Die deliktische Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall war wieder einmal Thema vor dem Bundesgerichtshof. Diesmal ging es um Fragen der Deliktszinsen und des Annahmeverzugs:

Nach inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung können Deliktszinsen nach § 849 BGB nicht verlangt werden, wenn der Geschädigte – wie hier – für die Hingabe seines Geldes im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhält; in diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes1.
Für den hier vom Oberlandesgericht Oldenburg2 angenommenen Annahmeverzug fehlt es an dem nach § 295 BGB erforderlichen wörtlichen Angebot. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung schließt die Forderung jedenfalls eines nicht nur unerheblich höheren als des geschuldeten Betrags ein ordnungsgemäßes Angebot der Zugum-Zug zu erbringenden Leistung aus, wobei der für diese Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt der Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ist3. Zu diesem Zeitpunkt forderte die Klägerin in der unzutreffenden4 Annahme, sich Nutzungsvorteile nicht auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen zu müssen, noch die Erstattung des gesamten Kaufpreises in Höhe von 39.500 €, wohingegen die tatsächlich berechtigte Forderung, wie zwischen den Parteien inzwischen rechtskräftig feststeht, bei nur 14.043, 77 € lag. Dass sich die Klägerin im Rahmen ihres „Hilfsantrags“, mit dem sie immer noch insgesamt 25.869, 66 € verlangt hat, „hilfsweise“ Vorteile hat anrechnen lassen, ist dabei ohne Belang; zum einen übersteigt die Forderung der Klägerin auch hier den von der Beklagten tatsächlich geschuldeten Betrag immer noch deutlich, zum anderen ist sie in erster Linie bei ihrer ursprünglichen Forderung geblieben, hat der Beklagten also gerade nicht angeboten, ihr das Fahrzeug gegen Zahlung des reduzierten Schadensersatzbetrags zu übergeben und zu übereignen.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgericht Oldenburgs ändert daran auch der Umstand nichts, dass sich die Beklagte mit ihrer eigenen Berufung gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 10.966, 73 € Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs gewandt hat. Selbst wenn darin, was offenbleiben kann, die Erklärung der Beklagten liegen sollte, die Leistung der Klägerin nicht anzunehmen, führte dies – wie sich § 295 Satz 1 Alt. 1 BGB entnehmen lässt – nicht zur Entbehrlichkeit eines tauglichen wörtlichen Angebots, sondern allein dazu, dass die Klägerin als „Schuldnerin“ von Besitz und Eigentum am Pkw eines tatsächlichen Angebots enthoben wäre5.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. November 2022 – VI ZR 376/20
- BGH, Urteile vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 Rn. 17 ff.; – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn.20 ff.; vom 09.03.2021 – VI ZR 13/20, VersR 2021, 849 Rn. 12; vom 06.07.2021 – VI ZR 1146/20, VersR 2021, 1510 Rn. 11; vom 02.11.2021 – VI ZR 731/20, NJW 2022, 472 Rn. 7; vom 21.12.2021 – VI ZR 455/20, NJW 2022, 1093 Rn. 9; – VI ZR 212/20, VersR 2022, 393 Rn. 11; vom 25.10.2022 – VI ZR 1034/20[↩]
- OLG Oldenburg, Urteil vom 12.03.2020 – 14 U 271/19, BeckRS 2020, 6030[↩]
- vgl. nur BGH, Urteile vom 25.10.2022 – VI ZR 467/20; vom 29.06.2021 – VI ZR 130/20, VersR 2021, 1178 Rn. 16 mwN[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 64 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1996 – V ZR 292/95, NJW 1997, 581[↩]