Urheberrechtliche Abmahnung – und die Umsatzsteuer

Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren. Auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt wird, spielt für die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, keine Rolle. Geht es -wie bei Abmahnungen- nicht um die Teilnahme an einem Wettbewerb und erfolgen die Zahlungen nicht für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses, ist die mögliche Ungewissheit einer Zahlung nicht geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.

Urheberrechtliche Abmahnung – und die Umsatzsteuer

Abmahnungen, die ein Rechteinhaber zur Durchsetzung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegenüber Rechtsverletzern vornimmt, sind mithin umsatzsteuerpflichtig. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ließ eine Tonträgerherstellerin mit Hilfe einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Personen, die Tonaufnahmen im Internet rechtswidrig verbreitet hatten, abmahnen. Gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 € (netto) bot sie an, von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche abzusehen. Sie ging dabei davon aus, dass die erhaltenen Zahlungen als Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzungen anzusehen seien und daher keine Umsatzsteuer anfalle. Die ihr von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog sie gleichzeitig als Vorsteuer ab.

Dieser Auffassung zur Frage der Steuerbarkeit ist der Bundesfinanzhof – anders als in der Vorinstanz das Finanzgericht Berlin-Brandenburg1 – nicht gefolgt. Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass – unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung durch die Beteiligten und der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage – Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs als umsatzsteuerpflichtige Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren sind. Die Abmahnung erfolge, so der Bundesfinanzhof weiter, zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies sei als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis sei es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher festgestanden habe, ob die Abmahnung erfolgreich sein werde: Auch wenn ungewiss sei, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer sei und zahlen werde, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung.

Damit überträgt der Bundesfinanzhof seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Für das Vorliegen einer entgeltlichen Leistung, die in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar ist, sind nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, im Wesentlichen folgende unionsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen:

Zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde2.

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Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet3.

Die Frage, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Leistungen erfolgt, stellt eine unionsrechtliche Frage dar, die unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden ist. Für die Auslegung der Bestimmungen der MwStSystRL ist irrelevant, ob ein Betrag nach nationalem Recht als Schadensersatzanspruch oder als Konventionalstrafe anzusehen ist und wie er bezeichnet wird4.

Eine Leistung gegen Entgelt liegt regelmäßig dann vor, wenn der Leistende im Auftrag des Leistungsempfängers für diesen eine Aufgabe übernimmt und insoweit gegen Aufwendungsersatz tätig wird5. Dasselbe gilt, wenn ein Unternehmer für einen anderen als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig wird und von ihm nach § 683 BGB den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann6.

Entschädigungs- oder Schadensersatzleistungen sind dagegen kein Entgelt i.S. des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat7.

Die Abmahnerin hat -entgegen der Auffassung des Finanzgericht- an die Rechtsverletzer steuerbare Leistungen erbracht; die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Verletzte bei Vorliegen einer widerrechtlichen Urheberrechtsverletzung und Wiederholungsgefahr einen Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer. Vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung soll gemäß § 97a Abs. 1 Satz 1 UrhG der Verletzte den Verletzer abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist.

Neben dem Unterlassungsanspruch hat der Verletzte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG gegen den vorsätzlich oder fahrlässig handelnden Verletzer auch einen Anspruch auf Ersatz des daraus entstehenden Schadens.

Eine Abmahnung ist die Mitteilung des Verletzten an den Verletzer, dass der Verletzer durch eine im Einzelnen bezeichnete Handlung einen Urheberrechtsverstoß begangen habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen8. Die Abmahnung wird regelmäßig mit der Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall der Nichtabgabe versehen9.

Das richterrechtliche Institut der Abmahnung nach dem Vorbild der wettbewerbsrechtlichen Regelung in § 12 Abs. 1 UWG wurde für den Bereich des Urheberrechts in § 97a Abs. 1 UrhG normiert10. Anstatt des bis dahin unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleiteten Kostenerstattungsanspruchs (§§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB)11 enthält § 97a Abs. 2 UrhG eine ausdrückliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen.

Zweck der Abmahnung ist in erster Linie die Beseitigung und Unterlassung der Verletzungshandlung12. Dazu soll sie den Verletzer auf sein rechtsverletzendes Verhalten aufmerksam machen und ihn vor einem drohenden Gerichtsverfahren warnen (Warnfunktion), auf eine außergerichtliche Streitbeilegung hinwirken (Streitbeilegungsfunktion) und einen kostspieligen Prozess vermeiden (Kostenvermeidungsfunktion)13.

