Ein Sondernutzungsrecht kann auch einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zugeordnet werden.
Ob ein Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zugeordnet werden kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
Nach einer Auffassung ist dies mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 WEG unvereinbar. Nach dieser Vorschrift werde ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht zum Inhalt des Sondereigentums. Sondereigentum könne jedoch nur einem Wohnungseigentümer zustehen. Ein Bruchteilseigentümer sei nicht alleiniger Berechtigter eines Sondereigentums und deswegen kein Wohnungseigentümer im Sinne von § 10 Abs. 3 WEG1. Zudem führe die Verbindung eines Sondernutzungsrechts mit einem Miteigentumsanteil zu einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Miteigentumsanteile. Dies sei jedoch rechtlich ausgeschlossen, weil § 10 Abs. 3 WEG nur die Eintragung von Vereinbarungen als Inhalt des Sondereigentums insgesamt und nicht lediglich eines Teils des Sondereigentums erlaube2.
Nach der Gegenauffassung kann ein Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zugeordnet werden. Auch ein Bruchteilseigentümer sei Wohnungseigentümer, so dass sich aus dem Wortlaut des § 10 WEG keine Beschränkung ergebe3.
Der Bundesgerichtshof war mit dieser Frage bislang nicht befasst. Er entscheidet sie nun im Sinn der letztgenannten Auffassung.
Ein Sondernutzungsrecht ist das durch Vereinbarung begründete Recht eines Wohnungs- oder Teileigentümers, abweichend von der Regel des § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG Teile des Gemeinschaftseigentums allein zu benutzen4. Es kann aufgrund der Privatautonomie im Rahmen der Gesetze frei gestaltet werden5. Der Zuordnung eines Sondernutzungsrechts zu einem Miteigentumsanteil an dem Sondereigentum stehen keine gesetzlichen Regelungen entgegen; insbesondere ist sie mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 WEG vereinbar. Miteigentum ist nämlich dem Alleineigentum gleichartig6. Auch derjenige, der lediglich Miteigentümer einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit ist, gehört somit zu dem Kreis der Wohnungs- bzw. Teileigentümer. Dies zeigt sich auch daran, dass ihm das Recht zur Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung zusteht7. Die Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG, dass Miteigentümer von Wohnungseigentum das Stimmrecht nur einheitlich ausüben können, verdeutlicht in besonderem Maß, dass das Wohnungseigentumsgesetz auch solche Miteigentümer als Wohnungseigentümer ansieht. Zudem kann der Formulierung, dass Vereinbarungen „als Inhalt des Sondereigentums“ in das Grundbuch eingetragen werden können (§ 10 Abs. 3 WEG), weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck oder Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine Beschränkung der Zuordnung von Sondernutzungsrechten zu Miteigentumsanteilen entnommen werden8.
Der Zuordnung von Sondernutzungsrechten zu Miteigentumsanteilen an Wohnungs- bzw. Teileigentum stehen die aus den Rechten folgenden Befugnisse nicht entgegen. Für die Zuordnung besteht auch ein praktisches Bedürfnis, wie der vorliegende Fall zeigt. Die Beteiligte zu 2 hat ein berechtigtes Interesse daran, das Sondernutzungsrecht ohne Mitwirkung des weiteren Miteigentümers der Duplexgarage zu erwerben. Wäre die Zuordnung des Sondernutzungsrechts nur zu der Teileigentumseinheit insgesamt möglich, müsste der weitere Miteigentümer bei dem Erwerb durch die Beteiligte zu 2 mitwirken und anschließend mit ihr eine Benutzungsregelung hinsichtlich des Sondernutzungsrechts treffen.
Der Hinweis des Beschwerdegerichts auf Besonderheiten bei der Grundbucheintragung, dass nämlich die Eintragung eines Sondernutzungsrechts, welches einem Bruchteilseigentümer von Wohnungs- bzw. Teileigentum zustehen soll, mangels Anlegung eines Grundbuchblatts für jeden Bruchteilseigentümer auf dem Grundbuchblatt des (gesamten) Sondereigentums erfolge, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Grundbuchverfahrensrecht hat gegenüber dem materiellen Recht dienende Funktion und muss sich diesem unterordnen; die Reichweite materieller Rechtspositionen kann nicht ausgehend von möglichen grundbuchtechnischen Schwierigkeiten bei deren Eintragung bestimmt werden9.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Mai 2012 – V ZB 279/11
- KG, DNotZ 2004, 634 und dem folgend MünchKomm-BGB/Commichau, 5. Aufl., § 10 WEG Rn.20; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 2910, 2963; Rapp in Beck’sches Notarhandbuch, 5. Aufl., Teil A.III. Rn. 62; Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., S. 179 Rn. E 83[↩]
- KG, DNotZ 2004, 634 f.[↩]
- OLG Nürnberg, DNotZ 2012, 144; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 13 Rn. 79; Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 13 WEG Rn. 9; Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 15 WEG Rn. 7; Meikel/Morvilius, GBO, 10. Aufl., Einl. C Rn. 148; Bauer/Oefele, GBO, 2. Aufl., AT V Rn. 135; Hügel/Kral, GBO, 2. Aufl., Seite 1146 Rn. 45; BeckOK GBO/Kral, Edition 14, Rn. 45; BeckOK WEG/Dötsch, Edition 11, § 15 Rn. 297; Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Teil C Rn. 359; Häublein, DNotZ 2004, 635; Böttcher, Rpfleger 2005, 648, 652 f.; Kühnlein, MittBayNot 2012, 43[↩]
- BGH, Urteil vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167 f.[↩]
- Häublein, DNotZ 2004, 635 f.; Kühnlein, MittBayNot 2012, 43 f.; vgl. auch Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 13 Rn. 79[↩]
- BGH, Urteil vom 14.02.1962 – IV ZR 156/61, BGHZ 36, 365, 368; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 3. Aufl. § 1008, Rn. 1[↩]
- OLG Nürnberg, DNotZ 2012, 144 f.; Häublein, DNotZ 2004, 635; Böttcher, Rpfleger 2005, 648, 652 f.; Kühnlein, MittBayNot 2012, 43 f.[↩]
- näher Häublein, DNotZ 2004, 635 f.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 109 Rn. 13[↩]









