Der Antragsteller hat in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine solche Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren.

Im selbständigen Beweisverfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung [1]. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die in der Regel in diesem Verfahren entschieden wird [2].
In Ausnahmefällen kann hingegen eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren ergehen:
Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, weil der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptsacheverfahrens absieht, soll der Antragsgegner durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt [3]; insoweit kann unter den Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO auf Antrag eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers ergehen.
Darüber hinaus kann eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren auch dann ergehen, wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurücknimmt. In diesem Fall hat der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten zu tragen. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren [4].
Eine einseitige Erledigungserklärung, die im selbständigen Beweisverfahren unzulässig ist, ist regelmäßig als Antragsrücknahme mit der Kostenfolge entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzufassen, wenn nach dem Willen des Antragstellers das selbständige Beweisverfahren endgültig beendet sein soll [5].
Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers kann im selbständigen Beweisverfahren auch dann ergehen, wenn der Antrag als unzulässig zurückgewiesen wird [6].
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergehen kann, wenn der Antragsteller den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt.
Teilweise wird vertreten, dass § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in derartigen Fällen grundsätzlich nicht entsprechend anwendbar ist [7].
Eine verbreitete Ansicht bejaht hingegen grundsätzlich eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Fällen, in denen der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt [8].
Der Bundesgerichtshof entscheidet nunmehr, dass der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hat, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine solche Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren.
Allerdings kann das Nichtweiterbetreiben des selbständigen Beweisverfahrens durch Nichteinzahlung des vom Gericht angeforderten Auslagenvorschusses nicht ohne Weiteres als konkludente Antragsrücknahme eingestuft werden [9]. Die entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist in derartigen Fällen indes grundsätzlich auch dann gerechtfertigt, wenn keine konkludente Antragsrücknahme vorliegt.
Für eine solche Kostentragungsregelung besteht ein Bedürfnis. Dem Antragsgegner, der sich an einem selbständigen Beweisverfahren beteiligt, entstehen hierdurch regelmäßig Kosten. Das Gesetz sieht für den Fall, dass der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss, von dem das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und deshalb die Beweiserhebung unterbleibt, keine Kostentragungsregelung vor; insoweit besteht eine Regelungslücke.
Der Antragsgegner kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weder auf eine in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu treffende Kostenentscheidung noch auf eine im selbständigen Beweisverfahren unter den Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich mögliche Kostenentscheidung verwiesen werden. Kommt es im selbständigen Beweisverfahren nicht zur Erhebung verwertbarer Beweise (§ 493 ZPO), kann in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren keine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens getroffen werden [10]. Für die Setzung einer Frist zur Erhebung der (Hauptsache-)Klage (§ 494a Abs. 1 ZPO) ist die Beendigung der Beweiserhebung Voraussetzung; für den Erlass einer Kostenentscheidung zugunsten des Antragsgegners nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt Entsprechendes. An der genannten Voraussetzung fehlt es, wenn der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und deshalb die beantragte Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren unterbleibt. Soweit geltend gemacht wird, der Antragsgegner könne seinerseits den Auslagenvorschuss einzahlen, um dem selbständigen Beweisverfahren Fortgang zu geben [11], kann ein solches Vorgehen dem Antragsgegner regelmäßig nicht zugemutet werden. Vom Antragsgegner kann nicht verlangt werden, dass er die vom Antragsteller beantragte Beweiserhebung auch nur im Wege des Auslagenvorschusses finanziert, um dadurch ein Vorgehen nach § 494a ZPO zu ermöglichen und eventuell die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu schaffen [12].
Es ist sachlich auch nicht zu rechtfertigen, den Antragsgegner auf einen etwaigen materiellrechtlichen, nur in bestimmten Fällen bestehenden Kostenerstattungsanspruch zu verweisen, der gegebenenfalls in einem gesonderten Erkenntnisverfahren durchgesetzt werden müsste [13].
Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, dass der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hat, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und deshalb die beantragte Beweiserhebung in diesem Verfahren unterbleibt. Die Interessenlage ist derjenigen bei einer Antragsrücknahme hinreichend vergleichbar. Zahlt der Antragsteller einen derartigen Auslagenvorschuss trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht ein und unterbleibt deshalb die beantragte Beweiserhebung, so ist das Verhalten des Antragstellers regelmäßig dahin aufzufassen, dass er endgültig davon absieht, die beantragte Beweisaufnahme durchführen zu lassen [14]. Der Antragsgegner hat wie bei der Antragsrücknahme ein erhebliches Interesse daran, die ihm entstandenen Kosten ersetzt verlangen zu können.
Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Streitfall vor:
Die Antragstellerin hat den Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Amtsgericht die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens abhängig gemacht hat, auch nach der Erinnerung gemäß zweier Verfügungen des Amtsgerichts nicht eingezahlt, weshalb die Einholung des Sachverständigengutachtens unterblieben ist. Dieses Verhalten der Antragstellerin ist dahin aufzufassen, dass sie endgültig davon absieht, die beantragte Beweisaufnahme durchführen zu lassen. Unerheblich ist im vorliegenden Zusammenhang, dass das Amtsgericht der Antragstellerin keine Ausschlussfrist mit dem Hinweis, nach Ablauf der Frist werde es das Verfahren als beendet ansehen, gesetzt hatte. Dies ändert an dem vorstehend genannten Erklärungswert des Verhaltens der Antragstellerin nichts.
Der von der Antragstellerin erstmals im Beschwerdeverfahren angeführte Umstand, ihr hätten zum damaligen Zeitpunkt für die Vorschusszahlung keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestanden, stellt keinen hinreichenden Grund dar, von der Kostenfolge entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abzusehen. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob die Antragstellerin gemäß § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO Prozesskostenhilfe mit der Folge der Befreiung vom Auslagenvorschuss hätte erhalten können. Denn das Risiko mangelnder Zahlungsfähigkeit fällt in die Sphäre der Antragstellerin.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Dezember 2016 – VII ZB 29/16
- BGH, Beschluss vom 12.02.2004 – V ZB 57/03, BauR 2004, 1181, 1182 8[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2007 – VII ZB 118/06, BauR 2007, 1606, 1607 11 = NZBau 2007, 642; Beschluss vom 05.12 2013 – VII ZB 15/12, BGHZ 199, 207 Rn. 14; jeweils m.w.N.[↩]
- BGH, Beschluss vom 23.07.2009 – VII ZB 3/07, BGHZ 182, 150 Rn. 14 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2004 – VII ZB 23/03, BauR 2005, 133, 134 12 = NZBau 2005, 42; Beschluss vom 10.03.2005 – VII ZB 1/04, BauR 2005, 1056, 1057 3 f. = NZBau 2005, 396; Beschluss vom 07.12 2010 – VIII ZB 14/10, BauR 2011, 714 Rn. 7 f.; Beschluss vom 28.04.2015 – VI ZB 36/14, BauR 2015, 1524 Rn. 8 = NZBau 2015, 555[↩]
- BGH, Beschluss vom 24.02.2011 – VII ZB 20/09, BauR 2011, 1045 Rn. 7 ff. = NZBau 2011, 355; Beschluss vom 07.12 2010 – VIII ZB 14/10, BauR 2011, 714 Rn. 9 ff.; jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2011 – VII ZB 20/09, aaO Rn. 9; Beschluss vom 07.12 2010 – VIII ZB 14/10, aaO Rn. 10[↩]
- vgl. OLG Köln, NZBau 2015, 168 Rn. 14 ff.; OLG Frankfurt, BauR 1996, 587, 588 4; Ulrich, Selbständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen, ibronline, Stand: 3.03.2008, Kap. 9 Rn. 41; Siegburg in Festschrift für Mantscheff, 2000, S. 405, 407 f.[↩]
- vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 500 f. 6; OLG München, Beschluss vom 30.08.2005 – 1 W 1533/05, 1 W 1534/05, 1 W 1535/05 15; OLG Jena, BauR 2002, 667 ff.20 ff.; OLG Stuttgart, OLGR 1999, 419 f. 3; OLG Celle, NJW-RR 1998, 1079 5; OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 1150 4; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl., vor § 485 Rn. 18; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 4. Aufl., § 494a Rn. 53; Gercke, Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, 2011, S. 95 ff.; nach den Umständen des Einzelfalls differenzierend: OLG München, BauR 1999, 784 f. 5 ff.; OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 345, 347 23; Sturmberg, Die Beweissicherung, 2004 Rn. 365; Luz in Jahrbuch Baurecht 2003, 253, 267; vgl. zum Meinungsstreit auch Seibel, Selbständiges Beweisverfahren, 2013, § 494a ZPO Rn. 29 ff.[↩]
- vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2002, 350, 351; Koeble in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Teil, Rn. 127[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2011 – VII ZB 20/09, BauR 2011, 1045 Rn. 10 = NZBau 2011, 355; Beschluss vom 07.12 2010 – VIII ZB 14/10, BauR 2011, 714 Rn. 13[↩]
- vgl. OLG Köln, BauR 2000, 1777, 1778 7; Siegburg in Festschrift für Mantscheff, 2000, S. 405, 407[↩]
- vgl. auch Gercke, Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, 2011, S. 96[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 07.12 2010 – VIII ZB 14/10, BauR 2011, 714 Rn. 13; Beschluss vom 14.10.2004 – VII ZB 23/03, BauR 2005, 133, 134 13 = NZBau 2005, 42[↩]
- vgl. Gercke, Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, 2011, S. 96 f.[↩]
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