Eine berechtigte Abmahnung, in der die konkreten Verletzungshandlungen und die Sachbefugnis des Abmahnenden dargelegt werden, dient dahingehend dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Verletzers, als der Rechteinhaber, der zunächst abmahnt, statt sofort Klage zu erheben oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, dem Verletzer damit die Möglichkeit gibt, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beruht auf dieser Erwägung14.

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Die Abmahnerin hat nach den Grundsätzen der vorliegenden Rechtsprechung mit den Abmahnungen den Rechtsverletzern einen Weg gewiesen, sie als Gläubigerin eines Unterlassungsanspruchs ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen, und ihnen hiermit einen konkreten Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt15. Die Abmahnungen sind deshalb steuerbar.

Unerheblich ist, dass nach den Abmahnschreiben der Abmahnerin die Zahlungen pauschal auf die Erstattung der Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben, die Anwalts- und Gerichtskosten für einen gerichtlichen Antrag gemäß § 101 Abs. 9 UrhG und die geleisteten Aufwendungserstattungen an den Provider gemäß § 101 Abs. 2 Satz 3 UrhG sowie eine Schadensersatzzahlung aufgrund der Urheberrechtsverletzung entfallen sollten. Denn die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, ist nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben zu beantworten16. Ob die geltend gemachten Ansprüche (z.T.) neben § 97a Abs. 2 UrhG auch (bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Handlung) im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 UrhG geltend gemacht werden können17, spielt insofern keine Rolle. Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen, d.h. auch der Ersatz von Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers (z.B. Gerichtskosten des richterlichen Gestattungsverfahrens gemäß § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG sowie Kosten für die Beauskunftung durch den Internetprovider nach § 101 Abs. 2 Satz 3 UrhG)18.

Der Einwand der Abmahnerin, es liege eine bloße Ersparnis von Ausgaben bzw. es lägen Geldzahlungen vor, die mangels verbrauchbaren Vorteils nicht als Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG qualifiziert werden könnten19, greift nicht.

Mit der Abmahnung erhält der Abgemahnte nicht nur die Gelegenheit, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen, sondern ihm werden (möglicherweise erstmals) der Rechtsverstoß zur Kenntnis gebracht und -durch die konkrete Bezeichnung des verletzten Rechts und dem Nachweis der Berechtigung des Rechteinhabers- die notwendigen Informationen gegeben, um durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung den (nicht auf Geld gerichteten) Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Dementsprechend handelt es sich nur bei Erfüllung dieser Mindestvoraussetzungen um eine berechtigte Abmahnung, die einen Kostenersatzanspruch auslöst20.

Insofern ist die Abmahnung auch nicht mit einem gerichtlichen Mahnverfahren vergleichbar21, bei dem die Mahnung gegen Erstattung von Mahnkosten nicht steuerbar ist22. Denn hierbei wird eine Zahlung angemahnt, deren Anspruchsgrundlagen dem säumigen Schuldner bereits bekannt sind.

Der Qualifizierung der Abmahnung als Leistung steht -entgegen der Auffassung der Abmahnerin- nicht entgegen, dass auch der Verletzte insbesondere mit Blick auf das Prozesskostenrisiko ein Interesse an der Abmahnung hat23.

Zwar hilft die Abmahnung -ohne dass es sich um eine Prozessvoraussetzung handeln würde (§ 97a Abs. 1 UrhG: „soll“)- auch dem Verletzten. Er kann auf diese Weise einen Prozess vermeiden. Vor allem aber bewahrt ihn die vorherige Abmahnung vor dem Kostentragungsrisiko nach § 93 der Zivilprozessordnung24. Außerdem kann -je nach Konstellation des Falles- die Abmahnung auch ein Mittel der Sachverhaltsaufklärung darstellen, da sie einem Auskunftsverlangen den notwendigen Nachdruck verleihen kann25.

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Jedoch steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen, wenn der Unternehmer mit der Tätigkeit (auch) einen eigenen Zweck verwirklicht26, da die Motive für die Begründung des Leistungsaustauschs den für den Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang nicht in Frage stellen27. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das Verhalten der Abmahnerin gegenüber den Abgemahnten rechtsmissbräuchlich ist28.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg29 bestehen zwischen Abmahnungen wegen Wettbewerbs- und Urheberrechtsverstößen keine entscheidungserheblichen Unterschiede.

