelle generell mit papiernen Ausdrucken versorgt zu werden, nicht zu. Daran ändert auch die Einschätzung des Antragstellers nichts, dass die Bearbeitung der elektronischen Eingaben gegenüber denjenigen in Papierform fehleranfälliger ist und eine sorgfältige Bearbeitung einen größeren Arbeitsaufwand erfordert. Ein Anspruch des Richters gegenüber der Justizverwaltung auf eine über das vom Gesetz- und Verordnungsgeber vorgesehene Maß hinausgehende Gestaltung der Arbeitsgrundlagen besteht nicht. So hat das Dienstgericht des Bundes bereits ausgesprochen, dass ein Richter keinen Anspruch gegen die Justizverwaltung auf Schaffung und Bereitstellung der sachlichen, institutionellen und personellen Ausstattung hat, die er zur Ausschöpfung seiner richterlichen Unabhängigkeit für erforderlich und wünschenswert hält10. Es besteht lediglich ein Anspruch des Richters darauf, dass er bei der Zuteilung der vorhandenen, für die Arbeit erforderlichen personellen und sächlichen Mittel in ermessensfehlerfreier Weise berücksichtigt wird11. Ob sich die Erforderlichkeit insoweit nach der – willkürfreien – subjektiven Wertung des Richters oder nach objektiven Kriterien bestimmt, kann hier dahingestellt bleiben, da nach dem vom Antragsteller nicht bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners die Serviceeinheiten des Handelsregisters bereits jetzt bis zur Obergrenze belastet sind.
Die beanstandete Weigerung des Antragsgegners verstößt auch nicht deshalb gegen die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, weil ihm ohne Vorlage der Ausdrucke auf Papier die Möglichkeit genommen ist, die eingegangenen Anträge ohne weiteres von zu Hause aus zu bearbeiten.
Aus der Unabhängigkeit – Art. 97 GG – des Richters folgt, dass er grundsätzlich seine Arbeit nicht innerhalb fester Dienstzeiten und nicht an der Gerichtsstelle erledigen muss12. Das gilt aber nicht, wenn die Ausführung der ihm obliegenden Dienstgeschäfte die Anwesenheit an der Gerichtsstelle erfordert. Denn die richterliche Unabhängigkeit ist kein Standesprivileg der Richter13. Erfordert die Bearbeitung der gemäß den Anforderungen des Gesetzgebers in elektronischer Form vorliegenden Eingaben zum Handelsregister die Anwesenheit des Richters an seinem computergestützten Arbeitsplatz, liegt darin keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit durch die Dienstaufsicht. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zudem eingeräumt, die für die Bearbeitung der Eingaben zum Handelsregister vom häuslichen Arbeitsplatz aus erforderlichen Ausdrucke auf Papier selbst zu fertigen. Ein weitergehender Anspruch auf Verschaffung der vom Antragsteller gewünschten Arbeitsunterlagen besteht nicht.
Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 21. Oktober 2010 – RiZ (R) 5/09
- BGH, Urteile vom 25.09.2002 – RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282; vom 24.11.1994 – RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; vom 16.11.1990 – RiZ(R) 2/90, BGHZ 113, 36, 38 f.; und vom 10.01.1985 – RiZ(R) 7/84, BGHZ 93, 238, 241[↩]
- BGBl. I 2006, 2553[↩]
- BGH, Urteil vom 16.11.1990 – RiZ(R) 2/90, NJW 1991, 1103[↩]
- BGH, Urteil vom 14.09.1990 – RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 191[↩]
- BGH, Urteile vom 24.11.1994 – RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; vom 14.01.1991 – RiZ(R) 5/90, NJW 1992, 46, 47; und vom 31.01.1984 – RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff.[↩]
- BGH, Urteile vom 24.11.1994 – RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; vom 10.01.1985 – RiZ(R) 7/84, BGHZ 93, 238, 234 mwN; und vom 31.01.1984 – RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 45[↩]
- BGH, Urteil vom 24.11.1994 – RiZ(R) 4/94, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 21.04.1978 – RiZ(R) 4/77, NJW 1978, 2509[↩]
- vgl. Berlit, E-Justice-Chancen und Herausforderungen in der freiheitlich demokratischen Gesellschaft, JurPC Web-Dok. 171/2007, Abs. 122[↩]
- BGH, Urteil vom 03.11.2004 – RiZ(R) 2/03, NJW 2005, 905[↩]
- BGH, Urteil vom 25.09.2002 – RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282[↩]
- BGH, Urteile vom 25.09.2002 – RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282; und vom 16.11.1990 – RiZ(R) 2/90, BGHZ 113, 36, 38 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 27.09.1976 – RiZ(R) 3/75, BGHZ 67, 184, 187[↩]