Eine Teileigentumseinheit, die nach der Teilungserklärung als Ladenraum dient, darf jedenfalls dann nicht als Gaststätte mit nächtlichen Öffnungszeiten genutzt werden, wenn das maßgebliche Landesrecht die nächtliche Öffnung von Verkaufsstellen untersagt.

Die Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Teileigentumseinheit als „Ladenraum“ dient, stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar. Eine Nutzung als Gaststätte ist hiervon nicht gedeckt mit der Folge, dass schon aus diesem Grund Unterlassungsansprüche der übrigen Wohnungseigentümer sowohl aus § 1004 Abs. 1 BGB als auch aus § 15 Abs. 3 WEG bestehen1.
Aufgrund der Eintragung in das Grundbuch ist – wie bei der Auslegung von Grundbucheintragungen allgemein – auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung können nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind2.
Daran gemessen werden unter einem Ladenraum Geschäftsräume verstanden, in denen ständig Waren zum Verkauf dargeboten werden, bei denen aber der Charakter einer (bloßen) Verkaufsstätte im Vordergrund steht. Den Betrieb einer Gaststätte umfasst dies regelmäßig nicht3.
Allerdings kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist4. Hiervon kann für den Nutzungszeitraum ab ein Uhr nachts schon deshalb keine Rede sein, weil die Wohnanlage der Parteien im Saarland belegen ist und Läden dort – anders als Gaststätten – zur Nachtzeit geschlossen sein müssen. Das saarländische Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (saarl. LÖG) vom 15.11.20065 beschränkt die Öffnung von Verkaufsstellen an Werktagen nämlich auf die Zeit von 6 bis 20 Uhr (§ 3 Nr. 1 saarl. LÖG) und erlaubt sie an Sonn- und Feiertagen nur unter erheblichen Einschränkungen (§§ 7, 8 saarl. LÖG).
Ob eine landesrechtliche Freigabe der Ladenöffnungszeiten dazu führt, dass die Bezeichnung als „Ladenraum“ im Sinne einer dynamischen Verweisung die Öffnung zur Nachtzeit erlaubt6 und darüber hinaus bewirkt, dass bestimmte Arten von Gaststätten mit der Zweckbestimmung als Laden vereinbar sind7, bedarf hier keiner Entscheidung.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Juli 2015 – V ZR 169/14
- vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2014 – V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 7 mwN[↩]
- st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 30.03.2006 – V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 17 f. mwN[↩]
- vgl. nur BayObLGZ 1980, 154, 159 ff.; OLG München, NJW-RR 2008, 1394; OLGR 1994, 38 f.; OLG Köln, WuM 2005, 71, 73; OLG Düsseldorf, ZMR 1996, 281 f.; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 219 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09, NJW 2010, 3093 Rn. 16 mwN[↩]
- ABl.2006, S.1974[↩]
- so etwa LG Saarbrücken, Urteil vom 18.06.2014 – 5 S 297/12; verneinend dagegen AG Nürnberg, ZWE 2015, 35 ff.[↩]
- so für ein Weinlokal AG Bremen, ZMR 2013, 749, 750 f.; weitere Nachweise zum Ganzen bei Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 219[↩]