Zwar handelt es sich beim verletzten Urheberrecht um ein absolutes und individuelles Recht, bei dem -aufgrund der konkreten Rechtsverletzung- die Ermittlung des Verletzers, der nicht immer der Anschlussinhaber ist, aufwändiger sein mag. Allerdings unterscheiden sich Abmahnschreiben bei einem Wettbewerbsverstoß und bei einer Urheberrechtsverletzung in ihrem wesentlichen Inhalt nicht. Die Abmahnung dient in beiden Fällen insofern den gleichen Zwecken, als mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Möglichkeit eröffnet wird, einen Prozess zu vermeiden, und der Kostenerstattungsanspruch auf einer (spezialgesetzlich kodifizierten) Geschäftsführung ohne Auftrag gründet30.

Dieser Sichtweise stehen die EuGH-Urteile Cesky rozhlas31 und SAWP32 nicht entgegen.

Anders als in den vom EuGH entschiedenen Fällen besteht zwischen der Abmahnerin und den Rechtsverletzern durch die Geschäftsführung ohne Auftrag ein Rechtsverhältnis33.

Außerdem wird mit der auf Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gerichteten Abmahnung weder eine Urheberrechtsverletzung sanktioniert34 noch ein Schaden ausgeglichen, sondern dem Verletzer aufgrund der Warn, Streitbeilegungs- und Kostenvermeidungswirkung der Abmahnung ein Vorteil zugewendet. Dementsprechend bemisst sich der zu zahlende Kostenersatz auch nicht wie der Schadensersatz nach der sog. Lizenzanalogie35, sondern nach dem Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs.

Die Abmahnerin hat diese Leistung auch gegen Entgelt erbracht. Entgegen der Auffassung der Abmahnerin ergibt sich nichts anderes daraus, dass bei Versendung der Abmahnung nicht mit Sicherheit feststeht, ob der Adressat tatsächlich der Rechtsverletzer ist.

Entgelt ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der für das Streitjahr geltenden Neufassung des Umsatzsteuergesetzes durch Bekanntmachung vom 21.02.200536 grundsätzlich alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH setzt eine „Leistung gegen Entgelt“ das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet37.

Zwar haben der EuGH durch Urteil Bastova vom 10.11.201638 und im Anschluss daran der Bundesfinanzhof39 entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein -sei es auch ein im Voraus festgelegtes- Preisgeld erhalten, da die Ungewissheit einer Zahlung geeignet sei, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.

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Der vorliegende Fall ist mit diesen Fällen allerdings nicht vergleichbar.

Weder geht es um die Teilnahme der Abmahnerin an einem Wettbewerb, noch erfolgten die Zahlungen an die Abmahnerin für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses. Vielmehr besteht zwischen gezahltem Entgelt und der Abmahnleistung ebenso ein unmittelbarer Zusammenhang wie bei dem Honorar der für die Abmahnerin tätigen Kanzlei bei „erfolgreicher“ Abmahnung und bei einem gegen Erfolgsprovision tätigen Vermittler40.

Zudem erfolgt die Zahlung durch die zu Recht abgemahnten Rechtsverletzer weder aus freien Stücken noch zufallsabhängig41.

Da die Abmahnleistungen der Abmahnerin umsatzsteuerpflichtige Umsätze darstellen, steht der Abmahnerin der -vom Finanzamt gewährte; und vom Finanzgericht versagte- Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG aus den in den Rechnungen der Kanzlei für ihre Tätigkeiten in diesem Zusammenhang ausgewiesenen Umsatzsteuer zu.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs bestehen keine Zweifel i.S. des Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an der Auslegung der im Streitfall anzuwendenden unionsrechtlichen Bestimmungen42. Eine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht demnach nicht43. Zum einen sind, wie dargelegt, die Grundsätze der von der Abmahnerin angeführten EuGH, Entscheidung SAWP32 auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zum anderen sind die Grundsätze der Steuerbarkeit und des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Entgelt -auch bei Ungewissheit einer Zahlung- rechtsgrundsätzlich geklärt44. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den jeweiligen Einzelfall ist Sache des nationalen Gerichts45.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Februar 2019 – XI R 1/17

  1. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.11.2016 – 7 K 7078/15[]
  2. vgl. z.B. EuGH, Urteile Société thermale d’Eugénie-les-Bains vom 18.07.2007 – C-277/05, EU:C:2007:440, BFH/NV 2007, Beilage 4, 424, Rz 19; Cesky rozhlas vom 22.06.2016 – C-11/15, EU:C:2016:470, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2016, 632, Rz 21 f.; SAWP vom 18.01.2017 – C-37/16, EU:C:2017:22, UR 2017, 230, Rz 25 f.; Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 – C-295/17, EU:C:2018:942, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2019, 58, Rz 39; BFH, Urteile vom 30.06.2010 – XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084, Rz 11 f.; vom 20.03.2013 – XI R 6/11, BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206, Rz 24 f.; vom 21.12 2016 – XI R 27/14, BFHE 257, 154, Rz 16, jeweils m.w.N.[]
  3. vgl. BFH, Urteile vom 18.12 2008 – V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II. 3.a bb, Rz 30; in BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084, Rz 13; in BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206, Rz 25; in BFHE 257, 154, Rz 17[]
  4. vgl. EuGH, Urteil Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942, HFR 2019, 58, Rz 68 f.; BFH, Urteil in BFHE 257, 154, Rz 29, jeweils m.w.N.[]
  5. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11.04.2002 – V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782, unter II. 1.; vom 27.11.2008 – V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II. 1.b, Rz 20; vom 24.04.2013 – XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 21[]
  6. vgl. BFH, Urteile vom 16.01.2003 – V R 92/01, BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732, unter II. 2.a, Rz 16; in BFHE 257, 154, Rz 18[]
  7. vgl. BFH, Urteile vom 10.12 1998 – V R 58/97, BFH/NV 1999, 987, unter II. 1., Rz 18; in BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084, Rz 14; in BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206, Rz 26; vom 16.01.2014 – V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 20; in BFHE 257, 154, Rz 19[]
  8. BT-Drs. 16/5048, 48[]
  9. Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 97a Rz 6; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, UrhG, 12. Aufl., § 97a Rz 7[]
  10. vgl. BT-Drs. 16/5048, 48[]
  11. vgl. BGH, Urteile vom 17.07.2008 – I ZR 219/05, GRUR 2008, 996, Rz 11; vom 28.09.2011 – I ZR 145/10, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 2012, 34, Rz 11[]
  12. BT-Drs. 17/13057, 11[]
  13. vgl. Specht in Dreier/Schulze, a.a.O., § 97a Rz 3; Wimmers in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 97a Rz 5 f.; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97a Rz 1; Spindler in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., UrhG § 97a Rz 3[]
  14. BGH, Urteile vom 01.06.2006 – I ZR 167/03, GRUR 2007, 164, Rz 12; vom 21.01.2010 – I ZR 47/09, GRUR 2010, 354, Rz 8; vom 11.06.2015 – I ZR 7/14, GRUR 2016, 184, Rz 57[]
  15. vgl. BFH, Urteile in BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732, unter II. 2.a, Rz 17 f.; in BFHE 257, 154, Rz 27, m.w.N.[]
  16. vgl. EuGH, Urteil Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942, HFR 2019, 58, Rz 68 f.; zur Problematik im UWG: BFH, Urteil in BFHE 257, 154, Rz 29, m.w.N.[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2018 – I ZR 265/16, GRUR 2018, 914, Rz 26, m.w.N.[]
  18. vgl. BT-Drs. 16/5048, 49; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97a Rz 42; Specht in Dreier/Schulze, a.a.O., § 97a Rz 13[]
  19. vgl. Hummel, UR 2017, 901, 907[]
  20. BGH, Urteile vom 12.05.2016 – I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275, Rz 20, 24, m.w.N.; vom 26.07.2018 – I ZR 64/17, GRUR 2018, 1044, Rz 10; vgl. ausdrücklich § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG in der seit 2013 geltenden Fassung[]
  21. a.A. Hummel, UR 2017, 901, 907 bzgl. Widerspruchsverfahren; Streit/Rust, DStR 2018, 1321, 1322[]
  22. BFH, Urteil vom 11.05.1995 – V R 86/93, BFHE 177, 563, BStBl II 1995, 613, unter II. 1., Rz 13; Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 1 UStG Rz 154; Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 10 Rz 105; BeckOK UStG/Peltner, 20. Ed. 15.01.2019, UStG § 1 Rz 95.9; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 853[]
  23. a.A. Hummel, UR 2017, 901, 903; Radeisen, Die Steuerberatung 2018, 494, 501[]
  24. Wimmers in Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 97a Rz 8; Specht in Dreier/Schulze, a.a.O., § 97a Rz 3; Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., UrhG § 97a Rz 2[]
  25. BGH, Urteil in GRUR 2018, 914, Rz 19 ff.[]
  26. BFH, Urteil vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BFHE 250, 268, BStBl II 2015, 862, Rz 22[]
  27. vgl. EuGH, Urteil Landboden-Agrardienste vom 18.12 1997 – C-384/95, EU:C:1997:627, UR 1998, 102, Rz 20; BFH, Urteil vom 28.05.2013 – XI R 32/11, BFHE 243, 419, BStBl II 2014, 411, Rz 43, m.w.N.[]
  28. vgl. dazu BGH, Beschluss vom 08.02.2017 1 StR 483/16, GRUR 2017, 1046, Rz 12; BGH, Urteil vom 31.05.2012 – I ZR 106/10, GRUR 2013, 176, Rz 20 f.[]
  29. FG Berlin-Brandenburg, a.a.O.[]
  30. LG Düsseldorf, Beschluss vom 23.10.2017 – 2a O 135/17 Rz 5; Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 1 Rz 163.2; Omsels, juris PraxisReport Wettbewerbsrecht 6/2017 Anm. 1; Pörksen, juris PraxisReport IT-Recht 13/2017 Anm. 5; a.A. Streit/Rust, DStR 2018, 1321, 1322; Pull/Streit, Mehrwertsteuerrecht 2018, 108, 114[]
  31. EU:C:2016:470, UR 2016, 632[]
  32. EU:C:2017:22, UR 2017, 230[][]
  33. vgl. BFH, Urteile in BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732, unter II. 2.b, Rz 19; in BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 20 f.; in BFHE 257, 154, Rz 24[]
  34. a.A. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 3 Abs. 9 Rz 90[]
  35. vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 124/16, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst 2018, 68, Rz 21 f.[]
  36. BGBl I 2005, 386[]
  37. vgl. u.a. EuGH, Urteile Tolsma vom 03.03.1994 – C-16/93, EU:C:1994:80, HFR 1994, 357, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12.05.2016 – C-520/14, EU:C:2016:334, HFR 2016, 664, Rz 24; Lajver vom 02.06.2016 – C-263/15, EU:C:2016:392, HFR 2016, 665, Rz 26; BFH, Urteile vom 30.08.2017 – XI R 37/14, BFHE 259, 175, Rz 19; vom 02.08.2018 – V R 21/16, BFHE 262, 548, Rz 22, m.w.N.[]
  38. EuGH, Urteil Bastova vom 10.11.2016 – C-432/15, EU:C:2016:855, UR 2016, 913[]
  39. vgl. BFH, Urteile in BFHE 259, 175, Rz 25; in BFH/NV 2019, 174, Rz 23; BFH, Beschluss vom 25.07.2018 – XI B 103/17, DStR 2019, 507, Rz 10[]
  40. vgl. z.B. EuGH, Urteile Ludwig vom 21.06.2007 – C-453/05, EU:C:2007:369, UR 2007, 617, Rz 15 ff.; baumgarten sports & more vom 29.11.2018 – C-548/17, EU:C:2018:970, UR 2019, 70, Rz 30 f.[]
  41. vgl. dazu EuGH, Urteile Tolsma, EU:C:1994:80, HFR 1994, 357, Rz 19; Cibo Participations vom 27.09.2001 – C-16/00, EU:C:2001:495, BFH/NV 2002, Beilage 1, 6, Rz 43[]
  42. vgl. zu den Voraussetzungen: EuGH, Urteile CILFIT vom 06.10.1982 – C-283/81, EU:C:1982:335, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1983, 1257, Rz 21; Intermodal Transports vom 15.09.2005 – C-495/03, EU:C:2005:552, HFR 2005, 1236; Ferreira da Silva e Brito u.a. vom 09.09.2015 – C-160/14, EU:C:2015:565, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2016, 111, Rz 38 ff.[]
  43. vgl. dazu allgemein z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 30.08.2010 – 1 BvR 1631/08, NJW 2011, 288, unter B.II. 1.; vom 06.09.2016 – 1 BvR 1305/13, NvWz 2017, 53, Rz 7; vom 06.10.2017 – 2 BvR 987/16, NJW 2018, 606, Rz 4 ff.; BFH, Urteil vom 13.06.2018 – XI R 20/14, BFHE 262, 174, BStBl II 2018, 800, Rz 79, m.w.N.[]
  44. vgl. EuGH, Urteile Tolsma, EU:C:1994:80, HFR 1994, 357, Rz 13 f.; Cibo Participations, EU:C:2001:495, BFH/NV 2002, Beilage 1, 6, Rz 43; Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, Rz 28 f.[]
  45. vgl. EuGH, Urteile Saudaçor vom 29.10.2015 – C-174/14, EU:C:2015:733, UR 2015, 901, Rz 33; Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, Rz 30[]
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Der nicht mehr berücksichtigte Zwangsverwalter

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